Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufnahme eines Vorbehaltsvermerks nach § 164 AO, Änderung der Höhe des steuerliches Einlagekonto nach § 27 KStG nach § 129 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung i.S.v. § 164 AO in einen Feststellungsbescheid zum steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG kann nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht mehr erfolgen, weil es sich hierbei im Rahmen einer anzustellenden Gesamtschau der Auswirkungen nicht um eine Änderung zugunsten des Stpfl. handelt.

2) Eine bestandskräftige Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 KStG kann nicht gemäß § 129 AO geändert werden, wenn das Finanzamt den in der Erklärung angegebenen Wert von 0,00 EUR übernommen hat und nicht ohne Weiteres erkennbar war, dass dieser Ansatz unrichtig war.

 

Normenkette

AO § 164; KStG § 27; AO § 129

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.12.2014; Aktenzeichen I B 48/14)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in bestandskräftige Bescheide nachträglich ein Nachprüfungsvorbehalt aufzunehmen ist bzw. ob bestandskräftig gewordene Bescheide über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos geändert werden können.

Durch Gesellschafterbeschluss vom 19. November 2007 wurde das Stammkapital der Klägerin zunächst auf 52.000 EUR erhöht, wobei die Erhöhung durch Aufstockung des Geschäftsanteils (zum Nennwert) der alleinigen Gesellschafterin und Geschäftsführerin N (N) erfolgte. Zugleich wurde das Stammkapital der Gesellschaft durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile um 52.000 EUR auf 104.000 EUR aufgestockt. Die neuen Stammeinlagen waren in Geld zu erbringen, wurden zum Nennbetrag mit einem Aufgeld von 248.000 EUR ausgegeben und von F (F) übernommen. Das Agio in Höhe von 248.000 EUR zahlte F im Januar 2008 ein.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 27. Dezember 2007 beschlossen N und F, das von N der Klägerin gewährte Darlehen in Höhe von 900.000 EUR in eine Kapitalrücklage einzustellen. Soweit Entnahmen aus dieser Rücklage beschlossen würden, sollten diese ausschließlich N zustehen.

Im Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2007 bildete die Klägerin (erstmals) eine Kapitalrücklage in Höhe von 1.148.000 EUR, die sich aus dem Aufgeld in Höhe von 248.000 EUR („Anteile über Nennbetrag”) und den aus dem Gesellschafterdarlehn gegenüber N stammenden „anderen Zuzahlungen in das Eigenkapital” in Höhe von 900.000 EUR zusammensetzte. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag zum 31. Dezember 2007 betrug danach noch 530.177,89 EUR (zum 31.12.2006: 1.823.220,97 EUR). Im Bilanzbericht zum 31. Dezember 2007 ist hierzu ausgeführt, dass im Anlagevermögen der Klägerin erhebliche stille Reserven enthalten seien. Das Gesellschafterdarlehn sei als eigenkapitalersetzend anzusehen. Des Weiteren habe die Gesellschafterin für die Bankverbindlichkeiten Bürgschaften übernommen, so dass eine Insolvenzantragspflicht nicht gegeben sei.

Am 15. Januar 2008 fassten N und F als Gesellschafter der Klägerin den Beschluss, im selben Jahr 60.000 EUR aus der Kapitalrücklage zu entnehmen und dem Darlehenskonto der N zuzuführen. In der Bilanz auf den 31. Dezember 2008 wurde die Kapitalrücklage entsprechend gemindert, und 60.000 EUR wurden dem Gesellschafterdarlehn gegenüber N hinzugerechnet.

Schließlich minderte sich die Kapitalrücklage im Jahre 2009 um 407.000 EUR, die dem Gesellschafterdarlehen der N hinzugerechnet wurden. Gleichzeitig leistete F Einzahlungen in die Kapitalrücklage in Höhe von 352.000 EUR, so dass die Kapitalrücklage nunmehr insgesamt 1.033.000 EUR betrug.

In ihrer Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos für die Jahre 2007 und 2008 wies die Klägerin 0 EUR aus; für das Jahr 2009 gab sie keinen Wert an, sondern ließ das Feld frei. In dem Vordruck KSt 1 A (Körperschaftsteuererklärung) trug die Klägerin in Zeile 33 (Einlagen der Gesellschafter, die nicht das Nennkapital erhöht haben) in den Streitjahren ebenfalls keine Werte ein.

Der Beklagte setzte daraufhin die Körperschaftsteuer für die Streitjahre 2007 bis 2009 erklärungsgemäß mit jeweils 0 EUR fest, und stellte den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2007 bis 2009 erklärungsgemäß (31. Dezember 2007: 1.982.489 EUR; 31. Dezember 2008: 1.889.853 EUR; 31. Dezember 2009: 1.774.284 EUR) und das steuerliche Einlagekonto auf den 31. Dezember 2007 bis 2009 mit jeweils 0 EUR fest. Die Bescheide ergingen jeweils ohne einen Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach Eintritt der Bestandskraft beantragte die Klägerin, die vorgenannten Bescheide gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) unter den Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 4. August 2011 ab. Die Fälle seien abschließend geprüft. Im Übrigen besitze die Klägerin keinen Anspruch auf eine Vorbehaltsfestsetzung. Das Setzen eines Vorbehalts liege im Ermessen der Finanzbehörde.

Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2012) hat die Klägerin Klage a...

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