Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Ausbildung zur Bankkauffrau mit nachfolgendem Studium zur Betriebswirt/in (VWA) keine einheitliche erstmalige Berufsausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Ausbildung zur Bankkauffrau mit nachfolgendem Studium zur Betriebswirt/in (VWA) ist nicht als einheitliche erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG zu sehen, da sich das durchgeführte Studium nicht als integrativer Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern als ein die berufliche Erfahrung berücksichtigender Weiterbildungsstudiengang (Zweitausbildung) darstellt, da die Zulassung zu diesem Studium eine vorherige Berufstätigkeit (Berufspraxis) voraussetzt.

2. Ein Studium, das nach dem Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung aufgenommenen wird und eine vorherige Berufstätigkeit voraussetzt, stellt auch dann eine Zweitausbildung dar, wenn bereits vor dem Abschluss der kaufmännischen Ausbildung beabsichtigt war, die Berufsausbildung durch das Studium fortzusetzen.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 63 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine mehraktige erstmalige Berufsausbildung oder eine Zweitausbildung vorliegt.

A, geboren am 14.05.1993, ist die Tochter des Klägers. Nach ihrer Schulausbildung, die sie ohne Abitur bzw. Fachabitur beendete, absolvierte sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau, die sie am 23.01.2013 erfolgreich abschloss. Seit 24.01.2013 ist sie als Bankangestellte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden tätig.

Am 12.03.2013 meldete sie sich bei der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie e.V. (VWA) in 1 für ein berufsbegleitendes Studium mit der Fachrichtung „Betriebswirt/in (VWA)“ an, dass sie zum nächstmöglichen Studienbeginn im Oktober 2013 begann und am 04.02.2017 erfolgreich abschloss.

Laut schriftlicher Auskunft der VWA 1 vom 05.02.2019 setzte die Zulassung zu diesem Studium für eine ausgebildete Bankkauffrau ohne Abitur bzw. Fachabitur eine vorherige Berufstätigkeit (Berufspraxis) voraus, die bei einer im Januar 2013 begonnenen Berufstätigkeit zum Studienbeginn im Oktober 2013 vorlag.

Mit Bescheid vom 20.12.2017 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kindergeld für A ab dem Monat März 2013 ab. Den dagegen fristgemäß eingelegten Einspruch wies sie mit Einspruchsentscheidung vom 16.03.2018 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen vorträgt:

Ihm stehe das beantragte Kindergeld zu. Insbesondere sei A gemäß § 63 Abs. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz (EStG) als Kind zu berücksichtigen.

Sie beabsichtige Geschäftsstellenleiterin einer Bankfiliale zu werden. Hierfür sei neben der Ausbildung zur Bankkauffrau der erfolgreiche Abschluss eines Studiums mit der Fachrichtung „Betriebswirt/in (VWA)“ erforderlich.

In der Ausbildung zur Bankkauffrau und dem Studium zur „Betriebswirt/in (VWA)“ sei eine einheitliche erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu sehen. Die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 03.07.2014 III R 52/13, BStBl II 2015, 152) hierfür erforderlichen Voraussetzungen seien erfüllt, weil zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten sowohl ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehe. Der sachliche Zusammenhang sei zu bejahen, weil die beiden Ausbildungsabschnitte die gleiche Berufssparte betreffen würden. Der enge zeitliche Zusammenhang liege vor, weil objektive Beweisanzeichen vorhanden seien, dass A bereits vor dem Abschluss ihrer Ausbildung zur Bankkauffrau beabsichtigt habe, ihre Berufsausbildung durch ein Studium zur Betriebswirtin (VWA) fortzusetzen und sie nach Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts dieses Studium auch zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgenommen habe.

Im Studium zur Betriebswirtin (VWA) sei nicht deshalb eine Zweitausbildung zu sehen, weil es eine vorherige Berufstätigkeit voraussetze. Der BFH habe in seinem Urteil vom 04.02.2016 III R 14/15, BStBl II 2016, 615 entschieden, dass ein Studium, das nach dem Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung aufgenommen werde und eine vorherige Berufstätigkeit voraussetze, nicht stets, sondern lediglich regelmäßig eine Zweitausbildung sei. Er habe deshalb in seinem Urteil vom 04.02.2016 weiter geprüft, ob von der Regel ausnahmsweise abzuweichen sei. Er habe dies jedoch verneint, weil keine objektiven Beweisanzeichen vorhanden gewesen seien, dass die Ausbildung nach Erreichung des Kaufmannsabschlusses fortgesetzt habe werden sollen.

Im Streitfall liege jedoch ein solcher Ausnahmefall vor, weshalb in der Ausbildung zur Bankkauffrau und dem Studium an der VWA eine einheitliche erstmalige Berufsausbildung zu sehen sei.

Der Kläger beantragt den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 20.12.2017 AZ F 15 KG Nr.: 743FK780225 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.03.2018 AZ E 73504-00532/18 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für das Kind A ab...

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