Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Steuerbarkeit einer Schadensersatzrente

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Schadensersatzrente gem. § 844 Abs. 2 BGB, die den durch den Tod des Unterhaltsverpflichteten eingetretenen materiellen Unterhaltsschaden und den Haushaltsführungsschaden ausgleichen soll, unterliegt nicht der Einkommensbesteuerung.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1, § 22 Nr. 1; BGB § 844 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- der Einkommensteuer unterliegt.

Die Klägerin war im Streitjahr 2003 allein stehend. Zuvor war sie mit Herrn E. R. verheiratet gewesen. Dieser war aufgrund eines Fehlers des ihn behandelnden Arztes des Kreiskrankenhauses G am 16. April 1998 verstorben. Die Klägerin hatte gegenüber dem Kreiskrankenhaus G mit Erfolg Schadensersatz geltend gemacht. Die Vereinte Versicherungs-AG zahlte der Klägerin aufgrund eines im Oktober 1999 geschlossenen Vergleichs ab dem Todestag ihres Ehemannes eine Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB in Höhe von 2.000,-- DM (= 1.022,58 €) monatlich. Die monatliche Zahlung entfiel in Höhe von 1.300,--DM (= 664,68 €) auf den materiellen Unterhaltsschaden und in Höhe von 700,-- DM (= 357,90 €) auf den Haushaltsführungsschaden.

Im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 26. Juli 2004 berücksichtigte der Beklagte die Schadensersatzrente in voller Höhe von 12.270,-- € (1.022,58 € x 12 Monate) als steuerpflichtige sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-.

Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete die Klägerin damit, dass der Barunterhaltsschaden von 664,68 € in der Höhe ausgeglichen werde, in der ihr verstorbener Ehemann nach Abzug der persönlichen Lohnsteuer disponibles Einkommen für die Lebensführung der früheren Ehegemeinschaft hätte beisteuern können. Insoweit könne dieser Betrag nicht zur Einkommensteuer herangezogen werden. Dies gelte auch für den Haushaltsführungsschaden von monatlich 357,90 €, da dieser Ersatz dafür sei, dass die Haushaltsführung nunmehr nicht mehr von beiden Ehegatten gemeinsam, sondern nur noch von der Klägerin allein bestritten werden könne. Die Schadensersatzrente vergüte keine Leistungsfähigkeit ihrerseits, weil die Klägerin selbst keine eigenen Leistungen am Markt erbringe. Sie entfalte mit der Rente keine einkunftserzielende Tätigkeit. Vielmehr ersetze die Schadensersatzrente in ihrem Fall nichtsteuerbare Einnahmen und unterliege bei ihr daher auch nicht der Einkommensteuer. Insoweit verwies die Klägerin auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 25. Oktober 1994, VIII R 79/91, BStBl II 1995, 121 zur Nichtsteuerbarkeit einer Mehrbedarfsrente.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 3. März 2005 als unbegründet zurück. Er bezog sich hierbei auf die Entscheidung des BFH vom 19. Oktober 1978, VIII R 9/77, BStBl II 1979, 133, wonach Schadensersatzrenten, die aufgrund von § 844 Abs. 2 BGB für den Verlust von Unterhaltsansprüchen gewährt würden, wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG und somit als solche in vollem Umfang steuerpflichtig seien. Ein solcher Fall des § 844 Abs. 2 BGB sei hier gegeben, wonach einem Dritten Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten sei, wenn im Falle der Tötung der Getötete dem Dritten gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig gewesen sei oder unterhaltspflichtig habe werden können und dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf Unterhalt entzogen werde. Das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994, VIII R 79/91, hielt der Beklagte für nicht einschlägig. Dort sei es lediglich um die Einkommensbesteuerung einer Mehrbedarfsrente nach § 843 Abs. 1, 2. Alt. BGB, gegangen. Der BFH habe dort die Mehrbedarfsrente als nicht steuerbar angesehen. Das sei deshalb der Fall gewesen, weil die Mehrbedarfsrente eine Schmerzensgeldrente sei, die einen Ersatz für den Schaden darstelle, der durch die Verletzung höchstpersönlicher Güter eingetreten sei. Der Geschädigte solle durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterung und Annehmlichkeiten anstelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht werde. Die Mehrbedarfsrente als Schmerzensgeldrente erhöhe damit auch nicht die Leistungsfähigkeit des Empfängers. Dagegen sei die hier zu beurteilende Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB anders gelagert. Die Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB erhöhe als Geldrente die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Empfängerin. Denn sie diene ausschließlich dazu, die durch den Tod des Ehemannes entfallene wirtschaftliche Absicherung der Klägerin wiederherzustellen bzw. zu sichern. Diesbezüglich verwies der Beklagte auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen -BMF- vom 8. November 1995 (B 3 - S-2255 - 22/95, BStBl I 1995, 705). Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Aktenausfertigung der Einspruchsentscheidung vom 3. März 2005 (Bl. 65 ff. der ESt-Akten) Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen erh...

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