rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzlich keine doppelte Haushaltsführung eines am auswärtigen Arbeitsort langjährig in einer festen Partnerschaft lebenden Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unterhält ein Alleinstehender, der am Beschäftigungsort wohnt, an einem anderen Ort einen eigenen Hausstand, besteht mit zunehmender Dauer besonderer Anlass zu prüfen, wo sich sein Lebensmittelpunkt befindet. Bei nicht verheirateten Arbeitnehmern spricht, je länger die Auswärtstätigkeit dauert, immer mehr dafür, dass die eigentliche Haushaltsführung und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort verlegt wurden und die Heimatwohnung nur noch für Besuchszwecke vorgehalten wird. Indizien können sein, wie oft und wie lange sich der Arbeitnehmer in der einen und der anderen Wohnung aufhält, wie beide Wohnungen ausgestattet und wie groß sie sind. Von Bedeutung sind auch die Dauer des Aufenthalts am Beschäftigungsort, die Entfernung beider Wohnungen sowie die Zahl der Heimfahrten. Erhebliches Gewicht hat ferner der Umstand, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen.

2. Der Lebensmittelpunkt eines in fester Partnerschaft lebenden Arbeitnehmers befindet sich regelmäßig in der gemeinsamen Wohnung (Anschluss an FG Hamburg v. 16.10.2001, VI 148/01). Wohnt die Steuerpflichtige schon über 20 Jahre am auswärtigen Beschäftigungsort, davon seit ca. 10 Jahren in einer gemeinsamen Wohnung mit ihrem Lebensgefährten und fährt sie ca. 31mal im Jahr an den Wochenden bzw. im Urlaub in ihre eigene, 130 km entfernte Wohnung im Haus ihrer Eltern in ihrem früheren Heimatort, so liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen gleichwohl am auswärtigen Beschäftigungsort, wenn dort u. a. gemeinsam mit dem Lebensgefährten auch private Unternehmungen, z. B. mit der dort wohnenden Familie des Lebensgefährten, in Kursen und mit Freunden unternommen worden sind, der Lebensgefährte nicht regelmäßig mit der Steuerpflichtigen zu deren Eltern mitgefahren ist, für den Lebensgefährten nach eigener Aussage der auswärtige Beschäftigungsort den Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellt, es sich bei den Heimfahrten der Steuerpflichtigen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eher um Besuchsfahrten zur Betreuung ihrer betagten Eltern gehandelt hat und wenn ferner keine größeren Freizeitaktivitäten bzw. –abgesehen von den Eltern– keine privaten Kontakte am früheren Heimatort nachgewiesen werden. Bei diesem Sachverhalt führt es zu keinem anderen Ergebnis, dass die Steuerpflichtige Eigentümerin der von ihr genutzten Eigentumswohnung im Haus der Eltern ist, dass diese Wohnung mit 70 qm größer als die 58 qm große, angemietete Wohnung am Beschäftigungsort ist und dass die Steuerpflichtige nach wie vor am Wohnort der Eltern gemeldet ist und am auswärtigen Beschäftigungsort Zweitwohnungsteuer zahlt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Sätze 1-2, § 19 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung vorliegen.

Die ledige Klägerin erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und wurde vom Finanzamt (FA – Beklagter), zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In ihren EStErklärungen 2006 bis 2008 machte sie u.a. Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung i.H.v. insgesamt 7.774 EUR (1.833 EUR [47 × 130 km × 0,30 EUR/km] Fahrtkosten + 5.209 EUR Miete + 732 EUR Tiefgaragen[TG]-Stellplatz) im Jahr 2006, 7.854 EUR (1.833 EUR Fahrtkosten + 5.289 EUR Miete + 732 EUR TG-Stellplatz) im Jahr 2007 und 7.901 EUR (1.833 EUR Fahrtkosten + 5.336 EUR Miete + 732 EUR TG-Stellplatz) im Jahr 2008 geltend. Als Mittelpunkt der Lebensinteressen gab sie A an. Sie ist dort Eigentümerin eines 2/3 Miteigentumsanteils verbunden mit dem Sondereigentum an der ca. 70 m² großen Wohnung im Dachgeschoss (DG) an einem im Jahr 1993 fertig gestellten und nach § 3 Wohnungseigentumsgesetz in zwei Wohnungen geteilten Zweifamilienhauses. Eigentümer der Erdgeschoss (EG)-Wohnung waren im Streitzeitraum der am 8. Dezember 2009 verstorbene Vater der Klägerin und die Mutter. In B wohnte die Klägerin in einer 57,22 m² großen Wohnung, die sie seit 1. Januar 1997 zusammen mit ihrem Lebensgefährten R gemietet hat.

Das FA erkannte die geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung nicht an und setzte die ESt 2006 im Bescheid vom 10. April 2008 mit 8.046 EUR, die ESt 2007 im Bescheid vom 27. März 2009 mit 8.826 EUR und die ESt 2008 im Bescheid vom 19. März 2010 mit 9.651 EUR fest. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies es mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2010, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin weiterhin die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung begehrt. Zur Begründung trägt sie vor, sie besitze in A eine Wohnung von ca. 70 m² mit einem Garten, die sie seit Beginn der doppelten Hau...

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