rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttung bei Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen vom Aufsichtsrat unter Verstoß gegen die Organzuständigkeit getätigten Wertpapiergeschäften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Regelung des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG verbietet es, dem Aufsichtsrat Maßnahmen der Geschäftsführung zu übertragen und besagt darüber hinaus, dass der Aufsichtsrat dem Vorstand die diesem zustehende Geschäftsführungsinitiative nicht nehmen und der Vorstand sie sich nicht nehmen lassen darf.

2. Eine Aktiengesellschaft hat als Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre, für die die Regelungen des AktG nicht gelten.

3. Überträgt ein Vorstandsmitglied einem Mitglied des Aufsichtsrats die eigenverantwortliche Durchführung von Wertpapiergeschäften, so verletzen sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat durch die Nichtbeachtung der gesetzlichen Begrenzung der Organzuständigkeiten ihre Sorgfaltspflichten und sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.

4. Verdeckte Gewinnausschüttungen liegen vor, wenn die Gesellschaft auf ihr danach (LS. 3) gegen die Organmitglieder, die zugleich Aktionär bzw. einem Aktionär nahestehende Personen sind, zustehende Schadensersatzansprüche verzichtet.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; AktG §§ 76-77, 111 Abs. 4 S. 1, § 93 Abs. 2 S. 1, § 116

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.10.2010; Aktenzeichen I B 1/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen

2. Die Kosten ….

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, wurde mit notariellem Vertrag errichtet. Aktionäre waren in den Streitjahren A und B. Zu Mitgliedern des Aufsichtsrats wurden C, D und E vorläufig bestellt.

Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit Fahrzeugen, Zubehör sowie Maschinen, Elektrogeräten und anderen Gegenständen. Mit Nachtragsurkunde vom 18.4.1995 wurden Frau K. und Frau Kl. als Aufsichtsratsmitglieder abberufen und Herr I. Ar., GUS und Herr Gü. P., Pa. als Aufsichtsratsmitglieder neu bestellt. Zugleich wurde der Übertragung der auf Herrn G. K. lautenden Aktien an Frau Kl. zugestimmt.

Mit Beschluss vom … bestellte der Aufsichtsrat A und B zu Mitgliedern des ersten Vorstands.

Mit Beschluss vom … wurden A und B als Vorstandsmitglieder abberufen und E zum neuen Vorstand bestellt. Nach Top 3 des Beschlusses wurden die bisherigen Aufsichtsratsmitglieder abberufen und A und F in den Aufsichtsrat gewählt.

Ab dem Veranlagungszeitraum 1999 bilanzierte die Klägerin erstmalig Wertpapiere zunächst als Anlagevermögen und ab dem Jahr 2001 als Umlaufvermögen.

Im Zusammenhang mit den Wertpapiergeschäften ergeben sich aus den Gewinn- und Verlustrechnungen sowie den Bilanzen der Klägerin folgende Positionen:

Umsatzerlöse Effektenverkauf

Materialaufwand Effekteneinkauf

Zuschreibung / Abschreibung

Bilanzansatz

1.1.

31.12.

Aus den vorliegenden Depotauszügen jeweils zum 31.12. ergeben sich für die Streitjahre folgende Kurswerte: 1999: … DM, 2000: … DM; 2001: … DM; 2002: … EUR.

Der Beklagte (Finanzamt – FA –) veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß für die Jahre 1999 bis 2001 endgültig und für 2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 wurden die Wertpapiergeschäfte von A vorgenommen. Bis zum 30.7.1999 seien die Geschäfte über das Verrechnungskonto des A gebucht und über das laufende Konto der Klägerin abgewickelt worden. Beim Jahresabschluss 1999 sei das Verrechnungskonto aufgelöst und die Verluste der Klägerin zugerechnet worden. Ab August 1999 seien die Wertpapiergeschäfte über eigene Konten in der Buchführung abgewickelt worden. Die Wertpapiergeschäfte könnten nicht dem Geschäftszweck der Klägerin zugeordnet werden. Sie seien als Risikogeschäfte nach Art und Umfang völlig unüblich zur Geschäftstätigkeit der Klägerin. In den Jahren 1999 bis 2002 seien Verluste in Höhe von … DM erzielt worden. Ein Totalgewinn sei ausgeschlossen. Die Geschäfte habe A der Lebensgefährte von E, aus privaten Interessen vorgenommen.

Das FA erließ Änderungsbescheide und rechnete Verluste aus Wertpapiergeschäften und Zinsen in Höhe von … DM (1999), … DM (2000), … DM (2001) und … EUR (2002) als vGA dem Einkommen der Klägerin hinzu. Den Einspruch der Klägerin wies das FA als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das FA aus, dass die Verbuchung der Wertpapiergeschäfte über das Verrechnungskonto des A und die Übernahme der Papiere zu ursprünglichen Anschaffungskosten, obwohl der Wert der Papiere gesunken war, zu einem Vermögensvorteil führe, der einem fremden Dritten nicht gewährt worden wäre. Die Übernahme der Wertpapiere im August 1999 sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sich Verluste bereits konkret abgezeichnet hätten. Im Übrigen sei festgestellt worden, dass insbesondere im Jahr 2002 fast nur noch hoch spekulative Optionsgeschäfts getätigt wurden. Ferner dürfte die Klägerin A als Aufsichtsratsmitglied gem. § 111 IV 1 Aktiengesetz (AktG) keine Aufgaben der Geschäftsführung übertragen.

Dagegen richtet sich die vorliegende ...

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