Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug bei zutreffendem Ausweis von Umsatzsteuer und späterer unzutreffender Rechnungs“berichtigung“ durch den Rechnungsaussteller

 

Leitsatz (amtlich)

„Berichtigt“ der Rechnungsaussteller nachträglich eine Rechnung mit zutreffendem Ausweis von Umsatzsteuer in der Weise, dass er nunmehr eine Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis erstellt, so geht der Vorsteuerabzug dem Rechnungsempfänger nicht allein deshalb verloren, weil es am Erfordernis des Besitzes einer Rechnung gemäß § 14 UStG mit Umsatzsteuerausweis fehlt.

Der Verkauf einer Kundenliste stellt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen dar, wenn der Erwerber das Anzeigenblatt des Veräußerers nicht fortführt, sondern die Kundenliste für Zwecke der von ihm erstellten Presseerzeugnisse verwendet.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 14

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist das Herstellen und Verlegung von Zeitungen und Zeitschriften, Büchern, sonstigen Druckschriften und Druckerzeugnissen sowie das Herstellen und Ausstrahlen von Hörfunk- und Fernsehsendungen.

Mit Rechnung vom 01.06.2004 erwarb die Klägerin von dem S-Verlag, Inhaber W. S. (Beigeladener), die Verlagsrechte „S Kurier“ mit Anzeigenkunden und Druckunterlagen zum Preis von 170.313,37 € zzgl. MwSt in Höhe von 27.250,14 € (Gesamtbetrag 197.563,51 €).

Die Klägerin machte die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend.

Am 31.05.2006 stellte der Veräußerer eine berichtigte Rechnung über den Gesamtbetrag von 197.563,51 € ohne Ausweis von Umsatzsteuer aus (Bl. 026 USt-Akte). Gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt X erklärte er eine entsprechende Berichtigung gemäß § 17 Abs. 1 UStG mit der Begründung, es liege eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Das Finanzamt X teilte die Rechtsauffassung des Beigeladenen, nachdem es im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung festgestellt hatte, dass dieser das Einzelunternehmen S-Verlag zum 03.01.2004 aufgegeben und alle Verlagsrechte, Anzeigenkunden und Druckunterlagen an die Klägerin veräußert hatte; es informierte den Beklagten über die Rechnungsberichtigung.

Der Beklagte änderte daraufhin mit Bescheid vom 21.05.2008 die Umsatzsteuerfestsetzung für 2004 und versagte den Vorsteuerabzug in Höhe von 27.250,14 €. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 10.07.2008 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, sie habe vom Beigeladenen keinen Geschäftsbetrieb im Ganzen, sondern nur einen Vermögensgegenstand, nämlich die Kundenliste, erworben. Das zur Herstellung des Anzeigenblatts erforderliche Personal und die Austräger seien nicht übernommen worden. Auch das notwendige Anlage- und Umlaufvermögen habe die Klägerin nicht übernommen. Ebenso wenig seien die Anzeigenverträge übernommen worden.

Die vom Beigeladenen vorgenommene Rechnungsberichtigung sei rechtswidrig gewesen.

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen setze voraus, das der Erwerber einen Betrieb als organische Zusammensetzung materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter erwerbe, so dass er das Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortführen könne. Daran fehle es im Streitfall. Der nicht übernommene Mitarbeiterstamm und die ebenfalls nicht übernommenen Anzeigenverträgen seien als Betriebsgrundlagen nicht weniger wichtig als die Kundenliste. Um das Anzeigenblatt weiter herausgeben zu können, hätte die Klägerin eine völlig neue Vertriebsorganisation aufbauen müssen. Auch das Anlagevermögen könne nicht außer Acht gelassen werden. Selbst wenn die Restwerte der Satzcomputer, Druckmaschinen, Fahrzeuge und Geschäftsausstattung gering gewesen seien, so sei doch ohne dieses Anlagevermögen die Produktion und Verteilung des Anzeigenblatts nicht möglich.

Die bloße Übertragung einzelner Gegenstände sei keine Geschäftsveräußerung im Ganzen. Eine Geschäftsveräußerung liege auch dann nicht vor, wenn der Erwerber nicht beabsichtige, den erworbenen Betrieb weiter zu betreiben, sondern diesen sofort abwickle.

Die Klägerin habe die erworbene Kundenliste in dem von ihr betriebenen Verlag verwenden wollen. Das Anzeigenblatt habe sie nicht fortgeführt. Die Verwendung des erworbenen Gegenstandes für das eigene Unternehmen allein vermöge die Annahme einer Geschäftsveräußerung nicht zu begründen.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sei nur die Herausgabe der Tageszeitung „R-Zeitung“. Lediglich eine Schwestergesellschaft der Klägerin gebe auch Anzeigenblätter heraus. Wenn die Fortführung des Anzeigenblattes gewollt gewesen wäre, so hätte die Schwestergesellschaft den Erwerb getätigt. Die Klägerin habe die Kundenliste vielmehr nur für eigene Werbezwecke erworben.

Der Sachverhalt sei nicht mit dem des BFH-Urteils vom 23.08.2007 - V R 14/05 vergleichbar. Im dort entschiedenen Fall habe das Institut am bisherigen Standort vom Erwerber weiter geführt werden sollen. Zudem habe der Erwerber eine Vielzahl von Vermögensgegen...

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