Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildung, Wartezeit bis zur Einstellung als Zeitsoldat

 

Leitsatz (redaktionell)

Für ein Kind, das seinen Dienst als Zeitsoldat aus betriebsinternen Gründen der Bundeswehr noch nicht antreten kann, besteht ein Anspruch auf Kindergeld, wenn zu Beginn der Verpflichtungszeit der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht und die Stelle damit als Ausbildungsplatz anzusehen ist.

 

Normenkette

EStG § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 62 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einstellung als Stabsunteroffizier bei der Bundeswehr eine Berufsausbildung darstellt.

Der am xx.4.1992 geborene Sohn des Klägers U. schloss im Januar 2013 eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker ab. Danach war er zunächst arbeitslos gemeldet, woraufhin die Beklagte dem Kläger Kindergeld gewährte, die Festsetzung aber ab Mai 2013 wegen Erreichens der Altersgrenze wieder aufhob.

Am 30.9.2013 stellte der Kläger erneut einen Kindergeldantrag für seinen Sohn U. und wies auf dessen zum 2.1.2014 geplante Einstellung als Zeitsoldat bei der Bundeswehr hin. Aus den vom Kläger eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass aufgrund der Ergebnisse des Annahmeverfahrens eine Einstellung mit dem Dienstgrad Stabsunteroffizier und ein Einsatz im Bereich der Kfz- und Panzertechnik geplant war. Eine Einstellung des Sohnes mit diesem höheren Dienstgrad (und nicht als Anwärter) war aufgrund seiner bereits abgeschlossenen Berufsausbildung als Kfz-Mechatroniker möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die mit dem Kindergeldantrag eingereichten Unterlagen (Bl. 81-84 der Kindergeldakte) Bezug genommen.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass eine Einstellung als Stabsunteroffizier bei bereits vorhandenem und verwertbarem Berufsabschluss keine Berufsausbildung darstelle.

Seinen hiergegen eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, dass eine Berufsausbildung vorliege, solange der Ausbildungscharakter im Vordergrund der Tätigkeit stehe. Hierzu reichte er einen Ablaufplan für den Feldwebelanwärter-/Unteroffiziersanwärter-Lehrgang im Heer ein, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 91 der Kindergeldakte).

Die Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger ergänzend vor, dass die Tätigkeit seines Sohnes mit dem Ausbildungsabschnitt I des Feldwebelanwärter-/Unteroffiziersanwärter-Lehrgangs beginne. Daran schließe sich als Ausbildungsabschnitt II ein Truppenpraktikum an. Der Ausbildungsabschnitt III beinhalte die Vorbereitung auf die zukünftige Funktion als militärischer Vorgesetzter. Dass sein Sohn die formale Bezeichnung „Anwärter” nicht führe, sei unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, dass er dieselbe Ausbildung durchlaufen müsse wie ein Anwärter. Für die Dauer dieser Grundausbildung liege eine Berufsausbildung vor. Auf das hierzu eingereichte Merkblatt der Bundeswehr (Bl. 20 der Gerichtsakte) sowie auf das Schreiben des Majors N. vom 20.11.2013 (Bl. 42 ff. der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

ihm für seinen Sohn U. unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 15.10.2013 und der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2013 Kindergeld für den Zeitraum September bis November 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass auch die Ausbildung eines Soldaten als Offiziersanwärter oder als Unteroffiziersanwärter nur bis zur Ernennung als Offizier oder Unteroffizier eine Berufsausbildung darstelle. Dagegen sei bei einer sofortigen Einstellung zum Unteroffizier keine Berücksichtigung möglich, da weder ein Anwärter- noch ein Ausbildungsdienstverhältnis bestünden.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung, FGO).

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Ablehnung der Kindergeldfestsetzung für den Sohn U. für den Zeitraum September bis November 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).

Der Kläger hat für die streitigen Zeiträume Anspruch auf Kindergeld für seinen Sohn gemäß §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c) des Einkommensteuergesetzes (EStG).

I. Eine Berücksichtigung des Sohnes als Kind in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) EStG) kommt nicht in Betracht, weil sich U. in den Monaten September bis November 2013 unstreitig in keiner Berufsausbildung befand. Die in diesem Verfahren zu beurteilende Tätigkeit begann erst im Januar 2014.

II. U. ist jedoch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c) EStG zu berücksichtigen. Von dieser Vorschrift sind volljährige Kinder erfasst, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fort...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge