Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit von Stromlieferungen an Dauercamper

 

Leitsatz (amtlich)

Stromlieferungen an Dauercamper sind, auch wenn sie gesondert bestellt und abgerechnet werden, unselbstständige Nebenleistungen zur Campingplatz-Vermietung und deshalb nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfrei.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 12a; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.01.2009; Aktenzeichen V R 91/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Rahmen einer Vermietung an Dauercamper die Überlassung von Strom eines selbstständige steuerpflichtige Leistung oder eine Nebenleistung zur steuerfreien Stellplatzvermietung ist.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GbR den Campingplatz „B“ in E.

Lt. Gewinn- und Verlustrechnung erklärte sie folgende Einnahmen:

Dauerstellplätze Umsätze Inland

111.266,25 DM

Lichtversorgungsanlage

30.012,01 DM

Versicherung, Müll, Wasser

39.365,14 DM

Telefonzelle

1.128,00 DM

181.771,40 DM

Sie behandelte sämtliche Umsätze als steuerfrei nach § 4 Nr. 12 UStG.

Der Beklagte führte eine Umsatzsteuersonderprüfung durch, deren Ergebnis im Bericht vom 15.05.2003 dargestellt ist. Der Prüfer sah die Vermietung von Campingflächen an Dauercamper als steuerfreie Grundstücksvermietungen gemäß § 4 Nr. 12 UStG an; gleiches gelte für die üblichen Nebenleistungen wie Dusche/Toilette, Wasserzapfstellen etc. Keine Nebenleistungen seien jedoch gemäß Abschnitt 76 Abs. 6 UStR die Lieferungen von Strom und die Benutzung der Telefonanlage gegen Entgelt (Tz. 13 des Berichts).

Der Gesamtumsatz aus diesen Leistungen im Jahr 1999 habe mehr als 32.500 DM betragen. Die Erlöse aus Strom/Telefon im Streitjahr 2000 ermittelte der Prüfer mit 26.844,82 DM (13.725,53 €). Die Vorsteuern ermittelte er mit 986,88 DM (504,58 €).

Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen im geänderten Umsatzsteuerbescheid vom 13.06.2003 und setzte die Umsatzsteuer mit 1.691,35 € fest. Mit ihrem dagegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, die Stromlieferungen seien von der Hauptleistung abhängige unselbstständige Nebenleistungen und deshalb nicht gesondert steuerpflichtig. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 04.09.2003 unter Berufung auf das Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 21.11.1930 (RStBl 1931, 166) als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer dagegen gerichteten Klage trägt die Klägerin vor, im Rahmen der Verträge mit den Dauercampern würden die zugehörigen Gemeinschaftseinrichtungen zur Verfügung gestellt und die Belieferung mit Strom gewährleistet. Die Stromlieferungen seien in diesem Fall untrennbar mit der Hauptleistung der Stellplatzvermietung verbunden. Eine selbstständige, von der Hauptleistung trennbare Lieferung liege nicht vor. Erst die als Hauptleistung anzusehende Vermietung bedingte die Nebenleistung der Stromlieferung. Letztere wäre ohne die Hauptleistung nicht denkbar. Die Stromlieferung müsse deshalb wie die Hauptleistung als nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfrei behandelt werden.

Die Klägerin beantragt,

  • den Umsatzsteuerbescheid vom 13. Juni 2003 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. September 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, der Rat zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der EG-Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuer habe am 17.05.1977 den Rechtsgedanken des RFH im Urteil vom 21.11.1930 aufgegriffen und in Artikel 5 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie zur Lieferung von Gegenständen festgelegt:

„Als Lieferung eines Gegenstandes gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

Als Gegenstand gelten Elektrizität, Gas, Wärme, Kälte und ähnliche Sachen.“

Diese Regelung unterstreiche, dass es sich bei der hier streitigen Stromlieferung um eine selbstständige Leistung handele, bei der der Voraussetzungen der Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 12a UStG nicht erfüllt seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Begriff der Vermietung ist ein eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts (EuGH vom 08.05.2003 - C-269/00 „Seeling“). Unter Vermietung versteht man danach das entgeltliche Einräumen des Rechts, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob der Mieter der Eigentümer wäre, verbunden mit der Möglichkeit, jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (EuGH v. 09.11.2004 - C-284/03 „Temco Europe“).

Nach Art. 13 Teil B Buchst. b) der 6. EG-Richtlinie befreien die Mitgliedsstaaten ... die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme ... der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe ... oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung ... auf als Campingplätze erschlossenen Grundstücken.

Nach § 4 Nr. 12a UStG ist die Vermietung von Grundstücken steuerfrei. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht u.a. für die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen.

Art. 13 B b) ist nach Auffassung des Senats so auszulegen, dass nur hotelähnliche Umsätze auf Campingplätzen...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge