Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für innerhalb des Zeitraums von drei Monaten vor Stellung des Insolvenzantrages fällige Lohnsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Geschäftsführer einer GmbH haftet nicht für Steuern, die innerhalb des Zeitraums von drei Monaten vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH fällig geworden sind; dies gilt auch für einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuern. Soweit in der Nichtentrichtung der Steuern in diesem Zeitraum eine Pflichtverletzung liegt, ist diese nicht kausal für einen entsprechenden Schaden des Fiskus, da der Insolvenzverwalter Zahlungen - wären sie geleistet worden -anfechten könnte.

 

Normenkette

AO § 34 Abs. 1, §§ 69, 191 Abs. 1; EStG § 42d Abs. 1 Nr. 1; InsO § 17 Abs. 2, § 130 Abs. 1 Nr. 1, § 142

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.06.2007; Aktenzeichen VII R 65/05)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides.

Der Kläger wurde am 26.07.2001 durch die Gesellschafterversammlung neben dem bisherigen Geschäftsführer B (B) zum weiteren allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Firma B - Güternahverkehr GmbH, F bestellt. Am 22.04.2002 stellte die GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht L einen Insolvenzantrag; das am 19.07.2002 eröffnete und unter dem Aktenzeichen 3 IN .../02 geführte Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Am 26.08.2002 hatte die GmbH - ohne Umsatzsteuern - vollstreckbare Rückstände in Höhe von insgesamt 87.080,34 €. Davon entfielen auf rückständige Lohnsteuer, Lohnkirchensteuer und Solidaritätszuschlag insgesamt 80.288,72 € und auf Säumniszuschläge dazu insgesamt 6.791,62 €. Die Beträge waren in der Zeit vom 10.05.2001 bis 15.04.2002 fällig geworden (Aufstellung der in Vollstreckung befindlichen Rückstände vom 26.08.2002, Bl. 88/89 Lohnsteuerakte Arbeitgeber). Die vor dem 26.07.2001 fällig gewordenen Beträge entfallen ausschließlich auf Säumniszuschläge.

Wegen dieser Rückstände wurden der Kläger und B mit Schreiben vom 26.08.2002 zur beabsichtigten Haftungsinanspruchnahme angehört (Anhörungsschreiben betreffend den Kläger Bl. 84/85 Lohnsteuerakte Arbeitgeber). Mit Haftungsbescheiden vom 12.11.2002 wurden der Kläger und B jeweils in Höhe von 69.133,26 € gemäß §§ 69, 34 AO in Haftung genommen (Zusammenstellung der Haftungsbeträge Bl. 11 Prozessakte).

Im Einspruchsverfahren wurde der Haftungsbescheid gemäß § 130 Abs. 1 AO teilweise zurückgenommen. Die Haftungssumme für den Zeitraum Dezember 2001 wurde aufgrund einer von B eingereichten berichtigten Lohnsteueranmeldung auf insgesamt 13.726,66 € herabgesetzt.

Der Einspruch wurde im Übrigen mit Einspruchsentscheidung 03.11.2004 als unbegründet zurückgewiesen. In der Einspruchsentscheidung wurde u.a. ausgeführt, dass eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer nach § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG nicht habe stattfinden können, da die vorschriftsmäßig gekürzten Nettolöhne ausgezahlt worden seien und die Arbeitnehmer von der Nichtabführung der einbehaltenen Lohnsteuer keine Kenntnis gehabt hätten. Weiter wird ausgeführt, dass der Kläger sich nicht damit exculpieren könne, dass er intern nur für den technischen Bereich zuständig gewesen sei. Auch gehe aus dem Vortrag des Klägers im Einspruchsverfahren hervor, dass er bei Übernahme der Geschäftsführertätigkeit über die finanzielle Situation der GmbH informiert gewesen sei. Weiter wird darauf hingewiesen, dass die Einspruchsentscheidung sich nur auf die Haftung für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag, nicht aber für Kirchenlohnsteuer bezieht.

Seine dagegen gerichtete Klage hat der Kläger bislang nicht begründet. Mit Verfügung vom 13.05.2005 wurde dem Kläger eine Frist gemäß § 79b Abs. 1 FGO bis 13.06.2005 zur Bezeichnung der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühle, gesetzt. Über die Folgen einer etwaigen Fristversäumnis wurde er belehrt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  • den Haftungsbescheid vom 12.11.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 03.11.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen.
 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Haftungsbescheid ist rechtswidrig, soweit der Kläger in Haftung genommen wird für die nach dem 22.01.2002 fällig gewordenen Beträge. Der Kläger haftet weiter nicht für die vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer fällig gewordenen Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 240,31 €. Hinsichtlich der Haftung für die übrigen Säumniszuschläge sind der angefochtene Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben, da sie insoweit ermessensfehlerhaft sind.

Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig.

Bei dem angefochtenen Haftungsbescheid handelt es sich um eine Zusammenfassung mehrerer Verwaltungsakte für jede Steuerart und jeden Zeitraum, die jeder für sich zu beurteilen sind.

Die GmbH haftet für die einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Gemäß § 69 i.V.m. § 34 AO kann der Geschäft...

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