Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1992, 1993, 1994

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.1998; Aktenzeichen X R 3/98)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Ihre Tochter M. und (im Jahr 1994) ihr Sohn A. besuchten in den Streitjahren die – schulgeldpflichtige – Europäische Schule in München.

In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1992 machten die Kläger bei den Sonderausgaben Schulgeld von 1.650 DM geltend. Das beklagte Finanzamt (FA) berücksichtigte zwar im Einkommensteuerbescheid für 1992 vom 22. Juli 1994 diese Zahlungen mit 30 % (495 DM), lehnte aber in dem aus anderen Gründen durchgeführten Einspruchsverfahren den Abzug ab und saldierte ihn mit anderen nunmehr als steuermindernd anerkannten Ausgaben.

Die für 1993 geltend gemachten Schulgeldzahlungen von 1.715 DM berücksichtigte das FA bereits im Bescheid vom 13. April 1995 nicht als Sonderausgaben; auch der Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg.

Den Abzug der für 1994 geltend gemachten Schulgeldzahlungen von 3.489 DM lehnte das FA mit Bescheid vom 9. Juli 1996 ab und wies den dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück.

Die Einspruchsentscheidungen ergingen für alle drei Jahre am 28. November 1996.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Zur Begründung führen sie im wesentlichen folgendes aus: Auch eine öffentlich-rechtliche Anstalt könne eine Privatschule i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG) sein; denn auch die genehmigten privaten Ersatzschulen stellten als sog. beliehene Unternehmer eine öffentlich-rechtliche Anstalt dar. In diesem Sinne sei auch die Europäische Schule eine Privatschule, da die Gründerstaaten in Deutschland nicht hoheitsrechtlich, sondern im Rahmen des internationalen Vertragsrechts tätig würden. Die Schultätigkeit und die Anerkennung der Abschlüsse bedürften wegen der Kulturhoheit der Bundesländer nach Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) der Zustimmung des Freistaats Bayern, welche der Bayerische Landtag mit Beschluß vom 23. Januar 1968 (Bekanntmachung vom 20. Februar 1968, Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt –GVBl– 1968, 27) erteilt habe. Die Schule werde nicht vom Freistaat Bayern finanziert, sondern entspreche in ihrem Haushalt einer Privatschule. Schließlich gebiete auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG die Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG; die Kläger seien sonst unangemessen benachteiligt gegenüber Eltern, die wegen ihrer Zugehörigkeit zum Europäischen Patentamt vom Schulgeld befreit seien, und solchen Eltern, die ihre Kinder an gleichwertige staatliche Schulen schickten und deshalb kein Schulgeld zahlen müßten.

Die Kläger beantragen,

1992

(30 % aus 1.650 DM =)

495 DM,

1993

(30 % aus 1.715 DM =)

515 DM,

1994

(30 % aus 3.489 DM =)

1.047 DM

als weitere Sonderausgaben abzuziehen und unter Änderung der Einspruchsentscheidungen vom 28. November 1996 die Einkommensteuer für 1992 und 1993 sowie unter Änderung des angefochtenen Bescheids vom 9. Juli 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. November 1996 die Einkommensteuer für 1994 entsprechend festzusetzen,

hilfsweise die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf telefonische Anfrage des Berichterstatters hat die Regierung von Oberbayern als zuständige Landesbehörde mit Schreiben vom 8. Oktober 1997 mitgeteilt, daß sie die Europäische Schule in München nicht als private Ersatz- bzw. Ergänzungsschule im Sinn der Art. 91 und 102 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (EUG in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juli 1994, GVBl 1994, 689 und 1024; 1995, 98 und 148; die Vorschriften entsprechen Art. 68 und 79 a.F.) ansehe und dafür auch keine staatliche Genehmigung nach Art. 92 Abs. 1 (= Art. 79 a.F.) EUG erteilt habe. Im einzelnen wird auf das Schreiben und die beigefügten weiteren Erläuterungen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Europäische Schule in München ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt des zwischenstaatlichen europäischen Rechts (vgl. Satzung vom 12. April 1957 mit Änderung vom 11. April 1984, Bundesgesetzblatt –BGBl– I 1965, 1041; 1988, 794; Gründungsprotokoll vom 13. April 1962, BGBl I 1969, 1301) und damit – im Ergebnis wie eine Auslands schule – dem Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 3, 91 ff (= Art. 3, 68 ff) EUG entzogen. Dem entspricht es, daß die zuständige Landesbehörde die Europäische Schule – obwohl sie sie als gleichwertig ansieht und deshalb den Besuch durch deutsche Schüler (die an sich ihre Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen Schule oder einer landesrechtlich genehmigten Ersatzschule bzw. anerkannten Ergänzungsschule erfüllen müßten) nicht beanstandet und den Schulabschluß akzeptiert – nicht förmlich als Ersatzschule nach Art. 91 und 92 EUG g...

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