Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.12.1996; Aktenzeichen V R 130/92)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Umsatzsteuerpflicht der kostenlosen Beköstigung von französischem Schiffspersonal auf Booten der Klägerin, die den Rhein befahren, soweit er im Inland/Erhebungsgebiet der Bundesrepublik Deutschland fließt.

Die Klägerin ist ein in … Frankreich ansässiges Frachtschiffahrtunternehmen … welches in A. eine Agentur unterhielt, die ab dem … als Zweigniederlassung in das Handelsregister eingetragen wurde. Die Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten übernahmen die Agentur bzw. Niederlassung in A..

Die Klägerin betreibt die Rheinschiffahrt mit Motorschiffen und Schubbooten (Schubleichtern), wobei in geringerem Umfang innerdeutscher und überwiegend grenzüberschreitender Schiffsverkehr durchgeführt wurde.

Mit Verfügung vom 14. Februar 1980 ordnete der Beklagte gegenüber der Agentur der Klägerin … eine Außenprüfung an, die sich auf die „Umsatzsteuer der Jahre 1977 bis 1978” erstrecken sollte (vgl. Bl. 1 Bp-Akte). Am 06. November 1985 erließ das Finanzamt gegenüber der Zweigniederlassung der Klägerin die Anordnung einer weiteren Außenprüfung, wonach die Umsatzsteuer der Jahre 1980 bis 1984 überprüft werden sollte (Bl. 22 Bp-Akte). Die Außenprüfungen fanden vom 23. März bis 02. April 1980 bzw. vom 20. bis 23. Januar 1986 in … Frankreich statt.

Die Klägerin hatte vor den Außenprüfungen jeweils angeregt, diese bei der Zentralverwaltung … durchzuführen, da ihr der Transport der zur Prüfung notwendigen Belege im Frankreich … zur Agentur in A. zu aufwendig erschien (vgl. Schreiben vom 21. November 1985, Bl. 46 FG-Akte). Der Beklagte fragte deshalb im März 1980 bei der französischen Botschaft an, ob gegen eine „Betriebsprüfung …” Bedenken bestünden. Dies verneinte der zuständige Geschäftsträger an der französischen Botschaft (Attaché fiscal) in einen Schreiben von 23. April 1980 (Bl. 47 FG-Akte). Auch die zweite Außenprüfung sollte auf Wunsch der Klägerin in … stattfinden. Der Beklagte unterrichtete das Finanzministerium Rheinland-Pfalz über dieses Anliegen, worauf dieses bei der französischen Botschaft erneut anfragte, ob die beabsichtigte Außenprüfung in … statthaft sei. Dies bejahte der zuständige Geschäftsträger mit Schreiben vom 13. Januar 1986 ebenfalls und stimmte der Außenprüfung auf französischem Hoheitsgebiet ausdrücklich zu (Bl. 68 FG-Akte). Daraufhin gestattete das Finanzministerium die Außenprüfung auf französischem Gebiet und genehmigte die Dienstreisen der Prüfer nach … (Bl. 64, 65 FG-Akte).

Jeweils nach Zustimmungen durch die französische Botschaft teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß die Außenprüfung in … stattfinden solle und stimmte mit ihr – entsprechend ihrem Wunsch (vgl. das Schreiben, vom 21. November, 1985 a.a.O.) – den auswärtigen Prüfungstermin ab.

Bereits während der ersten Außenprüfung stellte der Betriebsprüfer an Hand vertraglicher Unterlagen fest, daß dem Schiffspersonal kostenfreie Verpflegung gestellt wurde. Er vertrat die Auffassung, die Verpflegung sei eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes –UStG– 1973. Er bat die Klägerin, die Anzahl der Arbeitnehmer und die Zahl der rage mitzuteilen, an denen diese den Rhein im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland befuhren. Dieser Bitte kam die Klägerin mit Schreiben vom 03. September 1980 (Bl. 16 Bp-Akte) nach. In der Folge-Bp hielten sich die Prüfer ebenfalls an die von der Klägerin erteilten Auskünfte (vgl. Bp-Bericht vom 22. April 1986, Bl. 24 ff Bp-Akte, Tz. 12). Die Höhe des steuerpflichtigen Entgelts bemaßen die Prüfer nach lohnsteuerlichen Sachbezugswerten und ermittelten die auf die Verpflegungsgestellung entfallende Umsatzsteuer (vgl. Tz. 10 des Bp-Berichtes vom 12. November 1980, Bl. 2 ff Bp-Akte sowie Tz. 12.2 und Anlage 2 des Bp-Berichtes vom 22. April 1986, a.a.O.).

Die Klägerin hatte von Anfang an die Meinung vertreten, daß eine Besteuerung der Verpflegungsgestellung gegen Artikel 3 Abs. 1 der … Akte – … – vom 17. Oktober 1868 (in der revidierten Fassung vom 11. März 1969, BGBl II S. 597) verstoße. Sie unterbreitete die frage der gemäß Artikel 43 … gebildeten Zentralkommission, die allerdings wegen der ablehnenden Haltung der Bundesregierung zu dieser Frage keine Entscheidung treffen konnte. Huf die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgelegten Protokolle und den Schriftwechsel wird verwiesen (Bl. 26–30 FG-Akte).

Das Finanzamt beharrte jedoch auf seiner Auffassung, die Verköstigung des Schiffahrtspersonal sei eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung und erließ für die Jahre 1970 bis 1984 entsprechende Umsatzsteuerbescheide, die – nach verschiedenen, zwischen den Beteiligten unstreitigen Änderungen – am 09. April 1990 in ihrer endgültigen Form ergingen. Den Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 17. April 1990 zurück.

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