Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der zumutbaren Belastung bei getrennter Veranlagung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Ermittlung der zumutbaren Belastung bei getrennter Veranlagung gemäß § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG i.V. mit § 33 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist verfassungsgemäß.

2) Außergewöhnliche Belastungen sind gleichermaßen wie bei einer Zusammenveranlagung zu ermitteln und anschließend je zur Hälfte bei beiden Ehegatten zu berücksichtigen, sofern diese nicht gemeinsam eine andere Aufteilung beantragen.

 

Normenkette

EStG § 26a Abs. 2 S. 1; GG Art. 6; EStG § 33

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen VI R 58/08)

BFH (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen VI R 58/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, wie die zumutbare Belastung bei Aufwendungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei getrennter Veranlagung von Ehegatten nach § 26 a Abs. 2 Satz 1 EStG zu ermitteln ist.

Die kinderlos verheiratete Klägerin (Klin.) erzielte im Streitjahr 2005 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Bei der auf ihren Antrag in Form einer getrennten Veranlagung nach § 26 a EStG mit Bescheid vom 21.04.2006 durchgeführten Einkommensteuer(ESt)-Veranlagung 2005 erkannte das beklagte Finanzamt (FA) zwar antragsgemäß der Klin. erwachsene Krankheitskosten von 3.890 EUR als Aufwendungen nach § 33 EStG an. Es kürzte diesen Betrag aber um eine zumutbare Belastung, indem es den gemeinsamen Gesamtbetrag der Einkünfte der getrennt veranlagten Eheleute von 50.968 EUR, von dem 26.168 EUR auf die Klin. und 24.800 EUR auf ihren Ehemann entfielen, der Berechnung zugrunde legte und davon 5 vom Hundert, nämlich 2.548 EUR, als zumutbare Belastung von den Aufwendungen abzog und den verbleibenden Betrag von 1.342 EUR in voller Höhe bei der Klin. als außergewöhnliche Belastung anerkannte.

Auf den von der Klin. eingelegten Einspruch, mit dem sie u.a. begehrte, dass bei der Berechnung der zumutbaren Belastung allein ihr Gesamtbetrag der Einkünfte von 26.168 EUR zugrunde gelegt werde, hin setzte das FA in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 20.07.2006 die ESt 2005 zu Gunsten der Klin. anderweitig fest, hielt aber im Streitpunkt an der bisherigen Veranlagung fest.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klin. begehrt im Streitpunkt eine erklärungsgemäße Veranlagung mit folgender Begründung: Die Handhabung des FA widerspreche dem Grundsatz der getrennten Veranlagung. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die zumutbare Belastung dürfe nur der Gesamtbetrag der Einkünfte der Klin. berücksichtigt werden. Zwischen ihr und ihrem Ehemann werde in allen Lebensbereichen eine strikte Eigenständigkeit der finanziellen Belange praktiziert. Aus diesem Grunde sei auch der Antrag auf getrennte Veranlagung gestellt worden. Die Handhabung des FA bestrafe sie in wirtschaftlicher Hinsicht dafür, dass sie geheiratet habe. Aufgrund der Eheschließung stehe sie im Streitpunkt steuerlich schlechter dar als zuvor. Die angewandte Vorschrift des § 26 a Abs. 2 Satz 1 EStG verletze den Schutzbereich des Art. 6 des Grundgesetzes (GG). Diese Institutsgarantie schütze die Lebensgemeinschaft verschiedener Menschen. Entscheidend sei aber in diesem Zusammenhang, dass ein Zusammenleben im Rahmen einer kinderlosen Ehe nicht mehr auf der Grundlage beruhe, die der Entscheidung des BVerfG vom 25.01.1992 1 BvL 30/69 zugrunde liege. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Klägerin wird auf ihre Schriftsätze vom 27.08.2006 und vom 18.11.2006 verwiesen.

Die Klin. beantragt,

die ESt-Festsetzung 2005 vom 21.04.2006 in der Fassung der EE vom 20.07.2006 dahingehend zu ändern, dass bei der Berechnung der zumutbaren Belastung im Sinne des § 33 EStG nur der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte berücksichtigt wird hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt es auf seine Ausführungen in der EE vom 20.07.2006 Bezug.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der ESt-Bescheid 2005 vom 21.04.2006 in der Fassung der EE vom 20.07.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klin. nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FA hat die zumutbare Belastung der Klin. im Rahmen der nach § 33 EStG abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastung zutreffend ermittelt.

Nach § 33 Abs. 1 EStG kann die ESt ermäßigt werden, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Abgezogen vom Gesamtbetrag der Einkünfte wird der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt.

Im Rahmen einer – wie im Streitfall auf Antrag der Klin. – durchgeführten getrennten Veranlagung gemäß §§ 26, 26 a EStG ist die zumutbare Belastung gemäß § 33 Abs. 3 Nr. 1 EStG in Verbindung mit § 26 a Abs. 2 Satz 1 EStG zu ermitteln. Nach § 26 a Abs. 2 Satz 1 EStG werden außergewöhnliche Belastungen gleichermaßen wie bei einer Zusammenveranlagung ermittelt und anschließend – und zwar unabhängig...

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