Entscheidungsstichwort (Thema)

Investitionszulage für KMU-Unternehmen: Zusammenrechnung der Schwellenwerte mehrerer Unternehmen bei gemeinsam handelnder Gruppe von natürlichen Personen - benachbarter Markt für Glasflaschen und PET-Preforms

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einer gemeinsam handelnden Gruppe von natürlichen Personen, die die Mehrheit der Geschäftsanteile an verschiedenen Unternehmen hat, sind hinsichtlich der Frage, ob ein KMU-Unternehmen vorliegt, die Schwellenwerte der durch diese Personen verbundenen Unternehmen zusammenzurechnen.

2. Zur Abgrenzung des benachbarten Marktes für ein Produkt oder eine Dienstleistung im Sinne der KMU-Empfehlung - hier: Glasflaschen und PET-Preforms für Kunststofflaschen (im vorliegenden Fall bejaht)

 

Normenkette

InvZulG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.12.2017; Aktenzeichen III R 14/16)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin als kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne der Empfehlung der EU-Kommission einzuordnen ist und ihr deshalb die erhöhte Investitionszulage zusteht.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Herstellung und der Vertrieb von Verpackungssystemen aus Kunststoff und sonstigen Materialien. Die Geschäftsanteile werden zu gleichen Teilen von ZZ, seinem Cousin YZ, XZ (Sohn von ZZ) und WZ (Sohn von YZ) gehalten. Geschäftsführer sind XZ und WZ.

Die Gesellschafter sind auch die einzigen Kommanditisten der FIRMA 1. Die FIRMA 1 beschäftigte im Jahr 2004 ca. 450 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von über 130 Mio. €. Geschäftsführer der FIRMA 1 sind die Z GmbH, deren Geschäftsanteile von der FIRMA 1 gehalten werden, und V. Wegen der weiteren Zusammenhänge der Firmen in der Zgruppe wird auf das Organigramm auf Blatt 111 der InvZul-Akte des Finanzamts verwiesen.

Die Klägerin wurde 1997 gegründet. Ihre Tätigkeit übt sie in A-Stadt (Thüringen) aus. Die Geschäftsleitung befindet sich in den Räumen der FIRMA 1 in D-Stadt (Bayern). Sie erzielte im Streitjahr 2005 ihren Umsatz fast ausschließlich mit der Herstellung und dem Vertrieb von PET-Preforms, die dazu bestimmt sind, zur Abfüllung von Flüssigkeiten zu Kunststoff-Flaschen aufgeblasen zu werden.

Die Klägerin beantragte für das Kalenderjahr 2005 Investitionszulage von 287.907,50 € (1.151.630 € Bemessungsgrundlage x 25% Investitionszulagensatz). In der beigefügten KMU-Erklärung erklärte sie, das sie ein eigenständiges Unternehmen mit 32 Mitarbeitern, einem Umsatz von 42 Mio. € und einer Bilanzsumme von 30 Mio. € im Wirtschaftsjahr 2004 sei. Das Finanzamt E-Stadt setzte am 02.11.2006, im Anschluss an eine Nachschau, die Investitionszulage 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung mit 268.531,50 € fest.

Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2004-2006 (Prüfungsanordnung vom 17.04.2008) stellte der Prüfer des Finanzamts E-Stadt fest, dass die Voraussetzungen für eines kleines oder mittleres Unternehmen i.S.d. Kommissionsempfehlung nicht vorlägen, da die Einstufungswerte mit der FIRMA 1 und der von dieser beherrschten Unternehmen zu addieren seien.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen und minderte am 29.01.2009 die Investitionszulage für 2005 auf 134.265,00 € (12,5% von 1.074.126 €). Der fristgerechte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin hat Klage erhoben und vorgetragen, dass die Klägerin als eigenständiges Unternehmen zu beurteilen sei und deshalb die Einstufungsgrenzen als mittleres Unternehmen entsprechend der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 06.05.2003 nicht überschritten seien.

Eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen liege nicht vor. Eine Beteiligungsidentität, wie sie im Streitfall aber auch nicht gegeben sei, da an der FIRMA 1 die Z GmbH und Herr V beteiligt seien, reiche hierfür nicht, da sonst für dieses Tatbestandsmerkmal kein eigenständiger Prüfungsbereich verbliebe. Die Gesellschaftsverträge der beteiligten Firmen sähen eine Fortführung der Beteiligung nach zwei Familienstämmen vor und es sei kein gemeinsames Abstimmungsverhalten vereinbart. Dies bestätige gerade die bestehenden Interessengegensätze. Zwischen WZ und XZ bestehe nur eine Verwandtschaft 6. Grades. Von einer familiären Verbundenheit könne nicht ausgegangen werden. Das gemeinsame Handeln im Sinne der KMU-Definition müsse sich auf mehrere Unternehmen erstrecken.

Die Klägerin und die FIRMA 1, bzw. die anderen Firmen, seien nicht in benachbarten Märkten tätig. Die Kommission beziehe sich in Tz. 12 der Empfehlung ausdrücklich auf den wettbewerbsrechtlichen Marktbegriff. Die Klägerin und die FIRMA 1 seien im Rahmen der Produktions- bzw. Vertriebskette nicht auf vor- oder nachgelagerten Märkten tätig. Die FIRMA 1 stelle weder das Granulat für die PET-Rohlinge her, noch blase sie diese auf oder vertreibe sie. Die Klägerin stelle weder Soda für die Glaserzeugung her, noch vertreibe sie Glasflaschen.

Es handle sich auch nicht um verwandte oder ähnliche Produkte wie in der Kommissionsentscheidung vom 07.06.2006, da im Streitfall kein Begriff gena...

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