Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgängigmachung eines Grundstückskaufvertrags später als nach 2 Jahren seit Entstehung der Steuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Rückgängigmachung eines Grundstückskaufs gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bzw. eine Nichterfüllung nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG anzunehmen ist, wenn die Erteilung einer Baugenehmigung nicht mehr wahrscheinlich ist und die Kaufvertragsparteien erst rund zwei Jahre nach Ablauf der zweijährigen Frist des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die Aufhebung des Kaufvertrags vereinbaren.

 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 1 Nrn. 2, 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.11.2009; Aktenzeichen II R 11/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt – FA –) es zu Recht abgelehnt hat, die festgesetzte Grunderwerbsteuer GrESt gemäß § 16 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) aufzuheben und ob er zu Recht eine abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 Abgabenordnung (AO) bzw. einen Erlass gemäß § 227 AO abgelehnt hat.

Die Klägerin (Klin.) erwarb mit notariellem Vertrag vom 29.09.1999 (UR-Nr. 245/1999 des Notars N1, E) von der Firma L AG & Co Liegenschaftsverwaltung aus den Grundstücken C, Gemarkung X, Flur 13, Flurstücke 821 und 823, eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 1.227 m².

Nach § 2 des Vertrages erfolgte die Übereignung des Kaufgrundstücks in dem Zustand, in dem es sich zur Zeit des Vertragsabschlusses befand. Der Erwerberin war der Zustand des Kaufgrundstückes bekannt. Der Kaufpreis betrug 466.260 DM und war am 28.02.2000 fällig, frühestens jedoch, wenn zu Gunsten der Käuferin eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist und sämtliche behördlichen Genehmigungen, mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung, vorlagen (§ 3 des Vertrages). Die Besitzübergabe und der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte zum 30.09.1999 (§ 4 des Vertrages).

In § 12 des Vertrages wurde geregelt, dass die Käuferin berechtigt ist, bis zum 28.02.2000 vom Vertrag zurückzutreten, wenn ein negativer Vorbescheid des von der Käuferin zu stellenden Bauantrags bzw. negativer Vorbescheid zum Vorhaben- und Erschließungsvorhaben erteilt wird; ebenso falls der Erschließungsvertrag mit der Stadt C nicht zustande kommt. Außerdem war geregelt, dass das Rücktrittsrecht nur bis zum 28.02.2000 ausgeübt werden konnte.

In einer notariellen Vereinbarung vom 28.02.2000 (UR-Nr. 62/2000 des Notars N1), in der die Frist zur Ausübung des Rücktrittrechts bis zum 31.12.2000 verlängert wurde, stellten die Vertragsbeteiligten ergänzend zur Kaufpreisfälligkeitsvereinbarung in § 3 a des Grundstückskaufvertrages klar, dass mit „sämtliche behördlichen Genehmigungen” im Kaufvertrag vom 29.09.1999 auch solche über die Bebaubarkeit des Kaufgrundstücks gemeint sind.

Das im Grundstückskaufvertrag vom 29.09.1999 vereinbarte Rücktrittsrecht wurde mit verschiedenen notariellen Verträgen, zuletzt mit notariellem Vertrag vom 27.09.2002 (UR-Nr. 436/2002 des Notars N2, E) bis zum 15.09.2003 verlängert, da die Frage der Bebaubarkeit vorher nicht abschließend geklärt werden konnte.

Mit Bescheid vom 17.01.2000 setzte das FA aufgrund des vorliegenden Erwerbsvorganges die GrESt ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 466.260 DM auf 16.319 DM fest. Ein gegen diesen Bescheid am 11.01.2000 eingelegter Einspruch wurde am 14.01.2000 zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 28.01.2004 beantragte die Klin. die Erstattung der GrESt, weil ein abschließender Grunderwerb nicht habe vollzogen werden können, so dass mit Wirkung vom 01.09.2003 unter Bezug auf die UR-Nr. 103/2003 des Notars N3, S der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei. Als Nachweis legte die Klin. eine von ihr in dieser Urkunde erteilte Löschungsbewilligung der Eigentumsverschaffungsvormerkung vom 01.09.2003 vor. Ein Aufhebungsvertrag hinsichtlich des Grundstückskaufvertrages vom 29.09.1999 wurde nicht vorgelegt. Das FA lehnte mit Bescheid vom 30.03.2004 die Aufhebung des GrESt-Bescheides vom 07.01.2000 ab, weil die Voraussetzungen des § 16 GrEStG nicht erfüllt seien und weil die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen sei.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs führte die Klin. aus, der GrESt-Bescheid vom 07.01.2000 sei ersatzlos aufzuheben. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 4 GrEStG seien erfüllt.

Mit Erlöschen des Auflassungsanspruchs des Grundstückserwerbers (Klin.), der mit notarieller Löschungsbewilligung des Notas N3 vom 01.09.2003 UR-Nr. 103/2003 bestätigt und am 05.12.2003 in das Grundbuch eingetragen worden sei, sei auch der Erwerbsvorgang im Sinne des GrEStG rückgängig gemacht worden. Damit sei auch der Auflassungsanspruch der Klin. mit ex-tunc-Wirkung erloschen, an dessen Begründung durch den Grundstückskaufvertrag die GrESt als Rechtsverkehrsteuer anknüpfe. Deshalb sei der vorliegende Erwerbsvorgang auch im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG als rückgängig gemacht anzusehen.

Vom FA müsse auch die Ablaufhemmung gemäß § 16 Abs. 4 GrEStG beachtet werden; das Ergebnis (Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Nic...

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