Rz. 10

Ein Einzelhändler kann frei entscheiden, wie er seine Warenverkäufe erfasst. Entscheidet er sich aber für ein Kassensystem, dass sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet sowie diese speichert, könne er sich nicht auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen und müsse seine Aufzeichnungen auch aufbewahren .[1] Nach § 147 Abs. 6 Satz 2 Alt. 2 AO habe die Finanzbehörde dann im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, die mithilfe des Datenverarbeitungssystems (PC-Kasse) erstellten Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zu Prüfung anzufordern. So auch der BFH.[2] Hier hat der BFH die umstrittene und im Schrifttum viel diskutierte Frage nach dem Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung zulasten der Kläger, in allen drei Fällen Apotheker, entschieden. Folgende Auffassung des BFH: (1) die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung verpflichten Einzelhändler, wie zum Beispiel Apotheker, im Rahmen der Zumutbarkeit sämtliche Geschäftsvorfälle einschließlich der über die Kasse bar vereinnahmten Umsätze einzeln aufzuzeichnen. (2) Verwendet ein Einzelhändler, der in seinem Betrieb im Allgemeinen Waren von geringem Wert an ihm der Person nach nicht bekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkauft, eine PC-Kasse die detaillierte Informationen zu den einzelnen Verkäufen aufzeichnet und eine dauerhafte Speicherung ermöglicht, sind die damit bewirkten Einzelaufzeichnungen auch zumutbar. (3) Die Finanzverwaltung ist in diesem Fall nach § 147 Abs. 6 AO im Rahmen einer Außenprüfung berechtigt, Zugriff auf die Kasseneinzeldaten zu nehmen.

 

Rz. 11

Die Finanzverwaltung setzt auf der Grundlage dieser Urteile folgende Grundsätze der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht für digitale Grundaufzeichnungen fest:[3]

Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG

Die Pflicht zur Erfassung eines jeden Geschäftsvorfalls sowie Art und Umfang der einzelnen Aufzeichnungspflicht ergibt sich aus den §§ 140 AO, §§ 238,239 HGB und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (die GoB). Aus der Pflicht zur Ersichtlichtlichmachung der Handelsgeschäfte und der Lage des Vermögens unter Beachtung der GoB hat der BFH gefolgert, dass grundsätzlich jedes einzelne Handelsgeschäft – einschließlich der sich auf die jeweiligen Handelsgeschäfte beziehenden Kassenvorgänge – einzeln aufzuzeichnen ist.[4] Sollte dies technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch nicht möglich sein – Frage der Zumutbarkeit – und zum Beispiel Waren von geringfügigem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden, brauchen die Betriebseinnahmen in der Regel nicht einzeln aufgezeichnet zu werden.[5] Die Frage der Zumutbarkeit stellt sich jedoch bei der Verwendung eines modernen PC-Kassensystems, das sowohl sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet als auch eine langfristige Aufbewahrung ermöglicht, nicht.

 

Rz. 12

Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG

Die Abgabenordnung und das Einkommensteuergesetz enthalten jedoch keine Verpflichtung zur Führung eines Kassenberichts/Kassenbuchs für die Überschussermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG sind zwar u. a. auch die vereinnahmten Entgelte aufzuzeichnen und nach § 63 Abs. 1 UStDV müssen diese Aufzeichnungen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmens und die abziehbaren Vorsteuer zu erhalten. Eine Regelung, dass vereinnahmte Barentgelte allerdings gesondert in einem Kassenbuch aufzuzeichnen sind, enthält weder §22 UStG noch die UStDV.[6]

Dementsprechend setzt die Überschussrechnung voraus, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Aufzeichnungen oder Belege nachgewiesen werden.[7] Auch Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, sind verpflichtet, die ihre Gewinnermittlung zu Grunde liegenden Belege aufzubewahren und deren vollständige Erfassung zu gewährleisten. Eine solche Aufbewahrungspflicht ergibt sich in der Regel aus § 147 AO, aber auch aus der den Steuerpflichtigen obliegenden Feststellungslast.

Soweit der Steuerpflichtige die nach § 22 UStG und § 63 UStDV erforderlichen Aufzeichnungen digital unter Verwendung eines modernen PC-Kassensystems vornimmt, dass sowohl sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet als auch eine langfristige Aufbewahrung ermöglicht, sind diese digitalen Aufzeichnungen nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO aufbewahrungspflichtig.

In Fällen, in denen Steuerpflichtigen eine Einzelaufzeichnungspflicht nicht zugemutet werden kann, muss die Einnahmeermittlung – etwa bei Einsatz von Registrierkassen durch Erstellung und Aufbewahrung der Kassenendsummenbons – nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein. Die ggf. freiwillige und im eigenen Interesse liegende Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass nicht nur die geltend gemachten Betriebsausgaben als durch den Betrieb veran...

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