Entscheidungsstichwort (Thema)

Offenbare Unrichtigkeit bei Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Eigenkapitals über 0 €

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Hat der Steuerpflichtige keine Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos abgegeben, kann ein Feststellungsbescheid über 0 € nicht aufgrund eines Übernahmefehlers nach § 129 AO zugunsten des Steuerpflichtigen berichtigt werden.

2) Ohne Vorliegen einer Feststellungserklärung ist nicht auszuschließen, dass sich die Behörde bei der Feststellung des steuerlichen Eigenkapitals auf 0 € eigene rechtliche Überlegungen angestellt hat.

 

Normenkette

KStG § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3; AO § 129

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.03.2018; Aktenzeichen I B 129/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein bestandskräftiger Bescheid zum 31.12.2012 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 des KörperschaftsteuergesetzesKStG – geändert werden kann.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom … 2012 gegründete Gesellschaft mit einem Stammkapital von 25.000 EUR. Nach den Eintragungen im Handelsregister (HRB … des Amtsgerichts A.) ist Gegenstand des Unternehmens … und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten.

Alleiniger Gesellschafter der Klägerin ist B. X., der zugleich auch der Geschäftsführer der Klägerin ist

Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin ist unter § 4 Abs. 3 und 4 geregelt:

„50 % der Stammeinlage erbringt der Gesellschafter B. X. sofort in bar, im Übrigen, sobald die Gesellschafterversammlung die Einforderung beschließt.

Weiterhin verpflichtet sich der Erschienene als Gründungsgesellschafter, als Agio für die gezeichnete Stammeinlage neben der Bareinzahlung seine Einzelfirma „B. X. e.K.” mit einem positiven Eigenkapital in Höhe von 53.422,22 EUR auf die X. GmbH i.G. zu übertragen und abzutreten, wobei die Gesellschaft hierfür keine Gegenleistung zu erbringen hat. Die Übertragung der Einzelfirma B. X. e.K. erfolgt mit allen Aktiva und Passiva. Besondere Gesellschafterrechte sollen durch diese Übertragung und Abtretung nicht begründet werden. […]”

Aus einem von der Klägerin am 16.8.2012 beim Beklagten eingereichten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft ergibt sich, dass die Klägerin ihre Tätigkeit bereits am 1.1.2012 aufgenommen hat und dass von dem Stammkapital i.H.v. 25.000 EUR ein Betrag von 12.500 EUR eingezahlt ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag und den Fragebogen verwiesen.

Für das Jahr 2012 gab die Klägerin keine Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 2 KStG ab.

Am 20.12.2013 reichte die Klägerin eine Körperschaftsteuer- und eine Gewerbesteuererklärung ein, worin sie einen Steuerbilanzgewinn von … EUR erklärte. Gleichzeitig legte sie eine Eröffnungsbilanz zum 1.1.2012 vor, in welcher unter der Position „A. Eigenkapital” eine Kapitalrücklage von 53.422,21 EUR ausgewiesen war. Auch in der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2012 war die Kapitalrücklage von 53.422,21 EUR ausgewiesen. Weitere Angaben zu der Kapitalrücklage finden sich weder in der Bilanz noch im beigefügten Kontennachweis noch in den Steuererklärungen.

Mit Bescheid vom 2.4.2014 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 KStG zum 31.12.2012 stellte der Beklagte das steuerliche Einlagekonto mit 0 EUR fest. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und wurde bestandskräftig.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 21.12.2015, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2012 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 129 der AbgabenordnungAO – zu ändern und das steuerliche Einlagekonto mit 53.422,21 EUR festzustellen. Sie erklärte, in der Steuerbilanz sei die Kapitalrücklage in entsprechender Höhe ausgewiesen. Da sie für 2012 bis 2014 keine Feststellungserklärungen abgegeben habe, komme die Änderung gemäß § 129 AO in Betracht.

Mit Bescheid vom 5.1.2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheids zum 31.12.2012 gemäß § 129 AO ab.

Dies begründete er damit, in der Körperschaftsteuererklärung für 2012 sei kein Zugang zum steuerlichen Einlagekonto vermerkt worden. Daher handle es sich nicht um einen „Übernahmefehler”. Auch der Umstand, dass die Kapitalrücklage in der Bilanz zum 31.12.2012 ausgewiesen worden sei, führe nicht zu einem Anwendungsfall des § 129 AO. Denn in diesem Fall könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Zugang zum steuerlichen Einlagekonto aufgrund einer fehlerhaften Rechtsauslegung nicht berücksichtigt worden sei. Die Möglichkeit einer fehlerhaften Rechtsanwendung schließe die Anwendung der vorgenannten Vorschrift jedoch aus.

Den dagegen am 1.2.2016 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 7.4.2016 als unbegründet zurück. Dies begründete er damit, der Sachbearbeiter habe bei der Bearbeitung der Steuererklä...

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