Die Grundzüge der Bewertung und Erfolgserfassung von Finanzinstrumenten gemäß IFRS 9 ergeben sich wie folgt:

  1. Erste Aufgabe ist die Klassifizierung des Finanzvermögens nach der objektiven Art des Vermögenswerts und des Verwendungszwecks im Unternehmen.
  2. Abhängig von dieser Klassifizierung erfolgt die Bewertung entweder zu amortisierten Anschaffungskosten oder zum fair value.
  3. In Fällen des fair-value-Ansatzes ist noch zu entscheiden, ob Wertänderungen erfolgswirksam über die GuV oder erfolgsneutral über das Eigenkapital erfasst werden sollen.

Abb. 2: Klassifizierung und Bewertung der Finanzinstrumente

Aus objektiver Sicht (Art des Finanzinstruments) ist nach IFRS 9.4.1.1 ff. zunächst folgende Unterscheidung geboten:

  • Finanzielle Vermögenswerte, die nicht ausschließlich feste Zins- bzw. Tilgungszahlungen erbringen, sind stets zum fair value zu bewerten (IFRS 9.4.1.4). Betroffen hiervon sind einerseits Eigenkapitalinstrumente (IAS 32.9), also Aktien, GmbH-Anteile und ähnliche finanzielle Vermögenswerte, die Ansprüche am Eigenkapital (Nettovermögen) eines anderen Unternehmens gewähren. Darüber hinaus kann es aber auch in anderen Fällen an festen Zins- und Tilgungszahlungen fehlen, so etwa bei stillen Beteiligungen oder bei erfolgsabhängig verzinslichen (sog. partiarischen) Darlehen.
  • Bei finanziellen Vermögenswerten, die ausschließlich feste Tilgungszahlungen und (falls überhaupt eine Vergütung vereinbart ist) feste Zinszahlungen vorsehen (Fremdkapitalinstrumente), ist je nach dem Verwendungszweck eine fair-value-Bewertung oder eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten geboten (IFRS 9.4.1.2 ff.). Betroffen sind insbesondere Darlehensforderungen, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aber z. B. auch börsennotierte Anleihen.

Die subjektive Seite, nämlich der Verwendungszweck im Unternehmen, entscheidet bei Fremdkapitalinstrumenten mit festen Zins- und Tilgungsvereinbarungen darüber, ob die nach Art des Finanzinstruments grundsätzlich infrage kommende Bewertung zu Anschaffungskosten im konkreten Fall tatsächlich zulässig ist. Darüber hinaus entscheidet der Verwendungszweck bei zum fair value erfassten Finanzinstrumenten (auch Eigenkapitalinstrumenten) darüber, ob die Wertänderung in der GuV zu berücksichtigen ist. Im Einzelnen gilt:

  • Eigenkapitalinstrumente (Aktien und sonstige Anteile unterhalb der Beteiligungsschwelle):

    • Dienen diese Handelszwecken bzw. kurzfristiger Spekulation, werden die Wertänderungen zwingend in der GuV erfasst.
    • Liegt kein derartiger Zweck vor, besteht ein Wahlrecht, den Erfolg auch als sog. sonstiges Gesamtergebnis (other comprehensive income – OCI) ohne Berührung der GuV ins Eigenkapital einzustellen (IFRS 9.5.7.5).
  • Bei Fremdkapitalinstrumenten mit festen Zins- und Tilgungszahlungen (z. B. normale Darlehen oder Debitoren) gilt:

    • Ist das Geschäftsmodell auf Halten des Finanzinstruments ausgerichtet (dominierende Absicht: Vereinnahmung der Zinsen und Tilgungen), erfolgt die Bewertung zu amortisierten Anschaffungskosten (IFRS 9.4.1.2).
    • Dominiert hingegen die Absicht, Gewinne aus Wertschwankungen zu erzielen, ist der fair value maßgeblich und sind seine Veränderungen in der GuV zu berücksichtigen (IFRS 9.4.1.4).
    • Dominiert keine der beiden Absichten in Bezug auf das Finanzinstrument bzw. das Portfolio, dessen Teil es ist, bleibt zwar der fair value maßgeblich, die Wertänderungen sind jedoch erfolgsneutral außerhalb der GuV zu erfassen (IFRS 9.4.1.2A).
  • Fremdkapitalinstrumente ohne feste Zins- und Tilgungszahlungen sind zwingend der erfolgswirksamen fair-value-Bewertung zu unterwerfen (IFRS 9.4.1.4).

Zu außerplanmäßigen Abschreibungen kann es nur in den Fällen der Bewertung zu amortisierten Anschaffungskosten (bei Fremdkapitalinstrumenten mit festen Zins- und Zahlungsströmen auch bei der erfolgsneutralen fair-value-Bewertung – IFRS 9.5.2.2. i. V. m. IFRS 9.4.1.2A) kommen. Bei GuV-wirksamer Behandlung sämtlicher fair-value-Änderungen (ob nach oben oder nach unten) besteht für außerplanmäßige Abschreibungsregeln kein Bedarf.

Die erfolgsneutrale oder genau genommen GuV-neutrale Berücksichtigung von fair-value-Änderungen ist eine Besonderheit der IFRS. Wertänderungen werden als sonstiges Gesamtergebnis (other comprehensive income – OCI) ohne Berührung der GuV ins Eigenkapital eingestellt. Bilanziell wird zwar zu jedem Bilanzstichtag der fair value dargestellt, Eingang in die GuV finden die Wertänderungen in der Regel erst zum Veräußerungszeitpunkt Berücksichtigung. Bei Investitionen in nicht Handelszwecken dienenden Eigenkapitalinstrumente (Aktien, GmbH-Anteile usw.), die wahlweise der erfolgsneutralen Bewertung zum fair value zugeführt werden, gilt abweichend davon, dass auch zum Veräußerungszeitpunkt kein GuV-Erfolg erfasst wird (keine Anwendung von IFRS 9.5.7.10). Die spätere Erfolgswirksamkeit in den anderen Fällen wird als "reclassification" oder "recycling" bezeichnet.

 

Beispiel

Die F GmbH hält Anfang 01 angeschaffte inländische Aktien, daneben ausländische Aktien. Die ausländischen Aktien wu...

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