Entscheidungsstichwort (Thema)

Freiberufliche Tätigkeit eines Gesellschafters nur bei Leistungen gegenüber Auftraggebern - Freiberufliche Einkünfte einer Mitunternehmerschaft - Personengesellschaft als Mitunternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Frage, ob ein Gesellschafter freiberuflich tätig ist, kommt es darauf an, welche Leistungen er im Rahmen der Tätigkeit seiner Gesellschaft gegenüber Auftraggebern erbringt. Nicht entscheidend ist, ob und inwieweit er (auch) für organisatorische und geschäftsleitende Aufgaben im Innenverhältnis des Unternehmens zuständig ist .

Die Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft, die Dritten gegenüber durch die entsprechend qualifizierten Mitunternehmer freiberufliche Leistungen erbringt, sind dann in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren, wenn ein Mitunternehmer zwar als Diplom-Kaufmann oder Diplom-Volkswirt die Qualifikation eines Freiberuflers hat, aber nicht beratend gegenüber Dritten tätig ist, sondern beratende Aufgaben oder Managementaufgaben innerhalb der Mitunternehmerschaft erbringt.

Die Eigenschaft einer Personengesellschaft als freiberuflich ist nicht beeinträchtigt, wenn sich Gesellschafter dahingehend verständigen, dass einer von ihnen für die Organisation des Betriebs zuständig und daneben nur untergeordnet, aber nicht unwesentlich im Außenverhältnis freiberuflich tätig ist.

Der Grundsatz, wonach eine Gesellschaft nur dann freiberuflich tätig ist, wenn alle Gesellschafter als freiberufliche Mitunternehmer zu qualifizieren sind, gilt auch, wenn eine weitere Personengesellschaft (Obergesellschaft) Mitunternehmerin ist. Für die freiberufliche Qualifikation der Obergesellschaft im Rahmen der Untergesellschaft kommt es dabei nur auf die Obergesellschafter an, die im Rahmen der Untergesellschaft tätig sind; denn die Art der Einkünfte der Untergesellschaft wird durch die Tätigkeit ihrer Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit bestimmt.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 15 Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen VIII R 69/06)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob die Klägerin freiberuflich oder gewerblich tätig ist.

Gegenstand der Klägerin ist der Betrieb eines Ingenieurbüros (§ 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 17.12.1997). Beteiligt waren (Vermögens- und Gewinnbeteiligung):

Beteiligungsverhältnis

A

Ingenieure

67 %

B C

10 %

D E

5 %

F G

5 %

H I

5 %

J K

3 %

D-L M

3 %

N O

2 %.

Die Gesellschafterin A - Ingenieure war weiter beteiligt an den als "Standortgesellschaften" bezeichneten P -Ingenieure U , der P -Ingenieure Q , der P -Ingenieure R , der P -Ingenieure T , der P -Ingenieure V , der P -Ingenieure S sowie der W -GmbH (Management Konzepte und Unternehmensberatung). Zwischen den Standortgesellschaften und der Gesellschaft A -Ingenieure besteht eine Vereinbarung über die Erbringung von Dienstleistungen im Konzern und deren Vergütung. Danach übernimmt die Holding verschiedene Leistungen im Interesse und zum Nutzen der Gesellschaften (Teil I, § 1 Abs. 1). Die Gesellschaften haben der Holding dafür die Kosten zu erstatten (Teil I, § 2 Abs. 1). Daneben werden im Konzern Kostenumlagen eines Arbeitskreises berechnet (Teil II, § 4, § 7, Anlage 3). Wegen der Einzelheiten wird auf diese Vereinbarung verwiesen (BP-Handakte).

Die Gesellschafter C, E, G, K und M sind Ingenieure, der Gesellschafter I ist unstrittig ingenieurähnlich tätig. N O ist Diplom-Volkswirt und Fachgruppenleiter der Klägerin für kaufmännische Verwaltung und Controlling. Nach einem Gutachten des Instituts X vom 16.04.2003 soll er in den Jahren 1998, 1999 ca. 1.152 Stunden für die Klägerin, ca. 648 Stunden für die übrigen Standortgesellschaften wie folgt tätig gewesen sein:

geschätzte Anteile

Beschreibung der Leistungen:

22 %

Beratung im Zusammenhang mit dem Aufbau eines Controlling, Analyse der Controllingzahlen, Beratung der Standortgesellschaften zu den Monatszahlen

35 %

Beratung in Sachen Abrechnungsfragen für laufende Projekte, Zusatz- und besondere Leistungen, Beratung in Sachen Honorarverordnung, Schulung von Mitarbeitern, Durchführung von Seminaren über das Thema HOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure

5 %

Beratung bei der Erstellung von Richtlinien und Formblättern

5 %

Schulung auf den Gebieten Angebotserstellung und Aufbau des entsprechenden Formularwesens

3 %

Beratung von Mitarbeitern im Zusammenhang mit dem Mahnwesen

30 %

Beratung im Zusammenhang mit Vertragsgesprächen und -prüfungen

Nach S. 6 des Gutachtens Y vom 17.04.2003 soll O vorwiegend mit der Abrechnung von Ingenieurleistungen nach der HOAI für die Klägerin befasst gewesen sein, Angebote erstellt, Aufträge kalkuliert und artverwandte Tätigkeiten erledigt haben. Insgesamt sei er für die betriebswirtschaftliche Effizienz der Klägerin verantwortlich gewesen. Das Finanzamt vertrat im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Auffassung, die Klägerin sei gewerblich tätig; O sei für die Klägerin und die Standortgesellschaften im Innenverhältnis eingesetzt. Nach außen sei er nic...

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