Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertung eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteils

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH darf sich das Finanzgericht in tatsächlicher Hinsicht die Feststellungen eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteils zu eigen machen, wenn die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vortragen und keine entsprechenden Beweisanträge stellen, die das Finanzgericht nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen nicht unbeachtet lassen kann.

 

Normenkette

FGO § 76

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.11.2010; Aktenzeichen IV B 18/09)

 

Tatbestand

Streitig ist die gesondert und einheitlich festzustellende Höhe des Gewinnes 2001 und 2002 der A und B GdbR C in T .

Der Kläger betrieb in den Streitjahren zusammen mit Herrn B in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts das C in T . Gemäß § 6 des Gesellschaftsvertrags bestand Gesamtgeschäftsführungsbefugnis, Gesamtvertretung.

Die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2001 war am 02.04.2003 abgegeben worden, die Erklärung für 2002 am 28.04.2004. Da die Feststellungserklärung für 2001 nicht unterzeichnet war, wurde die Unterschrift der Gesellschafter am 06.05.2003 nach Aufforderung durch das Finanzamt nachgeholt. Die Feststellungserklärung 2002 war von beiden Gesellschaftern unterzeichnet.

Mit Bescheiden vom 20.05.2003 bzw. 18.05.2004 wurde der Gewinn jeweils erklärungsgemäß auf 48.919 DM für 2001 bzw. ./. 2.554 € für 2002 festgestellt und je zur Hälfte auf die beiden Gesellschafter verteilt.

Am 15.09.2004 erschien der Gesellschafter B beim Finanzamt und behauptete, durch seinen Geschäftspartner A seien in den Jahren 2001 und 2002 jeweils rund 100.000 € unterschlagen worden. Für die übrigen Jahre könne er keine Aussage treffen, da keine Belege mehr auffindbar seien. Er habe ohne Wissen von Herrn A einen neuen Steuerberater beauftragt, für die Jahre 2001 und 2002 anhand der vorhandenen Möglichkeiten die Buchführung und die Abschlüsse neu zu erstellen. Für diese beiden Jahre legte Herr B „berichtigte” Steuererklärungen und Abschlüsse für die GbR vor, die nur von ihm unterzeichnet waren und in denen er sich zum Empfangsbevollmächtigten bestellte. Zudem gab er an, Herr A wisse von den Vorgängen noch nichts.

Danach hat die GbR im Jahr 2001 Umsatzerlöse i.H.v. 812.990 DM und einen Gewinn i.H.v. 231.241 DM erzielt, im Jahr 2002 Umsatzerlöse i.H.v. 417.512 € und einen Gewinn i.H.v. 103.781 €. Hinsichtlich der daraus resultierenden nicht erklärten Umsätze 2001 i.H.v. rund 240.000 DM und 2002 i.H.v. rund 105.000 € und der daraus resultierenden nicht erklärten Gewinne bezichtigte er seinen Geschäftspartner A , den Kläger, der Unterschlagung.

Hintergrund für diese Offenbarung gegenüber dem Finanzamt war wohl, dass der Gesellschafter B alle strafrechtlichen Vorwürfe, die ihn eventuell persönlich treffen könnten, wenn er seine Verdachtsmomente nicht mitteilt, mit dieser Offenlegung von vornherein abwehren wollte. Eine strafbefreiende Selbstanzeige im Sinne von § 371 AO wollte und konnte der Gesellschafter B nicht stellen; zum einen, weil er seiner Überzeugung nach keine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) begangen hatte und zum anderen, weil er kein Geld zur Begleichung der von dem Gesellschafter A hinterzogenen Steuern (insbesondere Umsatzsteuer) hatte.

In der Zeit vom 18.10.2004 bis zum 20.10.2005 fand daraufhin – mit Unterbrechungen – bei der GbR eine Fahndungsprüfung für die Jahre 1998 bis 2002 statt (vgl. Fahndungsprüfungsbericht vom 23.12.2005).

Bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers wurden Aufzeichnungen gefunden, die die Behauptungen des Mitgesellschafters B bestätigen. Für einen Zeitraum von Mittwoch, 27.11., bis Dienstag, 31.12., wurden Computerausdrucke sichergestellt (ErmA 208, 209), welche die Abendumsätze dieser Tage detailliert wiedergeben. Aufgrund der Bezeichnung der Wochentage handelt es sich dabei um das Jahr 2002. Die Summen dieser Tagesabrechnungen (Abend-Umsatz) korrespondieren mit einer weiteren Aufstellung mit der Bezeichnung „Tages-Vergleichsaufstellung 2. Halbjahr 2002” (ErmA 210). In diese Aufstellung, die die Einnahmen der einzelnen Wochentage des 2. Halbjahres 2002 vergleicht, fließen die vorgenannten Tageseinnahmen (Abend-Umsatz) ein. In einer weiteren Aufstellung, die mit „Monatsvergleich 1999 bis 2002” überschrieben ist (ErmA 211), werden für diesen Zeitraum die monatlichen Umsätze verglichen. Auch die Eintragungen in dieser Liste korrespondieren mit den vorgenannten Aufzeichnungen des 2. Halbjahres 2002 bzw. den Tageseinnahmen November/Dezember 2002. Nach der Liste „Monatsvergleich 1999 bis 2002” sind – in Euro – folgende Einnahmen (Abend-Einnahmen) erzielt worden:

1999

2000

2001

2002

498.875 €

491.460 €

433.886 €

415.226 €

Der Prüfer ermittelte daraus in folgender Höhe verkürzte Gewinne (Beträge bis 2001 in DM, 2002 in €):

1998

1999

2000

2001

2002

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