Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung gem. § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002

 

Leitsatz (redaktionell)

Gegen die Regelungen zur Mindestbesteuerung in § 2 Abs. 3 Sätze 2 ff. EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 bestehen bei Vorliegen sog. echter Verluste dann keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn dem Steuerpflichtigen trotz begrenzten Verlustausgleichs von seinem im Veranlagungszeitraum Erworbenen zumindest das Existenzminimum verbleibt.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 3; GG Art. 2, 3 Abs. 1, Art. 14, 20

 

Tatbestand

Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der mit dem Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 eingeführten Regelung des § 2 Abs. 3 S. 3 - 8 EStG.

Der Kläger erzielte im Streitjahr als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen. Die Klägerin erzielte als Apothekerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen. Die Kläger erzielen zudem mit der Vermietung mehrerer Wohnungen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Seit 1993 sind sie an der W Grundstücksgesellschaft b.R. (im Folgenden: W) beteiligt (der Kläger zu 70 %, die Klägerin zu 15 %) und erzielen daraus weitere Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In den Jahren 1999 bis 2002 tätigte die W aufgrund eines Mieterwechsels umfangreiche Umbaumaßnahmen. Vormieter der Immobilie (mit 1400 qm Nutzfläche) war das Amt für Arbeitsschutz. Nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung der W erzielte diese im Jahre 1999 einen Verlust in Höhe von rund 1,16 Mio. DM, der vor Allem auf Umbau- und Renovierungskosten in Höhe von rund 975.000 DM beruhte. Von diesem Verlust entfielen auf den Kläger 741.171,83 DM und auf die Klägerin 176.019,07 DM (vgl. die Mitteilung für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 9. August 2000, Bl. 31 f. Einkommensteuerakten - EA - 1999). In dem Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 3. November 2000 verrechnete der Beklagte aufgrund der Vorschrift des § 2 Abs. 3 S. 3 - 8 EStG in der damals geltenden Fassung den Beteiligungsverlust der Kläger aus 1999 an der W nur i.H.v. 557.318 DM mit positiven Einkünften (vgl. Bl. 64 ff. EA). Dies führte zu einer Einkommensteuernachzahlung i.H.v. 64.074 DM, wohingegen die Kläger bei der bis einschließlich 1998 gültigen Rechtslage - Verrechnungsmöglichkeit in voller Höhe - einen Erstattungsanspruch i.H.v. 3.918 DM gehabt hätten.

In dem Bescheid wurde der Ausgleich nach § 2 Abs. 3 S. 3 - 8 EStG wie folgt berechnet:

Kläger

Klägerin

gesamt

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

255.064,00

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

593.789,00

Einkünfte aus KapitalvermögenEinkünfte aus Vermietung und Verpachtung

13.280,00

5.860,00

aus bebauten Grundstücken aus Bauherren-/Erwerbergemeinschaften

60.885,00

103.374,00

21.786,00

11.486,00

aus GrundstücksgemeinschaftenSumme der positiven Einkünfte

-739.363,00

607.069,00

-142.747,00

260.924,00

867.993,00

Ausgleichsfähige negative Summe der Einkünfte

353.535,00

180.462,00

533.997,00

Anteilige Einkünfte nach Verlustausgleich i.S.d. § 2 Abs. 3 S. 3 EStG

Kläger

Klägerin

gesamt

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

78.655,00

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

247.988,00

Einkünfte aus Kapitalvermögen

5.546,00

1.807,00

Einkünfte aus V und V

-183.854,00

0,00

Summe der positiven Einkünfte

253.534,00

80.462,00

Gesamtbetrag der Einkünfte

253.534,00

80.462,00

333.996,00

Mit Bescheid zum 31. Dezember 1999 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer vom 3. November 2000 stellte der Beklagte den hiernach nicht ausgeglichenen Verlustanteil des Klägers aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. 183.854 DM nach § 10 Abs. 4 EStG gesondert fest (vgl. Bl. 67 EA).

Gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 3. November 2000 legten die Kläger Einspruch ein und wandten sich gegen die Verlustabzugsbeschränkung nach § 2 Abs. 3 S. 3-8 EStG a.F. mit der Begründung, diese sei verfassungswidrig. Am 9. April 2001 erging aus hier nicht streitigen Gründen ein Einkommensteueränderungsbescheid für 1999. Darin wurde die Einkommensteuer 1999 unter Berücksichtigung von Sonderausgaben in Höhe von insgesamt 30.845 DM auf 70.448 DM, die Kirchensteuer auf 6.070,32 DM und der Solidaritätszuschlag auf 3.632,58 DM festgesetzt (vgl. Bl. 124 EA).

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. August 2001 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Diese Entscheidung begründete der Beklagte damit, dass er als Exekutivorgan nicht die Möglichkeit habe, eine Norm als verfassungswidrig zu verwerfen, so dass von einer Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 S. 3 EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 auszugehen sei.

Am 23. August 2001 haben die Kläger Klage erhoben. Sie vertreten weiterhin die Auffassung, § 2 Abs. 3 S. 3 - 8 EStG in der damals geltenden Fassung sei verfassungswidrig. Diese Vorschrift sei wegen ihrer Kompliziertheit weder für Fachleute noch für die Verwaltung - geschweige den...

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