Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswirkungen eines Gesamtplans auf den Zeitpunkt der Beendigung einer Organschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beendigung der Organschaft bewirkt, dass die Vermietung des Betriebsgrundstücks durch den bisherigen Organträger an die bisherige Organgesellschaft sodann als Vermietungsunternehmen anzusehen ist. Wird das Grundstück an die bisherige Organgesellschaft verkauft, die es für ihre unternehmerischen Zwecke wie bisher weiter nutzt, so hat dies die Beendigung des Vermietungsunternehmens zur Folge; die Übertragung kann damit keine Geschäftsveräußerung im Ganzen sein. Wenn der Grundstücksumsatz mangels Option gem. § 9 UStG gemäß § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei ist, so führt dies ggf. zur Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG.

2. Die Übergangsregelung gemäß BMF-Schreiben vom 05.07.2011 zur Anerkennung von Organschaften bei sog. Schwestergesellschaften im Billigkeitswege kann nicht erweiternd auf den Sachverhalt übertragen werden, dass die Organgesellschaft formwechselnd in eine GmbH & Co Kg umgewandelt wird.

3. Bei Übernahme eines 1%-igen Kommanditanteils durch einen fremden Dritten kann eine GmbH & Co KG nicht mehr Organgesellschaft sein.

4. Werden mehrere zeitlich aufeinander folgende Übertragungsschritte in einer notariellen Urkunde vereinbart, so liegt ein Gesamtplan vor. Dieser Gesamtplan führt jedoch nicht dazu, dass eine durch einen voran gegangenen Übertragungsschritt beendete Organschaft als beim letzten Übertragungsvorgang - der Übertragung des Betriebsgrundstücks vom bisherigen Organträger auf die bisherige Organgesellschaft - noch bestehend fingiert werden kann.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a, § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 15a Abs. 8; MwStSystRL § 1 Abs. 1 Nr. 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.06.2019; Aktenzeichen XI R 3/17)

 

Tatbestand

Streitig ist eine Vorsteuerberichtigung, die gemäß § 15a Abs. 8 UStG durch den Verkauf eines Betriebsgrundstücks ausgelöst wurde.

Die Klägerin, eine GbR, vermietete ein im Grundbuch als Gesamthandsvermögen eingetragenes Grundstück an die H GmbH. Gesellschafter der Klägerin sind die Eheleute PT und RT zu je 50%. PT hielt 53,33% der Anteile an der H GmbH (Geschäftsanteil 80.000 DM) und RT 46,67% der Anteile (Geschäftsanteil 70.000 DM).

Geschäftsführer der H GmbH waren PT als allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer sowie die Herren Dr. W und H jeweils gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder Gesamtprokuristen. Gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages (Bl. 74-76 PA) ist die Geschäftsführung für zahlreiche Tätigkeiten von der Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss abhängig.

Das beklagte Finanzamt nahm zwischen der Klägerin und der H GmbH eine Betriebsaufspaltung und umsatzsteuerliche Organschaft an und erfasste die Umsätze der H GmbH bei der Klägerin. Die Anteile des PT und der RT an der H GmbH waren bei der Klägerin als notwendiges Sonder-Betriebsvermögen bilanziert.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 09.02.2005 gründeten PT und RT die H Beteiligungs GmbH, wobei der Gesellschafter PT eine Stammeinlage in Höhe von 20.000 € übernahm und die Gesellschafterin RT eine Stammeinlage in Höhe von 17.500 €. Das Stammkapital insgesamt betrug 37.500 €.

Geschäftsführer der H Beteiligungs GmbH waren PT als allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer sowie die Herren Dr. W und Hr jeweils gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder Gesamtprokuristen.

Mit notariellem Vertrag vom 17.02.2005 (Bl. 12-21 Prüfer-Handakte) brachten PT und RT 99% der Anteile an der H GmbH in die zuvor gegründete H Beteiligungs GmbH mit Sitz in L, Österreich ein. Ebenfalls mit Vertrag vom 17.02.2005 (Bl. 28-52 Prüfer-Handakte; § 2 Abs. (5) des Vertrages) verkauften sie den verbliebenen Anteil von 1% an die V GmbH mit Sitz in L, Österreich mit sofortiger Wirkung.

Mit Wirkung zum 18.02.2005 wurde die H GmbH formwechselnd in die H GmbH & Co KG umgewandelt und später in V GmbH & Co KG umbenannt. Die Eintragung der formwechselnden Umwandlung im Handelsregister erfolgte am 22.03.2005.

Mit Wirkung zum 01.04.2005 0:00 Uhr verkauften PT und RT ihre Anteile an der H Beteiligungs GmbH an die V GmbH (§ 2 Absätze (1) und (2) des Vertrages vom 17.02.2005, Bl. 28-52 Prüfer-HA).

Mit Wirkung zum 02.04.2005 verkaufte die Klägerin das an die H GmbH -und spätere V GmbH & Co KG- vermietete Grundstück an diese (§ 3 des Vertrages vom 17.02.2005, Bl. 28-52 Prüfer-HA). Zugleich wurde das Mietverhältnis beendet.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 errechnete die Klägerin eine festzusetzende Umsatzsteuer von 192.000,99 €. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung zu.

In den Jahren 2010 bis 2012 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Die Prüfungsfeststellungen sind im Prüfungsbericht vom 29.02.2012 dargestellt.

Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass der nach § 4 Nr. 9 a) UStG steuerfreie Verkauf des Grundstücks eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG auslöse hinsichtlich der nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten für das Betriebsgebäude innerhalb des ...

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