Entscheidungsstichwort (Thema)

Anzahl der Erwerbsvorgänge bei Erwerb von Grundeigentum von Eheleuten, die im gesetzlichen Güterstand leben

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Miteigentumsanteil ist ein Grundstück im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts.

Veräußern Eheleute, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft stehen und Miteigentümer eines Grundstücks zu je 1/2 sind, an einen Dritten, so liegen zwei Erwerbsvorgänge unabhängig davon vor, ob nach dem Wortlaut des Notarvertrages die Eheleute das gesamte Grundstück oder die Miteigentumsanteile veräußern.

 

Normenkette

GrEStG § 3 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Erwerb von Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, als zwei getrennte Erwerbsvorgänge zu behandeln sind, sodass die Steuerfreigrenze nach § 3 Nr. 1 GrEStG i.H.v. 2.500 € eingreift.

Mit Tauschvertrag des Notars A in Greding vom 16.03.2006 (URNr. ...) erwarb der Kläger von den im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten BD und CD (Miteigentümer zu je ) das Sondereigentum an dem zur Wohnung gehörigen – im Aufteilungsplan mit Nr. 8 bezeichneten und im Grundbuch des Amtsgerichtes 1 unter der Fl.Nr. .../1 vorgetragenen – Kellerraum in 2, 3. Der Kellerraum war von der Wohnung Nr. 8 abzuspalten und mit dem Sondereigentum der Wohnung Nr. 2 zu verbinden. Die Gegenleistung für diesen Erwerb bestand darin, dass der Kellerraum Nr. 2 vom Sondereigentum der Wohnung Nr. 2 des Klägers abzuspalten und mit dem Sondereigentum der Wohnung Nr. 8 zu verbinden war. Der Kellerraum Nr. 2 sollte an die Eigentümer der Wohnung Nr. 8 abgegeben werden. Die Übertragung des streitgegenständlichen Kellerraumes erfolgte in der notariellen Urkunde nicht nach Miteigentumsanteilen getrennt, sondern die Ehegatten D übertrugen das Sondereigentum an den Kläger in einem Zuge. Die Vertragsobjekte wurden nach Angaben der Beteiligten bereits seit längerem vom jeweiligen Erwerber genutzt (Abschnitt VI der Urkunde). Es wurde vereinbart, dass die Vertragsobjekte wertgleich getauscht werden. Den Wert des jeweiligen Kellerraumes veranschlagten die Beteiligten auf 4.500 € (Abschnitt V der Urkunde).

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 16.03.2006 verwiesen.

Mit Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 20.06.2006 setzte das Finanzamt aus einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 4.500 € eine Grunderwerbsteuer von 157 € fest.

Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos.

Mit der Klage beantragen der Prozessbevollmächtigte und der Kläger, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 20.06.2006 und die Einspruchsentscheidung vom 08.08.2006 aufzuheben. Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beantragt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:

Für den Erwerbsvorgang bestehe Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 1 GrEStG. Zivilrechtlich handele es sich bei der Übertragung der beiden Miteigentumsanteile um zwei getrennte Rechtsvorgänge, die lediglich aus Gebührengründen in einer Urkunde zusammengefasst worden seien. Bei der im Streitfall vorliegenden Zugewinngemeinschaft bestünden getrennte Vermögenssphären der Eheleute, die eine getrennte Übertragung der Miteigentumsanteile und damit zwei getrennte Erwerbsvorgänge zwingend erforderlich machen würden. Dies zeige auch ein Vergleich einer Veräußerung einer Einzelperson an Eheleute zu Miteigentum, bei der die Finanzbehörde zwei Erwerbsvorgänge annehmen würde. Im Übrigen habe der Notar unter Ziffer X auf Seite 7 des notariellen Vertrages ausgeführt, dass eine Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 1 GrEStG nicht anfalle.

Das Finanzamt beantragt Klageabweisung, hilfsweise ebenfalls die Zulassung der Revision.

Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass es nach den für das Finanzamt bindenden Verwaltungsanweisungen des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 04.06.2002 (Az. 36-S 4540-017-23871/02) und der OFD Nürnberg vom 18.06.2002 (Az. S 4505-74/St 43) für die Anwendung der Freigrenze bei mehreren Veräußerern und Erwerbern für die Beurteilung der Anzahl der Erwerbe und nachfolgend der Anwendung des § 3 Nr. 1 GrEStG auf die Vertragsgestaltung im Einzelnen ankomme. Mehrere selbständig zu beurteilende Erwerbsgeschäfte lägen nur vor, wenn die Miteigentümer ihre Miteigentumsanteile an dem Grundstück ausdrücklich jeweils durch gesonderte Rechtsgeschäfte übertragen würden. Im Streitfall hätten die Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, das Sondereigentum an dem Kellerraum jedoch gemeinsam und einheitlich im Tauschweg auf den Kläger übertragen. Dies habe im Streitfall dazu geführt, dass für den Kläger lediglich einmal eine Freigrenze von 2.500 € berücksichtigt werden könnte. Bei der Gegenleistung von 4.500 € sei diese Freigrenze aber überschritten worden, so dass die gesamte Gegenleistung von 4.500 € als steuerpflichtig im Rahmen des Grunderwerbsteuerbescheides zu behandeln gewesen sei.

Dem Gericht liegt vom Finanzamt die den streitigen Erwerb betreffende Grunderwerbsteuerakte vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Der an...

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