Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 dürften gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleiteten Vertrauensschutz verstoßen, soweit Grundstücksveräußerungen erfaßt werden, die vor dem Gesetzesbeschluß durch den Bundestag am 24.3.1999 getätig wurden.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1, 1 Nr. 1, § 52 Abs. 39

 

Tatbestand

I.

Im Hauptsacheverfahren 4 K 6103/00 E ist streitig, ob der Antragsgegner (Ag.) Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft, dem Verkauf eines Hausgrundstücks, der Besteuerung zu Recht zugrunde gelegt hat.

Der Antragsteller (Ast.) ist bei der Bundesforstverwaltung beschäftigt. Im Jahr 1990 wurde er nach N versetzt. Da dem Ast. keine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt wurde, kauften die Antragsteller (Ast.) dort am 01.08.1990 ein mit einem Reihenhaus bebautes Grundstück. Im Jahr 1994 erfolgte eine Versetzung des Ast. an das Bundesforstamt L. Dort bewohnten die Ast. eine Dienstwohnung. Das Haus in N vermieteten sie. Im Jahr 1999 wurde der Ast. an das Bundesforstamt S versetzt. Eine Dienstwohnung wurde dem Ast. hier nicht zur Verfügung gestellt. Die Ast. verkauften das Haus in N am 05.03.1999 und erwarben im April 1999 ein Haus in B. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Ast. im Hinblick auf den Verkauf des Hauses Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, beantragten jedoch zugleich, diese Einkünfte von der Besteuerung auszunehmen. Zur Begründung führten sie aus, eine Besteuerung bedeute eine unangemessene Härte, weil die Veräußerung des Grundstückes in N zur Finanzierung des Grundstückserwerbs in B erforderlich gewesen und die durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG 99/00/02) herbeigeführte Änderung des § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht vorhersehbar gewesen sei. Der Ag. legte der Besteuerung gleichwohl Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zugrunde. Der Einspruch der Ast. hatte hinsichtlich der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung heißt es hierzu, der Gewinn aus der privaten Grundstücksveräußerung sei entsprechend der ab 1999 geltenden Rechtslage zutreffend ermittelt und der Versteuerung unterworfen worden. Mit der Neufassung des § 23 EStG habe der Gesetzgeber private Veräußerungsgeschäfte in größerem Umfang als bisher der Besteuerung unterwerfen wollen. Eine unbillige Härte im Sinne des § 163 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) sei nicht gegeben. Die Voraussetzungen einer niedrigeren Steuerfestsetzung aus persönlichen Billigkeitsgründen lägen nicht vor. Ein Erlaß aus persönlichen Billigkeitsgründen komme ebenfalls nicht in Betracht. So hätten die Ast. frei darüber entscheiden können, ob sie den Erwerb des Hauses in B durch den Verkauf des Hauses in N oder durch Mieteinnahmen aus der Vermietung dieses Objekts sicherstellen wollten. Zudem ergebe sich aus der Steuerfestsetzung keine finanzielle Belastung, die die Ast. in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährde.

Die Ast. haben gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung Klage erhoben, über die der Senat noch nicht entschieden hat. Nachdem der Ag. die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für das Einspruchsverfahren ausgesetzt hatte, hat er einen für das Klageverfahren gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Zur Begründung ihres Antrags machen die Ast. geltend, es bestünden insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides, als der Ag. Einkünfte aus der Veräußerung des Grundstücks in N zugrunde gelegt habe. Insbesondere sei § 23 EStG in der Fassung des StEntlG 99/00/02 insoweit verfassungswidrig, als bereits abgeschlossene Sachverhalte erfaßt würden. Es liege eine echte Rückwirkung vor, die verfassungswidrig sei. Das StEntlG 99/00/02 sei am 24.03.1999 beschlossen worden. § 23 EStG sei jedoch auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem 31.12.1998 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag beruhe. Sie, die Ast., hätten das Haus in N am 05.03.1999 verkauft. Unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sei daher § 23 EStG in seiner Fassung vor Erlaß des StEntlG 99/00/02 (EStG alte Fassung – a.F.) anzuwenden. Die Vorgehensweise des Ag. verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Sie, die Ast., seien zudem wesentlich in ihren Grundrechten beeinträchtigt. § 23 EStG greife übermäßig in ihre planerische Gestaltungsfreiheit ein. Es werde eine unverhältnismäßig lange Spekulationsfrist festgelegt. Diese würde zudem auf zurückliegende Sachverhalte erstreckt, so daß für den Steuerpflichtigen eine sachgerechte Planung nicht möglich gewesen sei. Jedenfalls sei eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns aber unbillig. Der Ag. habe die Besonderheiten ihres, der Ast., Falles nicht hinreichend ...

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