Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert einer verbindlichen Auskunft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei der Bestimmung des Gegenstandswerts einer verbindlichen Auskunft ist nicht allein auf die Steuerdifferenz abzustellen.

2) Begehrt der Steuerpflichtige eine verbindliche Auskunft im Vorgriff einer geplanten Verschmelzung, sind für den Gegenstandswert neben der Steuerbelastung durch die etwaige Aufdeckung stiller Reserven auch gegenläufige Folgen einzubeziehen, insbesondere die Folgen für die AfA-Bemessungsgrundlage.

3) Der so bestimmte Gegenstandswert ist bei der Gebührenfestsetzung mit 100% und nicht mit 10% anzusetzen.

 

Normenkette

GKG §§ 34, 52; AO § 89 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.04.2015; Aktenzeichen IV R 13/12)

 

Tatbestand

Es ist zu entscheiden, welchen Wert eine verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert gemäß § 89 Abs. 4 Satz 1 Abgabenordnung (AO).

Die Klägerin (Klin) erwarb mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18./19.12.2006 (Nr. A Prot 2006/391 der Urkundenrolle der Notarin R in A) eine 40-ige Kommanditbeteiligung an der Firma S & L GmbH & Co. KG (KG). Der Kaufpreis in Höhe von X EUR wurde fremdfinanziert. Zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen war beabsichtigt, die Klin und die KG im Wege der Anwachsung zu verschmelzen.

Mit Schreiben vom 02.02.2007 beantragte die Klin eine verbindliche Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 AO zu Fragen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verschmelzung möglicherweise aufzudeckenden stillen Reserven, die im Rahmen der beabsichtigten Verschmelzung erfolgen würde. Die Klin bezifferte den Gegenstandswert ihres Antrages zunächst mit X EUR. Mit Schreiben vom 19.02.2007 ermittelte die Klin den Gegenstandswert ihres Antrages auf eine verbindliche Auskunft in Höhe von X EUR dann wie folgt:

Stille Reserven

X EUR

./. Gewerbesteuerrückstellung

./.

X EUR

Rest

X EUR

Steuer nach Halbeinkünfteverfahren

X EUR

Steuer auf nicht begünstigten Teil

X EUR

Summe

X EUR

./. Steuerentlastung in der Zukunft

./.

X EUR

Summe

X EUR

+ Gegenstandswert Grunderwerbsteuer

X EUR

Gegenstandswert

X EUR

Der Beklagte (Bekl) – das Finanzamt (FA) – erteilte die beantragte verbindliche Auskunft mit Schreiben vom 21.02.2007. Mit Bescheid vom 01.03.2007 setzte er die Gebühr für die Bearbeitung des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft auf einen Betrag in Höhe von X EUR fest. Er berechnete den Gegenstandswert der verbindlichen Auskunft wie folgt:

Steuer nach Halbeinkünfteverfahren

X EUR

Steuer auf nicht begünstigten Teil

X EUR

Gewerbesteuerrückstellung

X EUR

Grunderwerbsteuer

X EUR

Gegenstandswert

X EUR

Im Einspruchsverfahren verminderte der Bekl den Gegenstandswert in Höhe des Betrags der Gewerbesteuerrückstellung auf X EUR und setzte die Bearbeitungsgebühr auf X EUR fest. Im übrigen blieb der Einspruch erfolglos.

Im Klageverfahren verfolgt die Klin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass der Bekl den Gegenstandswert unzutreffend ermittelt habe. Zwar sei für die Ermittlung des Gegenstandswerts der erbetenen Auskunft die steuerliche Auswirkung des von dem Antragsteller dargelegten Sachverhalts bedeutsam. Aber der Bekl habe gegenläufige steuerliche Effekte zu Unrecht außer Betracht gelassen. Der BFH, Urteil vom 30.03.2011 – I R 61/10BFH/NV 2011, 1045, Rdnr. 8; Beschluss vom 30.03.2011 – I B 136/10BFH/NV 2011, 1042 Rdnr. 15, weise darauf hin, dass es für verbindliche Auskünfte und die für sie erhobene Gebühr wesensprägend sei, dass sie nicht verwirklichte Sachverhalte betreffe, deren Verwirklichung unsicher sei. Der Gegenstandswert könne sich nicht nach der Steuer eines verwirklichten Sachverhalts bestimmen, sondern nur nach dem Wert der Rechtssicherheit, die hinsichtlich der Bewertung eines geplanten Sachverhalts entstehen. Der BFH, in BFH/NV 2011, 1042 Rdnr. 20, betone, dass die Bindungswirkung der Auskunft der Vorteil sei, der die Gebührenerhebung rechtfertige. Zwar seien für die Bestimmung des Gegenstandswerts die steuerlichen Auswirkungen des von dem Antragsteller dargelegten Sachverhalts maßgebend. Der Gegenstandswert sei aber nicht mit diesen Auswirkungen identisch. Wie bei der Ermittlung des Streitwertes im Aussetzungsverfahren und in Verfahren gegen das Finanzamt gerichteter Auskunftsbegehren sei in einem zweiten Schritt der Wert der Rechtssicherheit in dem vorliegenden Streitfall im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit 10 v.H. der fiktiven steuerlichen Auswirkungen anzusetzen. Zu den steuerlichen Auswirkungen gehörten mögliche Folgewirkungen. Da der Bekl die beantragte Auskunft mit Bescheid vom 21.02.2007 erteilt habe, sei bei der Berechnung des Gegenstandswerts zu beachten, dass sich aufgrund der beabsichtigten Verschmelzung der KG auf die Klin die zukünftigen steuerlichen Abschreibungen um einen Betrag in Höhe von X EUR verminderten. Auf der Grundlage ihres Schreibens vom 19.02.2007 betrage der Gegenstandswert im Streitfall daher X EUR, d.h. 10 v.H. von X EUR. Da die Gebührenregelung gemäß § 89 Abs. 3 bis 5 AO nach der Gesetzesbegründung (...

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