Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustfeststellung nach § 15a Abs. 4 EStG. Einlageleistung eines atypisch stillen Gesellschafters durch Abtretung einer Darlehensforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erbringt die atypisch stille Gesellschafterin einer GmbH ihre Einlage durch taggleiche Bewirkung der Abtretung einer nach Abschluss gegenseitiger Darlehensverträge gegenüber ihrem Ehemann bestehenden Darlehensforderung, ist für die Frage, ob die geschuldete Einlage als geleistet i.S. d. § 15a Abs. 1 EStG anzusehen ist, allein die zivilrechtliche Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Einlageverpflichtung und nicht die steuerrechtliche Anerkennung der zivilrechtlich wirksamen Darlehensverträge zwischen den Ehegatten zu prüfen.

2. Das Problem der Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen unter dem besonderen Aspekt der Vereinbarung von sog. Rückdarlehen stellt sich im Verhältnis zur atypisch stillen Gesellschaft nicht.

 

Normenkette

EStG § 15a Abs. 1 S. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 4; HGB § 230

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.04.2014; Aktenzeichen IV R 18/10)

BFH (Urteil vom 24.04.2014; Aktenzeichen IV R 18/10)

 

Tenor

1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 EStG für 2000 vom 29. September 2005 für die Klägerin als atypisch stille Gesellschafterin der Firma … GmbH in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2007 wird aufgehoben und der Klägerin wird für 2000 ein ausgleichsfähiger Verlust in Höhe von 2.256.000 DM zugewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist als atypisch stille Gesellschafterin an der … GmbH beteiligt (vormals als … GmbH am 31. August 2000 gegründet, am 25. Oktober 2000 in … GmbH umbenannt und seit 23. März 2004 … GmbH, im Folgenden: GmbH). Sie ficht die Feststellung eines verrechenbaren Verlusts gemäß § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Ihre Klage richtet sich gegen das Finanzamt …, das für die gesonderte Feststellung der gewerblichen Einkünfte und der Verluste der atypisch stillen Gesellschaft zuständig ist.

Das beklagte Finanzamt (der Beklagte) rechnete der Klägerin zunächst aufgrund der eingereichten Feststellungserklärungen 2000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Verlust in Höhe ihrer Einlage von 2.250.000 DM als ausgleichsfähigen Verlust zu. Der übersteigende Verlustanteil in Höhe von 6.100 DM wurde als nach § 15a EStG verrechenbarer Verlust festgestellt. Der Festsetzung lag der erklärte Sachverhalt zu Grunde, wonach die Klägerin ihre Einlage in Höhe von 2.250.000 DM durch Abtretung einer Darlehensforderung erbracht habe. Nach den Feststellungen einer anschließend durchgeführten Außenprüfung sollte die Einlage durch Abtretung einer Darlehensforderung gegenüber dem Ehemann der Klägerin erbracht werden (Abtretungsvertrag vom 22. September 2000). Zuvor hatte die Klägerin ihrem Ehemann gemäß Vertrag vom 29. Dezember 1999 ein Darlehen in Höhe von 2.555.334,11 DM gewährt. In der Präambel dieses Vertrags wird als bekannt vorausgeschickt, dass der Ehemann mit Mitteln aus einem Kontokorrentkreditvertrag mit der HypoVereinsbank (im Folgenden: Bank) vom 30. November 1999/23. Dezember 1999 an die Klägerin ein Darlehen von 3.500.000 DM mit Laufzeit bis zum 31. Dezember 2001 gegeben habe. Auch dieser Darlehensvertrag datiert vom 29. Dezember 1999.

Die Außenprüfung vertrat im Prüfungsbericht vom 21. Juni 2005 die Auffassung, eine Einlage sei nach § 15a EStG erst dann geleistet, wenn dem Gesellschaftsvermögen von außen ein Wert zugeflossen sei, der zu einer Vermögensmehrung im Sinne einer Verstärkung der Aktiva oder einer Minderung der Passiva führe. Erforderlich sei die tatsächliche Zuführung von Werten, durch die wiederum die Erfüllung von Gesellschaftsverbindlichkeiten ermöglicht werde. Die Klägerin habe ihre Darlehensschuld gegenüber der GmbH nicht sofort, sondern erst im Laufe des Jahres 2001 getilgt. Die Vertragsgestaltung und die Durchführung des Darlehensverhältnisses entspreche daher nicht den Anforderungen der Rechtsprechung für die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen.

Der Beklagte erließ daraufhin am 29. September 2005 einen Änderungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2000, der auch die gesonderte Feststellung verrechenbarer Verluste gemäß § 15a Abs. 4 EStG für das Streitjahr beinhaltete, und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf; der für die Klägerin festgestellte verrechenbare Verlust betrug 2.256.100 DM.

Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, die Abtretung einer Darlehensforderung sei nach § 230 Handelsgesetzbuch (HGB) für die Leistung ei...

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