Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Zuwendung bei nachträglicher Genehmigung einer vollmachtslosen Vertretung

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden bei der Beurkundung einer Grundstücksschenkung sowohl der Schenker als auch der Beschenkte von einem vollmachtslosen Vertreter vertreten, wird die Zuwendung erst im Zeitpunkt der Genehmigung der vollmachtslosen Vertretung bewirkt. Die Genehmigung wirkt nicht steuerbegründend auf den Zeitpunkt der Beurkundung zurück.

 

Normenkette

ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.04.2005; Aktenzeichen II R 52/02)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für Grundstückszuwendungen.

Laut Urkunde des Notars ... in F vom 28. Dezember 1995 (Nr. 357/1995 der Urkundenrolle) erwarb die Klägerin von ihren Großeltern E. und Ch. H. sowie von ihrem Vater E. H. „im Wege der Schenkung“ Miteigentumsanteile an mehreren im Grundbuch von H Blatt 6071 sowie im Grundbuch von G Blatt 3991 und Blatt 1584 eingetragenen Grundstücken. Übertragen wurde jeweils ein 1/6 Anteil an Miteigentumsanteilen von je 1/3. Den Schenkern wurden Nießbrauchsrechte eingeräumt. In § 5 der Urkunde wurde die Auflassung erklärt (Bl. 1 bis 24 der Schenkungsteuerakten St.Nr. 483/6301/3).

Weitere Miteigentumsanteile von je 3/6 an mehreren im Grundbuch von G Blatt 4141 eingetragenen Grundstücken erwarb die Klägerin laut Urkunde des Notars ... vom 28. Dezember 1995 (Nr. 359/1995 der Urkundenrolle) von ihrer Großmutter Ch. H., die zuvor Alleineigentümerin dieser Grundstücke war. Auch diese Übertragung erfolgte nach § 1 der Urkunde „im Wege der Schenkung“. Der Schenkerin wurde ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht eingeräumt, das bei ihrem Tod ihrem Ehemann und nach dessen Tod dem Vater der Klägerin zustehen sollte. In § 4 der Urkunde wurde die Auflassung erklärt (Bl. 1 bis 19 der Schenkungsteuerakten St.Nr. 483/6302/2).

Neben den Miteigentumsanteilen erwarb die Klägerin laut einer weiteren Urkunde des Notars ... vom 28. Dezember 1995 (Nr.358/1995 der Urkundenrolle) von ihren Großeltern E. und Ch. H. sowie ihrem Vater E. H., die als gleichberechtigte Gesellschafter eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) bildeten, je 50 v.H. der Gesellschaftsanteile einschließlich der damit verbundenen Stimm- und Gewinnbezugsrechte. Zum Gesellschaftsvermögen gehörten mehrere im Grundbuch von G. Blatt 3573 und Blatt 4291 sowie im Grundbuch von H. Blatt 5917 eingetragene Grundstücke. In § 4 der Urkunde wurde die Grundbuchberichtigung bewilligt und beantragt. An den erworbenen Beteiligungen wurden den Übergebern Nießbrauchsrechte eingeräumt (Bl. 47 bis 66 der Schenkungsteuerakten St.Nr.483/6301/3).

Bei den Beurkundungen wurde die am 16. November 1987 geborene Klägerin von ihren Eltern E. und G. H. gesetzlich vertreten. Diese wurden ihrerseits von Büroangestellten des Notars vertreten, die auch für die Großeltern der Klägerin E. und Ch. H. als „vollmachtlose Vertreter“ auftraten. Mit Erklärungen vom 20. Februar 1996 genehmigten die Großeltern und der Vater der Klägerin den Inhalt der Urkunden vom 28. Dezember 1995 (Nr. 357/95,358/95, 359/95 der Urkundenrolle) und die in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen (Bl. 42/43, 67/68 der Schenkungsteuerakten St.Nr. 483/6301/3 und Bl. 20/21 der Schenkungsteuerakten St.Nr. 483/6302/2). Von der Mutter der Klägerin wurde die Genehmigung am 15. April 1996 erklärt (Bl. 44/45, 69/70 der Schenkungsteuerakten St.Nr. 483/6301/3 und Bl. 22/23 der Schenkungsteuerakten St.Nr. 483/6302/2).

Durch Schenkungsteuerbescheide vom 10. August 1998 setzte der Beklagte gegen die Klägerin wegen des Erwerbs von ihrem Vater unter Berücksichtigung einer Vorschenkung von 322.114 DM und eines Freibetrages von 400.000 DM Schenkungsteuer von 204.612 DM, die er in Höhe von 201.752 DM zinslos stundete, wegen des Erwerbs vom Großvater unter Berücksichtigung einer Vorschenkung von 244.845 DM und eines Freibetrages von 100.000 DM Schenkungsteuer von 239.442 DM, die er in Höhe von 150.035 DM zinslos stundete, und wegen des Erwerbs von der Großmutter unter Berücksichtigung einer Vorschenkung von 86.782 DM und eines Freibetrages von 100.000 DM Schenkungsteuer von 292.564 DM fest, die er in Höhe von 220.216 DM zinslos stundete. Dabei ging er davon aus, dass die in den Verträgen vom 28. Dezember 1995 vereinbarten Zuwendungen erst im Jahre 1996 ausgeführt worden seien. Den Wert des steuerbaren Erwerbs (ohne Vorschenkungen) setzte er bei den Zuwendungen des Vaters und des Großvaters mit je 1.228.166 DM und bei der Zuwendung der Großmutter mit 1.564.666 DM an.

Gegen diese Steuerfestsetzungen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren ermäßigte der Beklagte durch Bescheide vom 15. September 1998 für den Erwerb vom Vater auf 126.459 DM, die er in voller Höhe zinslos stundete, für den Erwerb vom Großvater auf 198.706 DM, die er in Höhe von 124.854 DM zinslos stundete, und für den Erwerb von der Großmutter auf 232.847 DM, die er in Höhe von 187.958 DM stundete. Dabei setzte er den...

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