Revision eingelegt (BFH VII R 21/18)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wann erfordert Duldungsbescheid eine Vollstreckungsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

Duldungsbescheide müssen mit einer Vollstreckungsklausel versehen werden, wenn zu Grunde liegende Steuerbescheide noch unter Vorbehalt der Nachprüfung stehen.

 

Normenkette

AO § 164 Abs. 2, § 191; AnfG § 14

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.10.2018; Aktenzeichen VII R 21/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin für die Steuerschulden ihres Ehemannes durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden kann.

Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben mit Vertrag vom 31. Januar 2012 von der … AG (Wohnung-, Gewerbe- und Städtebau AG) zu gleichen Teilen eine Eigentumswohnung in L, K-Straße Hausnummer zum Preis von 80.000 €. Mit notariellem Vertrag vom 6. März 2015 erhielt die Klägerin "unentgeltlich und schenkungsweise" den Miteigentumsanteil ihres Ehemannes, wobei die in Abteilung III des Grundbuchs eingetragene Buchgrundschuld für die Sparkasse (74.000 €) bestehen blieb und von der Klägerin "zur weiteren Duldung bzw. in dinglicher Haftung übernommen" wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 6. März 2015 verwiesen.

Der Ehemann der Klägerin befindet sich seit 20. März 2015 mit der Zahlung von Steuern (Einkommensteuer 2012 und 2013, Umsatzsteuer 2007, 2009, 2012), steuerlichen Nebenleistungen und Vollstreckungskosten in Verzug. Seinerzeit (März 2015) waren die Steuerbescheide für 2012 noch nicht bestandskräftig, weil über die Einsprüche vom 20. Februar 2015 noch nicht entschieden war.

Im Mai 2015 begann der Beklagte mit verschiedenen Vollstreckungsmaßnahmen (Pfändungs- und Einziehungsverfügung bei der Sparkasse vom 5. Mai 2015, Pfändungs- und Einziehungsverfügung an die E-GmbH vom 18. November 2015 und vom 25. Januar 2017, Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 31. Juli 2015 an die S AG), die allerdings alle erfolglos blieben. Auch die Vollstreckungsversuche des Vollziehungsbeamten verliefen fruchtlos (fruchtlose Pfändung vom 13. November 2015, am 22. August 2016 verweigerte ihm die Klägerin den Zutritt zur Wohnung). Am 30. November 2016 gab der Ehemann der Klägerin vor dem Finanzamt eine eidesstattliche Versicherung ab. Aus dem dabei abgegebenen Vermögensverzeichnis ergaben sich keine weiteren Vollstreckungsmöglichkeiten.

Auf die Ankündigung des Beklagten, die Klägerin mittels Duldungsbescheid nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) in Anspruch nehmen und die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils anfechten zu wollen, übersandte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Kaufvertrag vom 31. Januar 2012 und eine Saldenbestätigung der Sparkasse vom 21. April 2016 (Darlehensvaluta 74.000 €, Blatt 57 der Duldungsakte) und machte geltend, damit sei eine wertausschöpfende Belastung nachgewiesen. Die Klägerin habe keine Zuwendung erhalten. Eine Gläubigerbenachteiligung liege nicht vor. Außerdem schlage sie vor, das Verfahren bis zum Abschluss der Veranlagung des Ehemannes der Klägerin für 2012 zurückzustellen, weil der Sachverhalt, der zu einer Nachzahlung führe, noch der Klärung bedürfe. Bisher seien alle Unterlagen, die "den Sachverhalt H. W." beträfen, eingereicht worden, um nachzuweisen, dass der Gewinn um die Zahlungen an Herrn W zu kürzen sei. Darüber liege noch keine Entscheidung vor.

Mit Bescheid vom 31. August 2016 nahm der Beklagte die Klägerin in Anspruch. Er focht gemäß § 191 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 3 Abs. 2 AnfG die Eigentumsübertragung an und machte den gesetzlichen Rückgewähranspruch nach § 11 AnfG in Höhe von 28.500 € geltend. In dem Bescheid wurde u.a. darauf hingewiesen, dass gegen die Steuerbescheide 2012 am 20. Februar 2015 Einspruch eingelegt worden sei und die Steuern daher noch nicht bestandskräftig festgesetzt seien. Die Klägerin werde als Duldungsschuldner nur in Anspruch genommen, sobald und soweit die Einkommensteuer 2012 bestandskräftig festgesetzt sei. Sie werde zu gegebener Zeit durch gesondertes Leistungsgebot zur Leistung aufgefordert.

Dagegen legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 7. September 2016 Einspruch ein und verwies zur Begründung auf die vorausgegangenen Schriftsätze.

Wie einer E-Mail der Rechtsbehelfsstelle des Beklagten an die Vollstreckungsstelle vom 2. November 2016 zu entnehmen ist, waren am 29. August 2016 Einspruchsentscheidungen wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 2012 ergangen, gegen die zwar keine Klage erhoben worden war (Ablauf der Klagefrist am 4. Oktober 2016), die aber weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen.

Der Beklagte übersandte dem Landesamt für Steuern mit Schreiben vom 31. Mai 2017 einen Entwurf der Einspruchsentscheidung (seiner Berichtspflicht wegen einer Anfechtung außerhalb der Insolvenzordnung folgend) und führte u.a. Folgendes aus:

Die Steuerfestsetzungen für 2012 stünden zwar auch noch nach der Einspruchsentscheidung vom 29. August 2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO. Bestandskräftige Jahressteuerbescheide, die nach § 165 AO vorläuf...

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