Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundstück, Anteil an Hauberggenossenschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Erwerb von Anteilen an einer Hauberggenossenschaft unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 GrEStG.

 

Normenkette

GrEStG § 2; GWaldG NW §§ 1, 2, 3, 9; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.11.2016; Aktenzeichen II R 17/15)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Erwerb von Anteilen an einer Hauberggenossenschaft der Grunderwerbsteuer unterfällt.

Mit notariellem Vertrag vom 14.06.2012 verkaufte und übereignete Herr B. C. an den Kläger das unbebaute Grundstück „J Flur … Nr. …, Landwirtschaftsfläche, Waldfläche, …, 6.829 qm” sowie acht Pfennige von dem in 2.496 Pfennige eingeteilten Haubergskomplex X in X Nr. … bis …. Bei dem Haubergskomplex handelte es sich um eine Waldgenossenschaft nach dem Gesetz über den Gemeinschaftswald im Land Nordrhein-Westfalen (GWaldG NW). Der Haubergskomplex X war unter der Bezeichnung „Hauberggenossenschaft X Komplex X in X” als Eigentümer verschiedener Grundstücke im Grundbuch von X (Amtsgericht T), Blatt … eingetragen. Der Kaufpreis betrug 6.000 EUR für das unbebaute Grundstück und 8.000 EUR für die Haubergspfennige – insgesamt also 14.000 EUR.

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 25.06.2012 Grunderwerbsteuer i.H.v. 700 EUR fest und legte dabei die gesamte Gegenleistung i.H.v. 14.000 EUR als Bemessungsgrundlage zu Grunde.

Der Kläger wurde am 17.07.2012 unter Nennung seines Namens als Eigentümer der acht Pfennige im Grundbuch von X (Amtsgericht T), Blatt … eingetragen.

Der Kläger legte gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung Einspruch ein und machte geltend, die für den Erwerb der Haubergspfennige aufgewendete Gegenleistung i.H.v. 8.000 EUR sei nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Haubergsanteile verkörperten sachenrechtlich kein Teileigentum an den Grundstücken der Genossenschaft. Bei einer Waldgenossenschaft handele es sich nicht um eine Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), da die Grundstücke im Eigentum der Waldgenossenschaft als solcher stünden und die Anteilseigner nicht nach Bruchteilen im Grundbuch der Genossenschaft aufgeführt seien. Das Rechtsverhältnis der Genossen zu der Waldgenossenschaft könne als ein Gesellschaftsverhältnis nach §§ 705 ff. BGB angesehen werden. Mit der Übertragung der Genossenschaftsanteile sei nicht zugleich ein Rechtsträgerwechsel hinsichtlich der Grundstücke der Genossenschaft verbunden. Die Übertragung von Anteilen an Gesamthandsgemeinschaften unterläge der Grunderwerbsteuer nur dann, wenn innerhalb von fünf Jahren 95 % der Anteile den Eigentümer wechselten.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28.09.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er an, die Waldgenossenschaft werde nicht als juristische Person Eigentümerin des Grundvermögens, sondern vertrete lediglich die Gesamthandsgemeinschaft. Die zum Gemeinschaftsvermögen gehörenden Grundstücke seien nämlich in der Weise in das Gemeinschaftsgrundbuch einzutragen, dass sie den Anteilberechtigten zur gesamten Hand zustünden, wobei auf die Nennung der Namen der einzelnen Anteilberechtigten verzichtet werde (§ 42 Abs. 1 GWaldG NW). Die einzelnen Anteilberechtigten erschienen namentlich aber im Anteilgrundbuch (§ 42 Abs. 2 GWaldG NW). Der Anteil am Gemeinschaftwald sei seiner inneren Struktur nach übertragbar (§ 3 Abs. 2 GWaldG NW). Es sei nicht davon auszugehen, dass das Eigentum am Hauberg allein der Hauberggenossenschaft zustehe und dass das Anteilsrecht des einzelnen Genossen lediglich den Inbegriff seiner Nutzungsbefugnisse als Genosse darstelle. Die Eigentumsverhältnisse in den Haubergen könnten mit dem Eigentumsbegriff des BGB, von dem auch das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) ausgehe, nicht erfasst werden. Hauberggenossenschaften gehörten zu den deutschrechtlichen Genossenschaften, bei denen das Eigentum zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern geteilt sei. Das Recht des einzelnen Genossen sei kein Recht an einer fremden Sache, sondern Ausfluss des körperschaftlichen Gesamteigentums. Der Haubergsanteil verkörpere neben dem Mitgliedschaftsrecht sachenrechtlich ein Teileigentum an den Grundstücken der Genossenschaft. Die Rechte der Genossen an den Hauberggrundstücken seien materiell ebenfalls als Eigentum anzusehen.

Der Kläger hat Klage erhoben. Mit dieser macht er ergänzend geltend, die erworbenen Anteile an der Waldgenossenschaft seien keine Grundstücke im Sinne des GrEStG, da sie – trotz der Eintragung der Anteilseigner im Anteilgrundbuch – keinen abgegrenzten Teil der Erdoberfläche darstellten. Nach der Haubergordnung für den Kreis T vom 17.03.1879 (Haubergordnung), welche inzwischen durch das GWaldG NW abgelöst worden sei, habe zwischen den Hauberggenossenschaften und ihren Anteilseignern sowohl ein mitgliedschaftliches als auch ein sachenrechtliches Rechtsverhältnis bestanden. Durch Einführung des GWaldG NW sei das sachenrechtliche Element allerdings weitestgehend verl...

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