Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb eines widerruflich Bezugsberechtigten bei einer Lebensversicherung bei teilweiser Eigenzahlung der Versicherungsprämien

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Erwerb einer Lebensversicherungssumme durch einen widerruflich Bezugsberechtigten unterliegt insoweit nicht der Erbschaftsteuer, als er auf eigenen Zahlungen der Versicherungsprämien aus eigenem Vermögen beruht.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 333; VVG § 166

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 05.12.2008; Aktenzeichen II R 56/06)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 18.1.2000 und der Einspruchsentscheidung vom 24.9.2003 wird die Erbschaftsteuer auf 2.790,11 EUR (5.457 DM) herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 6/10 und der Beklagte zu 4/10.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Erwerb eines widerruflichen Bezugsberechtigten aus einer Lebensversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) der Erbschaftsteuer unterliegt, wenn er die Versicherungsprämien dafür (teilweise) selbst gezahlt hat.

I.

Der am 1.10.1998 in München verstorbene Erblasser … hatte im V. mit der … Lebensversicherungs-AG geschlossenen Versicherungsvertrag Nr. … 677 0 vom 1.3.1994, dessen Versicherungsnehmer und auch versicherte Person er war, zugunsten seiner Lebensgefährtin, der Klägerin, eine widerrufliche Bezugsberechtigung auf den Todesfall eingeräumt. Der Auszahlungsbetrag betrug nach Mitteilung der … Versicherung 47.721,50 DM (Bl. 8 Finanzamts-Akte).

Ferner war der Erblasser Versicherungsnehmer der Versicherung Nr. … 678 8 seit dem 1.6.1994 bei der … Lebensversicherungs-AG; versicherte Person war die Klägerin. Ab 4.12.1998 wurde die Klägerin auch Versicherungsnehmerin dieses Vertrages. Der Rückkaufswert einschließlich Gewinnbeteiligung betrug 14.673,10 DM, die eingezahlten Beträge 22.654,22 DM (Bl. 11 Finanzamts-Akte).

Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 18.1.2000 (Bl. 19 Finanzamts-Akte) setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer für den Erwerb der Klägerin wie folgt fest:

Erwerb

62.395 DM

./. Freibetrag, § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG

10.000 DM

steuerpflichtiger Erwerb – abgerundet

52.300 DM

Steuerklasse III, Steuersatz 17 %

17 % * 52.300 DM =

8.891 DM

Als Besteuerungsgrundlage wurden folgende Werte angesetzt:

… Lebensversicherung Nr. … 677 0

47.722 DM

(Bl. 8 Finanzamts-Akte)

… Lebensversicherung Nr. … 678 8

(Rückkaufswert)

14.673 DM

(Bl. 11 Finanzamts-Akte)

62.395 DM

Im Einspruchsverfahren brachte die Klägerin vor, dass die monatlichen Versicherungsprämien in Höhe von 165,10 DM (Vertrag Nr. … 677 0) für 24 Monate (insgesamt 3.962,40 DM) und die Prämien für die Vertrags Nr. … 678 8 in Höhe von 422,90 DM seit Oktober 1996 25 Monate lang (insgesamt 10.572,50 DM) von ihr aus eigenem Vermögen bezahlt worden seien, so dass der ausbezahlte Versicherungsbetrag bzw. der Rückkaufswert nicht der Erbschaftsteuer unterliege (Bl. 24 Finanzamts-Akte).

Die Zahlungen wurden durch entsprechende Kontoauszüge der Klägerin nachgewiesen (Bl. 77 ff Finanzamts-Akte). An Prämien wurden für Versicherung Nr. … 677 0 insgesamt DM 9.245 und für den Versicherungsvertrag Nr. … 678 8 DM 22.654 erbracht.

Der Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung vom 24.9.2003).

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass die Auszahlung der Lebensversicherungssumme das Ergebnis ihrer eigenen Prämienzahlungen ab 1996 gewesen sei (s. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.12.1993, 4 K 1130/93, EFG 1994, 665).

Da der Erblasser ab 1.1.1996 arbeitslos geworden sei, habe sie die Beträge als ihre Beiträge weiter bezahlt.

Obwohl sie nur widerruflich und für den Todesfall bezugsberechtigt gewesen sei, hätte der Erblasser nicht ohne ihre Einwilligung die Bezugsberechtigung ändern können. Dadurch, dass sie die Prämien bezahlt habe, zu deren Leistung der Erblasser aufgrund seiner Arbeitslosigkeit nicht in der Lage gewesen sei, habe er sie als Bezugsberechtigte im Vertrag belassen, andernfalls hätte sie ihre Zahlungen eingestellt.

Wirtschaftlich betrachtet sei der Erblasser daher bei der Gestaltung des Versicherungsvertrages von ihrem Willen abhängig gewesen. Sie habe damit faktisch die Stellung des Versicherungsnehmers innegehabt.

Bezüglich des Versicherungsvertrages Nr. … 678 8 sei ihre Position im Innenverhältnis noch stärker gewesen als bei dem anderen Versicherungsvertrag, weil sie auch versicherte Person gewesen sei. Insoweit handele es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinne von § 74 VVG, bei der die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zuständen, § 75 Abs. 1 VVG.

Wenn sie selbst die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend machen könne, sei ihre Stellung im Innenverhältnis der...

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