rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG bei Heirat und Zusammenzug der Ehegatten im Dezember und Antrag auf Zusammenveranlagung

 

Leitsatz (redaktionell)

Sind bisher in eigenen Haushalten lebende Steuerpflichtige mit jeweils einem eigenen Kind erst ab ihrer Heirat im Dezember des Veranlagungszeitraums zusammengezogen und beantragen sie die Zusammenveranlagung, so steht ihnen kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu. Die Ehegatten gelten aufgrund der Zusammenveranlagung unabhängig davon, dass die Ehe erst im Dezember geschlossen wurde und die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung erstmalig im Dezember erfüllt wurden, gemäß § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG in keinem Kalendermonat dieses Veranlagungszeitraums als alleinstehend mit der Folge, dass ihnen auch kein nach Maßgabe des § 24b Abs. 4 EStG ermäßigter Entlastungsbetrag für den Zeitraum von Januar bis November zusteht.

 

Normenkette

EStG § 24b Abs. 1, 3 S. 1, Abs. 4, § 26 Abs. 1, § 26b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2021; Aktenzeichen III R 57/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die seit 17. Dezember 2015 miteinander verheirateten Kläger leben angabegemäß erst seit der Eheschließung gemeinsam im Haushalt des Klägers in M. Der Sohn P des Klägers (geb. 17. Februar 1993) war ganzjährig dort, die Tochter V der Klägerin (geb. 12. Juli 1995) war bis 17. Dezember 2015 im bisherigen Alleinhaushalt der Klägerin in W gemeldet.

In der Einkommensteuererklärung desStreitjahres beantragten die Kläger Zusammenveranlagung und machten für die vorgenannten Kinder jeweils den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EinkommensteuergesetzEStG –) geltend, den das beklagte Finanzamt im Einkommensteuerbescheid vom 2. Januar 2017 versagte.

Zur Begründung des hiergegen gerichteten Einspruchs trugen die Kläger vor, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingtarifs erst ab der Eheschließung sowie dem gleichzeitig erfolgten Zuzug der Klägerin und damit in keinem vollen Monat des Streitjahres vorgelegen hätten.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14. November 2018 als unbegründet zurück. Durch Wahl der Zusammenveranlagung würden die seit 17. Dezember 2015 verheirateten Kläger die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 26 Abs.1 EStG) erfüllen. Sie seien daher gemäß § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG nicht mehr alleinstehend i.S.d. § 24b Abs. 1 EStG.

Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage tragen die Kläger ergänzend vor, nach seinem Wortlaut gelte § 26 Abs.1 EStG nur für Ehegatten und damit im Streitfall mangels Eheschließung nicht für Zeiträume vor dem 17. Dezember 2015. Hätte der Gesetzgeber den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in solchen Fällen ausschließen wollen, hätte er in § 24b Abs. 4 EStG keine monatsweise Betrachtung, sondern, wie in § 26 Abs. 1 EStG, eine jahresbezogene Formulierung gewählt. Für die monatsweise Betrachtung spreche ferner, dass der Gesetzgeber die Negativvoraussetzungen, nämlich „Anwendung des Splitting-Verfahrens” und „Haushaltsgemeinschaft mit einer volljährigen Person” gleichwertig nebeneinandergestellt habe, die Finanzverwaltung jedoch nur im Falle des Bestehens einer Haushaltsgemeinschaft mit einer volljährigen Person eine monatsweise Betrachtung i.S.d. § 24b Abs. 4 EStG anwenden wolle.

Die Kläger beantragen, unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2015 vom 2. Januar 2017 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14. November 2018 für den Sohn P des Klägers sowie für die Tochter V der Klägerin jeweils einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 1.908 EUR zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 2015 entsprechend herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, dass § 26 Abs. 1 EStG gerade keine monatsweise Betrachtung eröffne. Der Eintritt der Voraussetzungen für das Splitting-Verfahren zu einem beliebigen Zeitpunkt im Veranlagungszeitraum eröffne das Ehegattenwahlrecht für den gesamten Veranlagungszeitraum und wirke sich damit notwendigerweise auf den gesamten Veranlagungszeitraum aus. Die zeitanteilige Gewährung des 24b Abs. 4 EStG gelte nach der Verwaltungsauffassung sowie der herrschenden Lehre und Rechtsprechung für den jahresbezogenen Ausschlusstatbestand des § 26 EStG nicht.

Am 27. November 2019 hat Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Auf das Protokoll hierzu wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat bei beiden Klägern zu Recht keinen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende berücksichtigt, da sie im gesamten Streitjahr nicht alleinstehend i.S.d. § 24b Abs. 1 EStG waren.

a) Nach § 24b Abs. 1 EStG können alleinstehende Steuerpflichtige einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.908 EUR im Kalenderjahr von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG

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