Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsbescheid, Erbbaugrundstück, Wohnungs- und Teilerbbaurecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Übertragung eines mit Wohnungs- und Teilerbbaurechten belasteten Erbbaugrundstücks ist nicht für jede Wohnung ein gesonderter Bedarfswert festzustellen, sondern für den Wert des gesamten Erbbaugrundstücks.

 

Normenkette

BewG § 176 Abs. 1, §§ 193-194; ErbbauRG § 1 Abs. 1, § 12 Abs. 1; WEG § 30; BewG § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.08.2020; Aktenzeichen II R 43/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Wert eines Erbbaugrundstücks zutreffend festgestellt wurde.

Eigentümer des betroffenen Grundstücks (Grundbuch von E-Stadt zu einer Größe von 7.404 qm) waren seit dem Jahr 1999 der Vater des Klägers zu einem Anteil von 15/100, die Mutter des Klägers zu 35/100, die Schwester des Klägers zu 25/100 und der Kläger zu 25/100. Das Grundstück ist bebaut mit drei Wohn- und Geschäftshäusern sowie einer Tiefgarage und gelegen in E-Stadt.

In Abteilung II des Grundbuchblattes ist seit dem Jahr 1973 ein Erbbaurecht eingetragen. Im Jahr 1974 wurde dieses Erbbaurecht in Wohnungs- und Teilerbbaurechte aufgeteilt. Für jedes Wohnungserbbaurecht wird ein eigenständiges Grundbuchblatt (Amtsgericht E-Stadt) geführt. Aus diesen Blättern ergeben sich die jeweiligen Erbbauberechtigten. So weist beispielsweise das Grundbuchblatt Frau und Herrn G. als Erbbauberechtigte hinsichtlich der Wohnung Nr. 49 des Aufteilungsplans aus.

Mit notariellem Vertrag vom 06.11.2014 übertrugen die Eltern des Klägers diesem im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich ihre 15/100 bzw. 35/100 Eigentumsanteile an dem eingangs genannten Grundstück. Die Grundbucheintragung wurde dahingehend geändert, dass der Kläger zu ¾ und seine Schwester zu ¼ Eigentümerin des Grundstücks ist. Nach § 3 des notariellen Vertrages sollte das Recht auf Zahlung der Erbbauzinsen nicht auf den Kläger übergehen, sondern bis zu deren Lebensende bei den Eltern des Klägers verbleiben und sodann hinsichtlich des gesamten Grundstücks auf den Kläger und seine Schwester zu jeweils 50 Prozent übergehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 06.11.2014 Bezug genommen.

Mit zwei Anfragen vom 22.10.2015 bat das Finanzamt N den Beklagten unter Hinweis auf die an den Kläger bewirkten Schenkungen, den Grundbesitzwert zu ermitteln. Dabei bezeichnete es den Grundbesitz wie folgt:

Grundbuch/Gemarkung

Blatt

Flur

Flurstück

Bezeichnung/Straße

E-Stadt-C

xxx

xxx

xxx

U-Straße, Q-Straße

Mit Schreiben vom 05.11.2015 bat der Beklagte den Kläger, für die Einheit „E-Stadt, U-Straße” einen Erklärungsvordruck auszufüllen. Gleich lautende Anfragen ergingen hinsichtlich der anderen Wohnungseinheiten.

Der Kläger übersandte mit Schreiben vom 22.01.2016 zwei ausgefüllte Erklärungen zur Feststellung des Bedarfswertes, eine Anlage „Grundstück”, eine Anlage „Ausstattungsstandards” sowie eine selbst erstellte Tabelle, in welcher er Angaben zu den einzelnen Wohnungseinheiten machte. Danach bestand das Objekt aus 102 Einheiten.

Der Beklagte erließ für jede Wohnungseinheit zwei Bescheide, wobei sich der eine auf die Übertragung durch die Mutter und der andere auf die Übertragung durch den Vater des Klägers bezogen. Mit Bescheid vom 01.03.2016 stellte der Beklagte – bezüglich der Übertragung durch die Mutter – für die wirtschaftliche Einheit „U-Straße lt. Aufteilungsplan” einen Grundbesitzwert von 18.366 EUR fest, wobei auf den Anteil des Klägers (35/100) ein Betrag von 6.428 EUR entfiel. Als Art der wirtschaftlichen Einheit war „Wohnungseigentum als Erbbaugrundstück” angegeben. Ein entsprechender Bescheid erging unter dem 01.03.2016 hinsichtlich der Übertragung durch den Vater, wobei dort als wirtschaftliche Einheit „U-Straße lt. Aufteilungsplan” angegeben war und auf den Anteil des Klägers (15/100) ein Betrag von 2.754 EUR entfiel. Mit Änderungsbescheid vom 02.03.2016 änderte der Beklagte die Hausnummer in der Bezeichnung der wirtschaftlichen Einheit „U-Straße lt. Aufteilungsplan”).

Den Grundbesitzwert in Höhe von 18.366 EUR ermittelte der Beklagte aus der Summe des über die Restlaufzeit des Erbbaurechts abgezinsten Bodenwertes und der über diesen Zeitraum kapitalisierten Erbbauzinsen. Dabei legte er einen Liegenschaftszinssatz von 3,00 % zugrunde.

Der Kläger machte mit dem dagegen gerichteten Einspruch unter anderem geltend, der Liegenschaftszinssatz sei mit 3 % zu niedrig angesetzt worden. Zudem sei bei anderen Wohnungseinheiten ein anderer Zinssatz berücksichtigt worden, obwohl die Objekte vergleichbar seien.

Der Beklagte erwiderte, dass nach dem Gutachterausschuss bei Wohnungseigentum zwischen Selbstnutzung und Vermietung zu unterscheiden sei. Bei selbstgenutzten Wohnungen sei ein Liegenschaftszinssatz von 3 % und bei vermieteten Wohnungen ein Satz von 3,9 % anzusetzen. Die Art der Nutzung sei vorliegend anhand der Einheitswertakten überprüft worden.

Der Kläger teilte mit, dass er mit dem Gutachterausschuss telefoniert habe. Dabei habe sich seine Auffassung, dass seine E...

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