Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug für Beratungsleistungen zur Durchführung einer Anteilsveräußerung - Voraussetzungen für eine umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für Beratungsleistungen zur Durchführung einer Anteilsveräußerung kann keine Vorsteuer abgezogen werden, weil diese Beratungsleistungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Umsätzen stehen.

2. Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt nicht vor, wenn nur (isoliert) die Inhaberschaft am Unternehmen ohne die die unternehmerische Betätigung vermittelnden Rechtsverhältnisse (Vermietung, Organschaft) übertragen wird.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a, § 4 Nr. 8 Buchst. f; UstG § 15 Abs. 2 Nr. 1; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3; MwStSysRL Art. 17 Abs. 2a, 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.09.2019; Aktenzeichen XI R 33/18)

 

Tatbestand

Die Klägerin war (als alleinige Anteilseignerin) aufgrund der Vermietung von Betriebsgrundstücken umsatzsteuerliche Organträgerin der B. Ende des Streitjahres (04.12.2012) verkaufte sie ihre 100%-ige Beteiligung an der B an einen Dritten. Dabei verkaufte sie den Großteil der Geschäftsanteile gegen Entgelt, einen geringeren Teil brachte sie im Wege der Sachkapitalerhöhung in die Käuferin ein, so dass sie seit der Durchführung zu 25,1% an der Käuferin beteiligt ist. Sie hielt diese Anteile zuvor, ohne (entgeltlich) Geschäftsführerleistungen gegenüber der B zu erbringen.

Für dieses Geschäft hatte sie Beratungsleistungen in Anspruch genommen; aus den Rechnungen begehrt sie den Abzug von Vorsteuer.

Mit ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr (2012) (Eingang beim Finanzamt 17.07.2013) machte sie Vorsteuer insgesamt in Höhe von 769.931,92 € (darin enthalten streitige Vorsteuern in Höhe von 93.861,90 €) geltend. Diese Erklärung stand als nicht zustimmungsbedürftige Erklärung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 S. 1 Abgabenordnung - AO).

Aufgrund einer Außenprüfung (Bericht vom 28.03.2014) änderte das Finanzamt die Festsetzung und erhöhte mit Bescheid vom 25.06.14 die festgesetzte Umsatzsteuer für das Streitjahr von 476.836,52 € auf 570.698,42 €. Einzige Änderung ist die Kürzung der abziehbaren Vorsteuer (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz - UStG) auf 676.070,02 €.

Den fristgerechten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 04.02.2016 als unbegründet zurück. Darin begründet das Finanzamt die Kürzung des Vorsteuerabzugs damit, dass der Verkauf der B nicht im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen erfolgt sei, weil die Erwerberin nicht in die Mietverträge eingetreten sei, die bei der Klägerin die umsatzsteuerliche Organschaft begründet hätten.

Fristgerecht hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Änderungsbescheid vom 25.06.2014 zur Umsatzsteuer 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.02.2016 ersatzlos aufzuheben.

Sie begründet ihre Klage im Wesentlichen wie folgt:

Dem Vorsteuerabzug stehe § 15 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG nicht entgegen, da sie keine umsatzsteuerfreien Umsätze ausgeführt habe. Vielmehr sei die Veräußerung der B eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG; § 1 Abs. 1a UStG). Sie habe die Anteile an der B in ihrem unternehmerischen Bereich gehalten und entgeltlich veräußert. Aus Abschnitt 1.5. Abs. 6 Satz 4 Anwendungserlass zur Umsatzsteuer (UStAE) ergebe sich, dass damit ein Fall der GiG vorliege. Die Beteiligung an der B sei zur Förderung der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin gehalten worden; sie habe unmittelbar in die Verwaltung der B eingreifen können und habe dies auch getan. Sie habe zudem entgeltliche Leistungen an die B erbracht (durch die Vermietung der Betriebsgrundstücke); "Bestandteil dieses Leistungsaustausches" seien auch "administrative und kaufmännische Dienstleistungen" gewesen. Gemäß Abschnitt 2.3 Abs. 3 Satz 5 UStAE stelle daher das Halten der Beteiligung eine unternehmerische Tätigkeit dar. In diese Rechtsverhältnisse sei die Erwerberin eingetreten. Dass die Betriebsgrundstücke nicht mit veräußert wurden, sei unschädlich, da im Unternehmenskaufvertrag auch die langfristige Vermietung dieser Grundstücke an die B geregelt worden sei. Unschädlich sei auch, dass neben den Gesellschaftsanteilen keine weiteren Vermögenswerte übertragen worden seien. Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Januar 2011 V R 38/09 (BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68) ergebe sich vielmehr - wie der Leitsatz ausdrücklich zeige - dass aus der Übertragung aller Gesellschaftsanteile eine GiG folge. Zudem habe auch der Erwerber beabsichtigt, eine umsatzsteuerliche Organschaft mit der B zu begründen. Die B sein ein eigenständiger Unternehmensteil innerhalb der Klägerin gewesen. Der UStAE sei erst nach dem Unternehmensverkauf zu Lasten der Klägerin geändert worden; sie und die Erwerberin wiedersprächen einer rückwirkenden Anwendung auf ihren Fall.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen und begründet ...

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