Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs beim Vermögenserwerb durch Kapitalanlagegesellschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Erwerbsvorgang i.S. des § 16 GrEStG ist rückgängig gemacht, wenn sich die Vertragsparteien über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt.

2) Die tatsächliche Rückgängigmachung setzt voraus, dass die Vertragsparteien sämtliche Wirkungen aus dem Erwerbsvorgang aufheben und sich so stellen, als wäre dieser nicht zustande gekommen.

3) Die Vereinbarung eines vom ursprünglichen Erwerbsvorgangs abweichenden Kaufpreises gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 InvG ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG schädlich.

 

Normenkette

InvG § 67 Abs. 5 S. 1; GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob durch einen Rückerwerb von Grundstücken die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) erfüllt sind.

Die Klägerin (Klin.) zu 2., die E Bank AG, war in den Streitjahren zu 94 v.H. an der Klin. zu 1., der EFHI GmbH (EFHI), beteiligt.

Die EFHI verwaltete als Kapitalanlagegesellschaft verschiedene Immobilienfonds, u.a. den sog. Fonds I sowie den Fonds II.

Die EFHI war u.a. Eigentümerin eines in D, A-Str. 91, belegenen Geschäftsgrundstücks.

Das Grundstück war für fremde gewerbliche Zwecke vermietet und dem Immobilien-Sondervermögen „Fonds I” zugeordnet. Im Grundbuch war eine Verfügungsbeschränkung gem. § 31 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) zu Gunsten der Depotbank, der E Bank AG, eingetragen.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 09.03.2004 (UR-Nr. 1389/2004 des Notars N1 in T) erwarb die E Bank AG von der EFHI neben einer in T belegenen Immobilie das vorgenannte Geschäftsgrundstück in D zu einem Gesamtkaufpreis von EUR 137.400.000. In den Anlagen zum Kaufvertrag vereinbarten die Vertragsparteien für die Grundstücke Einzelkaufpreise. Für das Grundstück in D veranschlagten die Parteien einen auf Grundlage eines Bewertungsgutachtens vom 10.03.2003 ermittelten Kaufpreis i.H.v. EUR 8.500.000 (Anlage 2 des Vertrags). Der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte zum 09.03.2004. § 10 Abs. 1 des Vertrags enthielt ein einseitig zugunsten der EFHI vereinbartes Rücktrittsrecht bis zum 15.02.2006. Die Auflassung der Grundstücke sollte nach vollständiger Kaufpreiszahlung und Wegfall bzw. Verzicht des vorgenannten Rücktrittsrechts erfolgen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag vom 09.03.2004 verwiesen.

Mit einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ergangenen Bescheid vom 23.03.2004 setzte der Beklagte (Bekl.) gegenüber der E Bank AG für den Erwerb des in D belegenen Grundstücks Grunderwerbsteuer (GrESt) i.H.v. EUR 297.500 fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Eine Eintragung der E Bank AG als Eigentümerin des in D belegenen Grundstücks im Grundbuch erfolgte nicht.

Mit notarieller Urkunde vom 07.03.2006 (UR-Nr. 1133/2006 des Notars N2 aus T) erwarb die EFHI für Rechnung des Immobilien-Sondervermögens „Fonds II” u.a. das in D belegene Grundstück zu einem vorläufig veranschlagten Kaufpreis i.H.v. EUR 6.723.235 zurück (vgl. auch Anlage 1 zum Kaufvertrag). Zu Gunsten der E Bank AG als Depotbank wurde die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung gem. § 26 Abs. 1 Nr. 3 Investmentgesetz (InvG) beantragt. Der Übergang des Grundbesitzes auf die EFHI wurde rückwirkend zum 01.03.2006 vereinbart. Die E Bank AG trat gemäß § 4 Nr. 2 des Vertrages mit Wirkung zum 01.03.2006 alle Rechte und Ansprüche aus den Mietverhältnissen auf den Käufer zurück ab.

Der Ansatz eines vorläufigen Kaufpreises sollte sich daraus rechtfertigen, dass die EFHI als Kapitalanlagegesellschaft gem. § 77 i.V.m. § 67 Abs. 5 InvG verpflichtet war, die von ihr zu erwerbenden Vermögensgegenstände gutachterlich bewerten lassen zu müssen. Zur Bestimmung des vorläufigen Kaufpreises legten die Kaufvertragsparteien den Buchwert des Grundstücks per 28.02.2006 (EUR 7.020.734,62) abzüglich der gezahlten GrESt i.H.v. EUR 297.500 (= EUR 6.723.235) zugrunde. Der endgültige Gesamtkaufpreis sollte nach entsprechender Begutachtung fällig gestellt werden (§ 3 Nr. 2 des Vertrags vom 07.03.2006). Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den vorgenannten Kaufvertrag.

Mit Schreiben vom 14.02.2006 – und somit sowohl vor Abschluss des Rückkaufvertrags als auch vor Ablauf des vertraglich zugunsten der EFHI vereinbarten Rücktrittsrechts zum 15.02.2006 – beauftragte die EFHI den Sachverständigen S zur Ankaufsbewertung des streitgegenständlichen Grundstücks in D. Die sodann auf den 01.03.2006 erfolgte Wertermittlung wies nach Maßgabe des Bewertungsbeschlusses vom 24.03.2006 einen im Ertragswertverfahren errechneten Verkehrswert von EUR 7.230.000 aus. Insofern wird ergänzend verwiesen auf vorgenanntes Gu...

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