Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifizierung von Wertpapieren als Finanzinnovation

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein aus zwei Komponenten (Schuldverschreibungen mit variablen Zins und BIP-abhängige Bonds) zusammengesetztes Wertpapier ist als Finanzinnovation i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c) EStG a.F. einzustufen, wenn feststeht, dass nach einer von vornherein bestimmten Zeit eine Trennung der Komponenten erfolgt und somit zumindest für eine der beiden Komponenten auch schon bei Erstemission aufgrund des festgeschriebenen Zinssatzes eine Emissionsrendite ermittelbar sein könnte.

 

Normenkette

EStG (2007) § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.02.2015; Aktenzeichen VIII R 54/12)

 

Tatbestand

Streitig ist die Qualifizierung von Wertpapieren als Finanzinnovationen und die daraus resultierende Besteuerung des Verkaufs der Wertpapiere als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für den Veranlagungszeitraum 2007 geltenden Fassung.

Der Kläger (Kl.) reichte im Rahmen seiner ESt-Erklärung für den Veranlagungszeitraum 2007 die Anlage KAP ein, auf der er u.a. Einnahmen aus EO-Bonds 2005 (29-38) der Republik Argentinien in Höhe von 276,83 EUR nebst anrechenbarer Zinsabschlagsteuer in Höhe von 918,79 EUR und anrechenbarem Solidaritätszuschlag in Höhe von 50,50 EUR angab. Weiterhin wies die Jahressteuerbescheinigung der D. S.A. eine Ersatzbemessungsgrundlage i.H.v. 2.785,80 EUR aus.

Auf Anfrage des Beklagten (Bekl.) im Rahmen der Veranlagungsarbeiten teilte der Kl. hierzu mit, dass er für die in früheren Jahren angeschafften Staatsanleihen der Republik Argentinien (sog. Argentinien-Anleihen) am 26. und 27.7.2005 Argentinien „EO-Units 2005 (29-38) (Par+GDP)” im Nominalwert i.H.v. 32.188 EUR erhalten habe.

Dem lag zugrunde, dass aufgrund der Staatskrise der Republik Argentinien deren Regierung Ende Dezember 2001 die Zins- und Tilgungszahlungen ausgesetzt hatte und somit die ursprünglichen Staatsanleihen wertlos geworden waren. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hatte die „Argentine Bond Restructuring Agency” (ABRA) gegründet, der als Gläubigerin das rechtliche Eigentum an den bisherigen Staatsanleihen übereignet werden sollte, um so die Verhandlungsposition der in der ABRA vertretenen Anleihenbesitzer gegenüber der argentinischen Republik zu stärken. Im Rahmen eines Umtauschangebotes vom 28.12.2004 sind daraufhin die ursprünglichen Argentinien-Anleihen aus dem Depot des Kl. ausgebucht und die EO-Units wie folgt eingebucht worden:

Ausbuchung

Kenn-Nr.

Nennwert

Einbuchung

Kenn-Nr.

Nennwert

ARGENTINE BOND RESTR.AGY PLC DM-ZT. AUF 8,5%DMARG.05 KL.SW

A0DWAF

25.000,00

ARGENTINIEN, REPUBLIK EO-UNITS 2005(29-38) (PAR+GDP)

A0DUDR

13.711,00

ARGENTINE BOND RESTR.AGY PLC DM-ZT. AUF 9%EO ARG.03 KL.SW

A0DWBD

5.000,00

ARGENTINIEN, REPUBLIK EO-UNITS 2005(29-38) (PAR+GDP)

A0DUDR

5.238,00

ARGENTINE BOND RESTR.AGY PLC DM-ZT. AUF 9%EO ARG05REGSKL.SW

A0DWCH

10.000,00

ARGENTINIEN, REPUBLIK EO-UNITS 2005(29-38) (PAR+GDP)

A0DUDR

10.542,00

ARGENTINE BOND RESTR.AGY PLC DM-ZT. AUF 7%DM ARG.04 KL.SW

A0DWAR

5.000,00

ARGENTINIEN, REPUBLIK EO-UNITS 2005(29-38) (PAR+GDP)

A0DUDR

2.697,00

Die Depotübersichten enthalten den weiteren Hinweis, dass der Umtausch der ABRA-Zertifikate gemäß den Abwicklungen des Umschuldungsplanes erfolge.

In den offiziellen Umtauschbedingungen zwischen der ABRA und der Republik Argentinien waren für die Par-Schuldverschreibungen gestaffelte Zinssätze von 1,2 % bis 31.3.2009, 2,26 % bis 31.3.2019, 3,38% bis 31.3.2029 und 4,74 % bis zum 31.12.2038 vereinbart worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Kläger eingereichten Umtauschbedingungen (Bl. 11 d. GA) und die Kopien der Depotübersichten der Sparkasse P. (s. Hefter Einspruchsverfahren 2007 der ESt-Akte) verwiesen.

Die „EO-Units” seien – wie dies von vornherein vorgesehen gewesen sei – dann später am 5.12.2005 in „Par-Schuldverschreibungen” und „GDP-Bonds” getauscht worden (s. Hefter Einspruchsverfahren 2007 der ESt-Akte).

Insoweit reichte der Kl. eine Depotübersicht der Sparkasse P. ein, in der die Sparkasse mitteilt, dass „Units” der Republik Argentinien (WKN A0DUDR) per 30.11.2005 getrennt worden seien. Für jeweils -1- „Unit” erhalte der Kl. – 1 – „Par-Schuldverschreibung” (WKN A0DUDC) und – 1 – „GDP-Bonds” (WKN A0DUDM). Die Umbuchung der neuen Wertpapierkennnummern erfolge ohne Anzeige.

Der Kl. trug vor, dass die Anschaffungskosten den jeweiligen „Par-Schuldverschreibungen” in voller Höhe zuzurechnen seien, da nur diese Wertpapiere einen Anspruch auf Kapitalrückzahlung enthielten.

Er, der Kl., habe am 17.4.2007 Par-Schuldverschreibungen i.H.v. 10.000 EUR zu einem Kurs von 44,02 % = 4.402 EUR zzgl. 6,67 EUR Stückzinsen verkauft. Abzgl. der Börsenplatzgebühr (2,95 EUR), der Zinsabschlagsteuer (398,18 EUR), des Solidaritätszuschlages (21,89 EUR), der Courtage (3,30 EUR), der Provision (11,01 EUR) und der Grundgebühr (4,95 EUR) habe sich ein Wert zum 20.04.2007 i.H.v. 3.966,...

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