Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreite Umsätze im Sinne von § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1999 im Rahmen des Betriebs einer Seniorenresidenz

 

Leitsatz (redaktionell)

Steuerbefreite Umsätze im Sinne von § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1999 im Rahmen des Betriebs einer Seniorenresidenz liegen vor, wenn Leistungen zu mindestens 40 % den in § 68 Abs. 1 BSHG genannten Personen zugute gekommen sind.

Da § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1999 ohne weitere Unterscheidung auf § 68 Abs. 1 BSHG verweist, genügt es für die Bestimmung der begünstigten Personen, wenn eine einfache Pflegebedürftigkeit im Sinne der Sozialhilfe (z.B. Pflegestufe 0) nachgewiesen wird.

 

Normenkette

UStG 1999 § 4 Nr. 16 Buchst. d; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g; BSHG § 68 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin im Rahmen des Betriebs ihrer Seniorenresidenz steuerbefreite Umsätze im Sinne von § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1999 getätigt hat. Insbesondere ist streitig, ob diese Leistungen zu mindestens 40 % den in der Vorschrift genannten Personen zugute gekommen sind.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG durch ihre Betriebsgesellschaft im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft eine Seniorenresidenz. Sie hielt in ihrer Anlage, die 42.000 qm umfasste, insgesamt 260 Zimmer bzw. Appartements zum Wohnen für alte und pflegebedürftige Bewohner bereit. Als private gewerbliche Einrichtung im Sinne des Heimgesetzes erbrachte sie als anerkanntes Altenheim bzw. Altenwohnheim neben den Leistungen zur Unterkunft und Verpflegung auch Angebote zur Freizeitgestaltung. Zudem bot sie Leistungen für die Betreuung, die Haushaltsführung und die Pflege der Bewohner an. Im Jahre 2001, dem Vorjahr des streitigen Besteuerungszeitraumes, beherbergte die Klägerin 231 Bewohner, von denen 16 Personen die Pflegestufen I bis III zuerkannt waren. Weitere 162 Personen waren in der Pflegestufe 0 eingeordnet, 53 Personen konnte keine Pflegestufe bestätigt werden. Zwei Drittel der Bewohner insgesamt waren älter als 75 Jahre. Unter Berücksichtigung einer Verwaltungsregelung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 16.03.1994 (Az. 36 - S-7172 - 7/8 - 11839), die den Finanzämtern mit Verfügung der Oberfinanzdirektion Nürnberg vom 28.03.1994 bekanntgegeben und in die Umsatzsteuer-Kartei aufgenommen wurde, ging die Klägerin, wie für die Vorjahre auch, davon aus, dass über 75 Jahre alte Heimbewohner dem in § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG genannten begünstigten Personenkreis zuzuordnen seien und damit die begünstigten Personen mehr als 40 % der Heimbewohner ausmachten. Demzufolge gab die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung vom 21.10.2004 für das Streitjahr steuerfreie Umsätze von insgesamt ........,.. €, steuerpflichtige Leistungen zu 16 % in Höhe von ca. 1/3 , steuerpflichtige Leistungen zu 7 % in Höhe von ca. 1,6 % und abziehbare Vorsteuerbeträge von ......,.. € an. Der so berechneten Umsatzsteuer von ......,.. € stimmte das Finanzamt zu, so dass die Anmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich stand (§ 164 Abs. 1 AO, 168 Satz 2 AO).

Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 12.01.2005 wurde am 02.03.2005 mit einer steuerlichen Außenprüfung (§ 193 Abs. 1 AO) begonnen, die auch die Umsatzsteuer für das Streitjahr umfasste. Der Prüfer ging davon aus, dass aufgrund des Inkrafttretens des neuen Pflegeversicherungsrechts zum 01.07.1996 die Verwaltungsregelung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen gegenstandslos geworden sei. Nach Abschnitt 99 Abs. 3 und 4 UStR 2000 würden zu dem begünstigten Personenkreis nur pflegebedürftige Personen zu rechnen sein, die den Pflegestufen I – III zuzuordnen seien. Diese Anforderungen würden lediglich 9 % der Bewohner der Seniorenresidenz erfüllen. Er ging daher davon aus, dass die streitbefangenen Einnahmen von .......,.. €, die in den erklärten steuerfreien Umsätzen enthalten waren, um Einnahmen von .........,.. € brutto für Betreuung, Pflege und Kost zu vermindern und die steuerpflichtigen Leistungen zu 16 % um einen entsprechenden Netto-Betrag von .......,.. € zu erhöhen seien; demzufolge seien die abziehbaren Vorsteuerbeträge um .....,.. € zu erhöhen. Als steuerfrei würden die Einnahmen für die Wohnungen von .......,.. € anerkannt werden (vgl. berichtigter Bericht vom 24.07.2007, Tz. C 4.2, 4.3, 4.4., Anlage 7).

Der Auffassung des Prüfers folgend änderte das Finanzamt mit dem Bescheid vom 12.09.2007 die Umsatzsteuerfestsetzung und setzte die Umsatzsteuer in Höhe von ......,.. € fest; den Vorbehalt der Nachprüfung hob es auf (§ 164 Abs. 3 AO). Den Einspruch der Klägerin wies das Finanzamt mit der Entscheidung vom 14.10.2008 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2002 vom 12.09.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.10.2008 aufzuheben.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte an:

Für sämtliche Jahre vor 2002 sei sie stets von der Umsatzsteuer für die erbrachten Dienstleistung...

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