Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsteuer: Bewertung eines Wertpapierdepots

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Wertpapiere i.S. des § 11 Abs. 4 BewG sind für Zwecke der Erbschaftsteuer zwingend mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

2) Dies gilt auch dann, wenn die an einer Börse gehandelten Fondsanteile am Stichtag einen geringeren Kurs als dem Rücknahmepreis erzielen.

 

Normenkette

BewG § 11 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist, mit welchem Wert ein Wertpapierdepot bei der Erbschaftsteuerfestsetzung anzusetzen ist.

Die Erblasserin J verstarb am 00.00.0000 (Samstag). In ihrem notariellen Testament vom 07.09.2012 hatte sie den Kläger mit einer Quote von 4/10, Frau T 1 mit einer Quote von 3/10 und Frau O ebenfalls mit einer Quote von 3/10 als Erben eingesetzt. Sie hatte Testamentsvollstreckung angeordnet. Das Amtsgericht ernannte zum Testamentsvollstrecker T 2.

Zum Nachlass gehörte u. a. ein Wertpapierdepot bei der Bank 1, in dem sich u. a. die Wertpapiere „WERTPAPIER 1” mit der Wertpapiernummer 1 (im Folgenden: WERTPAPIER 1) befanden. In der Anzeige über die Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens der Bank 1 vom 22.02.2013 ist der Wert mit X Euro angegeben.

In der Erbschaftsteuererklärung erklärte der Testamentsvollstrecker dementsprechend X Euro. Beigefügt ist eine Wertpapierübersicht-Druckansicht der Bank mit Aufstellungsdatum 16.02.2013, wonach der Kurs für die 2.670 Stück je X Euro am 15.02.2013 (Freitag) außerbörslich betrug.

Der Beklagte setzte die Erbschaftsteuer hinsichtlich des Klägers auf X Euro bei einem steuerpflichtigen Erwerb von X Euro fest. Dabei berücksichtigte der Beklagte das Wertpapierdepot WERTPAPIER 1 wie erklärt. Den Bescheid vom 21.01.2014 gab er dem Testamentsvollstrecker bekannt. Den Bescheid änderte der Beklagte nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), da der Wert für das Grundvermögen laut Feststellungsbescheid vom 29.01.2014 abweichend berücksichtigt wurde. Die Erbschaftsteuer setzte der Beklagte nunmehr auf X Euro von einem steuerpflichtigen Erwerb von X Euro fest. Auch diesen Bescheid gab der Beklagte dem Testamentsvollstrecker bekannt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 26.02.2014 Bezug genommen.

Der Kläger legte Einspruch gegen den Bescheid vom 21.01.2014 ein. Der für das Wertpapierdepot WERTPAPIER 1 angesetzte Kurswert sei überhöht.

Nachdem der Einspruch nicht weiter begründet worden ist, wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23.05.2014 als unbegründet zurück. Der Kurswert des Wertpapierdepots sei aufgrund der Anzeige der Bank 1 angesetzt worden.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Tagesschlusskurs am 15.02.2013 habe X Euro pro Anteil betragen. Der Kläger bezieht sich dazu auf das Schreiben der Bank 1 vom 26.03.2014, das an ihn gerichtet ist. Darin heißt es:

„Sehr geehrter Herr E,

der Rücknahmepreis der Fondsgesellschaft des WERTPAPIER 1 lag per 15.02.2013 bei X EUR pro Anteil. Da auf Grund der Schließung dieses Fonds die Rückgabe der Anteile an die Fondsgesellschaft nicht mehr möglich ist, können die Anteile ausschließlich über die Börse verkauft werden.

Hier lag der Tagesschlusskurs vom 15.02.2013 an der Stuttgarter Börse bei X EUR pro Anteil.

Der Fonds befindet sich aktuell in der Auflösephase und zahlt alle 6 Monate den Gegenwert der in dem Zeitraum verkauften Immobilien aus. Die Auflösung soll bis zum 30.04.2017 abgeschlossen sein.

Mit freundlichen Grüßen”

In der Erbschaftsteuerakte befindet sich eine Gesprächsnotiz über ein Gespräch zwischen der Sachbearbeiterin des Beklagten und Herrn G von der Bank 1 vom 11.06.2014, in dem es um eine Erläuterung des Schreibens vom 26.03.2014 ging. Herr G hat danach mitgeteilt, dass es sich bei den X Euro pro Anteil um den Rücknahmepreis handele. Dieser setze sich aus dem umgerechneten „Reinvermögen” des Fonds zusammen (Vermögen abzüglich aller Verbindlichkeiten). Parallel zum Rücknahmepreis sei auch immer ein Handel der Fonds-Anteile an der Börse möglich. Im Fall des Klägers sei der Tagesschlusskurs an der Stuttgarter Börse wegen „Panikabschlägen” geringer als der Rücknahmepreis. Dies sei allerdings eine Momentaufnahme. Da aber im Laufe der Auflösungsphase durchaus der Rücknahmepreis zu erreichen sei, könne sich der Börsenkurs laufend ändern. Eine geänderte Anzeige nach § 33 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) werde nicht ergehen. Die Bank sei zur Angabe des Rücknahmepreises verpflichtet, und deswegen sei auch dieser angegeben worden.

Der Kläger beantragt,

die Erbschaftsteuerbescheide vom 21.01.2014 und vom 26.02.2014 sowie die Einspruchsentscheidung vom 23.05.2014 zu ändern und die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung des Tagesschlusskurses am 15.02.2013 von X Euro pro Anteil an dem Wertpapierdepot WERTPAPIER 1 herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Rücknahmepreis gemäß § 11 Abs. 4 Berwertungsgesetz (BewG) der Fondsgesellschaft des WERTPAPIER 1 habe gemäß der Mitteilung der Bank 1 am 15.02.2013 bei X Euro pro Anteil betragen. Er bemesse sich nach dem tatsächlichen Wert des I...

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