Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreier Sanierungsgewinn, steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein steuerfreier Sanierungsgewinn i.S.v. § 3 Nr. 66 EStG kommt nur bei Sanierungseignung des Forderungserlasses und Sanierungsabsicht des auf eine Forderung verzichtenden Gläubigers in Betracht. An der erforderlichen Sanierungseignung fehlt es beim Erlaß nur durch einen Gläubiger. Eine Sanierungsabsicht scheidet beim Erlaß durch den Konkursverwalter aufgrund dessen besonderer Rechtsstellung aus.

2) Für Gewinne, die der Steuerpflichtige während oder nach dem Betriebsaufgabevorgang aus der Abwicklung üblicher Geschäfte erzielt, kommt eine Tarifbegünstigung nach §§ 16, 34 EStG nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG §§ 16, 34; EStG a.F. § 3 Nr. 66

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2005; Aktenzeichen X R 20/03)

BFH (Urteil vom 12.10.2005; Aktenzeichen X R 20/03)

 

Gründe

Zu entscheiden ist noch, ob der Kläger (Kl.) im Kalenderjahr 1993 einen gemäß § 3 Nr. 66 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerbegünstigten Sanierungsgewinn oder einen begünstigten Aufgabegewinn erzielt hat.

Bis zum Jahre 1991 unterhielt der Kl. ein Groß- und ein Einzelhandelsunternehmen in der Obst-, Gemüse- und Südfruchtbranche. Als sich im Jahre 1990 die Möglichkeit eröffnete, in den neuen Bundesländern einen Obst- und Gemüsehandel aufzubauen, errichtete er auch dort einen Groß- und Einzelhandel mit Obst, Gemüse und Südfrüchten. Den Großhandel betrieb der Kl. in der Rechtsform einer GmbH unter der Firma C (GmbH). Wegen ungünstiger Geschäftsentwicklung entstand bis zum Frühjahr 1991 in der Einzelfirma ein Verlust von über 1 Mio DM. Die Einzelfirma war nicht mehr in der Lage, die Forderungen der GmbH zu erfüllen. Über das Vermögen der GmbH wurde im Jahre 1991 das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter machte gegenüber der Einzelfirma Forderungen in Höhe von ca. 650.000 DM geltend. Wie der Kl. in der mündlichen Verhandlung am 29.01.2003 erklärt hat, hat er einen Rechtsstreit gegen den Konkursverwalter angestrengt. In dessen Verlauf schlossen der Kl. und der Konkursverwalter einen Vergleich, worin sich der Kl. verpflichtete, bis zum 31.05.1993 40.000 DM und bis zum 31.12.1994 weitere 30.000 DM an den Konkursverwalter zu zahlen. Mit der Erfüllung des Vergleiches sollten alle Ansprüche zwischen dem Kl. und dem Konkursverwalter erledigt sein. Zum 01.10.1993 erklärte der Kl. die Aufgabe des Betriebes seiner Einzelfirma. Das zum Betriebsvermögen der Einzelfirma gehörende Grundstück W Straße in H übernahm der Kl. in sein Privatvermögen.

Mit der Einkommensteuer (ESt)-Erklärung für das Kalenderjahr 1993 erklärte der Kl. einen Verlust aus seiner Einzelfirma in Höhe von 139.386 DM. Hierbei ging der Kl. von einem Verkehrswert des Grundstückes W Straße in Höhe von 426.932 DM aus. Durch Bescheid vom 02.05.1995 setzte das Finanzamt (FA) die ESt für das Kalenderjahr 1993 auf 0,– DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Nach einer Betriebsprüfung kam das FA zu der Auffassung, dass der Wert des in das Privatvermögen übernommenen Grundstücks W Straße zutreffend mit 772.000 DM anzusetzen sei. Darüber hinaus sei durch den Forderungsverzicht des Konkursverwalters eine Mehrung des Betriebsvermögens und damit ein höherer Gewinn in der Einzelfirma in Höhe von 652.507,15 DM entstanden. Gegen Zahlung von 40.000 DM habe der Konkursverwalter auf Forderungen in Höhe von 738.182,65 DM verzichtet. Dementsprechend änderte das FA die ESt-Veranlagung für das Kalenderjahr 1993 durch Bescheid vom 26.11.1997.

Der hiergegen erhobene Einspruch des Kl. blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung (EE) des FA vom 01.03.1999 ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Wegfall der Warenverbindlichkeiten gegenüber der GmbH führe nicht zu einem steuerfreien Sanierungsgewinn gemäß § 3 Nr. 66 EStG. Ein solcher steuerfreier Sanierungsgewinn setze auf Seiten des auf eine Forderung verzichtenden Gläubigers eine Sanierungsabsicht hinsichtlich des Schuldners der Forderung voraus. Die Vergleichsvereinbarungen zwischen dem Kl. und dem Konkursverwalter enthielten jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Konkursverwalter den Forderungsverzicht erklärt habe in der Absicht, die Einzelfirma des Kl. zu sanieren. Es gehöre auch nicht zu den Aufgaben des Konkursverwalters, einen Betrieb zu sanieren, dessen Inhaber Schuldner des in Konkurs geratenen Unternehmens sei. Der Konkursverwalter habe hier dafür zu sorgen, dass die Forderungen eingezogen würden, um die Ansprüche der Konkursgläubiger befriedigen zu können. Der Konkursverwalter habe vielmehr offenbar nur in dieser Vereinbarung eine Chance gesehen, wenigstens einen Teil der Forderungen zu realisieren. Der Forderungsverzicht des Konkursverwalters sei auch nicht Teil eines allgemeinen Gläubigerakkords gewesen. Die Hauptgläubigerin, die Volksbank H, habe auch nicht teilweise auf ihre Forderungen von mehr als 1 Mio. DM verzichtet. Es sei nicht erkennbar, dass der Teilerlös des Konkursverwalters mit der sechs Monate zuvor getroffenen Ratenz...

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