Entscheidungsstichwort (Thema)

Junges Verwaltungsvermögen, Umschichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Wertpapiere, die im Zeitpunkt des Erbfalls weniger als zwei Jahre dem Vermögen einer Gesellschaft zuzurechnen waren, sind auch dann dem sog. „jungen Verwaltungsvermögen” zuzurechnen, wenn sie aus Umschichtungen und Zukäufen innerhalb eines bestehenden Wertpapierdepots resultieren. Eine teleologische Reduktion des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG 2009 kommt insoweit nicht in Betracht.

 

Normenkette

ErbStG 2009 § 13b Abs. 2 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.01.2020; Aktenzeichen II R 8/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Wertpapiere als junges Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 3 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) zu qualifizieren sind.

Am 00.00.2010 verstarb Frau A 2. Die Klägerin und ihr Bruder sind zu gleichen Teilen Erben geworden. Zum Nachlass der Erblasserin gehörte u.a. eine Kommanditbeteiligung an der Firma V GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) mit Sitz in L. Unternehmensgegenstand der KG ist die Herstellung von ….

Zum Betriebsvermögen der KG gehörten im Zeitpunkt des Erbfalls Wertpapiere. Bei den Wertpapieren handelte es sich ausschließlich um deutsche Bundesanleihen und – obligationen, d.h. endfällige Geldanlagen, und zwar sowohl zum Stichtag (Zeitpunkt des Erbfalls) als auch innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Stichtag und ebenso in dem davor liegenden Zeitraum. Innerhalb der letzten beiden Jahre vor dem Stichtag fanden in dem Wertpapierdepot der KG in Form von Verkäufen und Zukäufen einige Umschichtungen und weitere Erwerbe statt. Die Finanzierung der Käufe erfolgte durch die Verwendung der Erlöse aus endfälligen Geldanlagen, darüber hinaus sind aus nicht aktuell benötigter Liquidität der KG weitere Wertpapiere angeschafft worden, und zwar jeweils in Form von Bundesanleihen und -obligationen.

In der Erbschaftsteuererklärung ist das nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigte Vermögen mit X Euro angegeben, das nicht begünstigte Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG mit 0 Euro. Die Quote des Verwaltungsvermögens betrug nach der Erklärung 22,21 %. In einer der Erbschaftsteuererklärung beigefügten Anlage ist zum jungen Verwaltungsvermögen angegeben, dass in dem Zweijahreszeitraum vor dem Tag der Steuerentstehung nach § 9 ErbStG im Wertpapierdepot der KG Wertpapiere in Höhe von X Euro hinzugekommen und in Höhe von X Euro abgegangen seien. Somit sei per Saldo das Wertpapierdepot um X Euro gestiegen. Es sei die Vermögensumschichtung innerhalb des Depots in Höhe von X Euro und die zusätzliche Vermögensumschichtung auf der Aktivseite in Höhe von X Euro (Aktivtausch) zu unterscheiden.

Beide seien bei zutreffender Gesetzesauslegung nicht als sog. junges Verwaltungsvermögen zu qualifizieren. Die auf die Erblasserin entfallenden Zugänge innerhalb des Zweijahreszeitraums werden in der Erklärung mit X Euro angegeben.

Nach der Mitteilung des Finanzamts R über die gesonderte Feststellung des Wertes des Anteils am Betriebsvermögen auf den 00.00.2010 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 29.10.2013 ist der Wert des Anteils am Betriebsvermögen festgestellt auf X Euro und die Quote des Verwaltungsvermögens mit 15,05% angegeben. Der Mitteilung sind nachrichtliche Angaben u.a. zum jungen Verwaltungsvermögen beigefügt. Danach betrug das junge Verwaltungsvermögen X Euro, das zu gleichen Teilen auf die Klägerin und ihren Bruder entfiel, d.h. jeweils in Höhe von X Euro. Das Finanzamt R, das die Betriebsprüfung bei der KG durchgeführt hat, führt aus, dass gemäß § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG solches Verwaltungsvermögen nicht zum begünstigten Vermögen gehöre, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen gewesen sei. Dies ergebe sich aus R 13b.19 der Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR).

Der Beklagte änderte nach Erhalt dieser Mitteilung den Erbschaftsteuerbescheid und berücksichtigte den um den Anteil des jungen Verwaltungsvermögens (X Euro) geminderten Wert des begünstigten Betriebsvermögens (X Euro). Wegen der Einzelheiten wird auf den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Erbschaftsteuerbescheid vom 22.11.2013 Bezug genommen.

Die Klägerin legte Einspruch gegen den Bescheid ein. Die Wertpapiere, die von der KG in den zwei Jahren vor dem Erbfall angeschafft worden seien, seien kein Verwaltungsvermögen gemäß § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG, soweit deren Anschaffung auf einer reinen Umschichtung innerhalb des Wertpapierdepots der KG beruhe. Nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG gehöre dasjenige Verwaltungsvermögen nicht zum begünstigten Vermögen im Sinne des Abs. 1, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen gewesen sei, sog. junges Verwaltungsvermögen.

Der Inhalt und die Reichweite der Regelung von § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG sei im Wege der Auslegung zu ermitteln. Sinn und Zweck des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG bestehe in der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen. In der Begründung zum Entwurf des Erbschaftsteuerreformgesetzes (ErbStRG) komme insoweit deutlich zum Ausdruck, dass der...

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