Leitsatz

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist ein Unternehmer, der die förmliche Zustellung von Schriftstücken nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften durchführt, ein "Anbieter von Universaldienstleistungen" im Sinne des Artikel 2 Nummer 13 der Richtlinie 97/67/EG vom 15. Dezember 1997, der die Leistungen des postalischen Universaldienstes ganz oder teilweise erbringt, und sind diese Leistungen nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem steuerfrei?

 

Normenkette

§ 4 Nr. 11b UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. a EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), Art. 2, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 4, Art. 8 EGRL 97/67, § 11, § 33, § 34 PostG, § 1 Abs. 1, Abs. 2 PUDLV

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B‐AG (B), die Organträger mehrerer Organgesellschaften war. In den Streitjahren 2008 und 2009 führte sie durch ein bundesweit strukturiertes Zustellnetz im Wesentlichen Postzustellungsaufträge aus, die sie als steuerfrei ansah. Auf Antrag verschiedener Organgesellschaften der B wurden die beantragten Entgelte für förmliche Zustellungen i.H.v. 2,50 EUR bis 3,44 EUR (jeweils ohne die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer) durch entsprechende Beschlüsse der Bundesnetzagentur vom Mai 2006 bis Mai 2010 genehmigt. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das FA davon aus, dass die mit den förmlichen Zustellungen erbrachten Leistungen steuerpflichtig seien. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG die Klage ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.8.2015, 9 K 403/12, Haufe-Index 8889555, EFG 2016, 330).

 

Entscheidung

Der BFH legte dem EuGH die im Leitsatz bezeichneten Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor und setzte das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus. Das Vorabentscheidungsersuchen ist beim EuGH unter dem Az. C-4/08 (Rs. Winterhoff) anhängig.

 

Hinweis

1. Nach § 4 Nr. 11b UStG a.F. waren die unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutsche Post AG steuerfrei.

2. Andere Unternehmer konnten sich für eine Steuerfreiheit ihrer Leistungen nur auf das Unionsrecht berufen. Steuerfrei sind nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL von öffentlichen Posteinrichtungen erbrachte Dienstleistungen und dazugehörende Lieferungen von Gegenständen mit Ausnahme von Personenbeförderungs- und Telekommunikationsdienstleistungen.

Zu den öffentlichen Posteinrichtungen gehören dabei öffentliche oder private Betreiber, die sich verpflichten, in einem Mitgliedstaat den gesamten Universalpostdienst i.S.v. Art. 3 der Post-Richtlinie oder einen Teil desselben zu gewährleisten.

3. Damit stellt sich wie im Parallelverfahren V R 8/16 (s. hierzu BFH/PR 2018, 93) die Frage, ob es sich bei der förmlichen Zustellung von Postsendungen nach Art. 3 Abs. 4 der Post-Richtlinie um eine Universaldienstleistung handelt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 31.5.2017 – V R 30/15

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