Entscheidungsstichwort (Thema)

Innergemeinschaftliche Lieferung an ein Scheinunternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 S. 1, Abs. 4, § 14a Abs. 3, § 14 Abs. 4 Nrn. 4, 8; UStDV § 17a Abs. 2

 

Tatbestand

Strittig ist eine innergemeinschaftliche Lieferung.

Die Klägerin wurde am 1. September 2003 gegründet und betreibt einen Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen. Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft sind Herr A. K. und Herr B. K.

Im Rahmen von Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts S gegen die "A Handels GmbH" - A - wurde dem Beklagten die innergemeinschaftliche Lieferung eines Kraftfahrzeugs an die A bekannt.

Die A hatten Herr O. O. - O - aus So. und Herr C. T. - T -, ungarischer Staatsbürger geb. in B, mit Gesellschaftsvertrag vom 3. Juni 2004 gegründet. Geschäftsführer war T. Als Geschäftsanschrift war K-Str. Hausnummer in N in Österreich angegeben. Gegenstand der Gesellschaft war der Kraftfahrzeughandel. Die A war am 17. Juni 2004 ins Firmenbuch - Handelsregister - der Republik Österreich eingetragen (Blatt 41 der Umsatzsteuerakte). Mit Bescheid vom 25. Juni 2004 erteilte das Finanzamt B in Österreich der A die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer "ATU57993149" (Blatt 40 der Umsatzsteuerakte).

Auf Initiative der österreichischen Finanzbehörde fand eine Prüfung der Geschäfte der A durch die österreichischen, ungarischen und deutschen Finanzbehörden statt. Dabei wurde festgestellt, dass die A keinen Geschäftssitz in Österreich hatte. In Österreich gab es keinen Lagerplatz für Fahrzeuge und dort erfolgten keine Fahrzeugzulassungen. Bei der Anschrift in N handelte es sich um die Kanzleiräume des Steuerberaters und Treuhandbüros Dr. D. - D -. Die Geschäfte führte tatsächlich Herr I. C. - C - von der B-Straße Hausnummer in PLZ L (Deutschland) aus. C war am 31. Januar 2005 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer ernannt worden. Eine Geschäftsführung durch T hatte auch zuvor nicht stattgefunden. Die verwendeten österreichischen Telefon- und Telefax-Nummern hatte die A beim Treuhandbüro D angemietet und eingehende Anrufe beziehungsweise Telefaxe an den deutschen Anschluss des C in L weitergeleitet (Blatt 43-45 der Steuerfahndungs-Berichtsakte Band II). Die Abwicklung der Geschäfte der A erfolgte dergestalt, dass ungarische Autohäuser die Fahrzeuge, die sie über ein Internetportal ausfindig gemacht hatten, in Deutschland bei C bestellten. C versuchte dann bei dem deutschen Anbieter das Fahrzeug zu einem günstigen Preis ohne Umsatzsteuer zu erwerben, ausgehend von der Preisvorstellung des ungarischen Abnehmers. Die Abwicklung der Bestellungen und der Angebote erfolgte über die Telefon- und Telefaxanschlüsse des C in L, teilweise nach Weiterleitung von den österreichischen Telefon- und Telefax-Anschlüssen. C gab beim Kauf der Fahrzeuge die A als Käufer an. Bis zu seiner formellen Eintragung als Geschäftsführer benutzte er hierfür einen Unterschriftenstempel mit dem Namenszug des T bzw. eine PC-Vorlage des Unterschriftzugs des T auf den Geschäftspapieren der A. Soweit das Geschäft auf Grund der Tätigkeit des C zu Stande kam, beauftragten die ungarischen Abnehmer einen ungarischen Spediteur in eigenem Namen und auf eigene Rechnung mit der Abholung der Kraftfahrzeuge in Deutschland, da der Transport Sache der ungarischen Abnehmer war. C erhielt per Fax von seinem ungarischen tatsächlichen Kunden oder der Spedition den Namen des Fahrers und verwendete diesen, um eine "Abholvollmacht" zu erstellen. Der tatsächliche Transportvorgang, die tatsächliche Beauftragung des Abholers und das Vorliegen einer Speditionslieferung anstatt eines Abholfalles wurden den Lieferanten absichtlich verschwiegen und es wurde kein Versendungsbeleg ausgestellt. Die beauftragten Fahrer holten die Fahrzeuge direkt mit ungarischen Abschleppwagen oder Transportern bei den deutschen Lieferanten und bezahlten die Fahrzeuge. Die Fahrzeuge wurden dann direkt nach Ungarn transportiert, wo keine Erwerbsbesteuerung vorgenommen wurde (Blatt 47 der Steuerfahndungs-Berichtsakte Band II, Blatt 11, 13 - 15 der Steuerfahndungs-Berichtsakte in Band I).

Die Steuerfahndung war der Auffassung, da das Unternehmen nach österreichischem Recht ein Scheinunternehmen darstelle und die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit in Deutschland stattgefunden habe, handele es sich bei dem Erwerber der Fahrzeuge um ein deutsches Unternehmen, welches in Deutschland nicht registriert sei, keine deutsche Umsatzsteueridentifikationsnummer besitze und in Deutschland seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei (Blatt 43 der Steuerfahndungs-Berichtsakte Band II). Die Firma A habe ihren tatsächlichen Sitz in L, ohne jedoch ins deutsche Handelsregister eingetragen zu sein, da sie sämtlichen Geschäftsverkehr ab August 2004 in L abgewickelt habe. Daher handle es sich um eine Offene Handelsgesellschaft nach deutschem ...

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