Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmereigenschaft einer Gemeinde bei der Erhebung von Parkgebühren durch Parkschein-Automaten für die Überlassung privater Parkflächen

 

Leitsatz (redaktionell)

Überlässt eine Gemeinde nicht straßenrechtlich gewidmete Parkflächen gegen eine am Parkscheinautomaten zu entrichtende öffentlich-rechtliche (Park)Gebühr, wird sie hoheitlich und damit nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art tätig.

 

Normenkette

UStG 1980/1993 § 2 Abs. 3; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.02.2003; Aktenzeichen V R 78/01)

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob eine Gemeinde i.S. des § 2 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz 1991/1993 (UStG) als Unternehmer tätig ist, wenn sie Gebühren für nicht straßenrechtlich gewidmete Parkplätze nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) mittels Parkscheinautomaten erhebt.

Die Klägerin ist Große Kreisstadt. Sie stellte eigene und vom Landkreis … überlassene Flächen (letztere am Landratsamt und am Krankenhaus) als öffentliche Parkflächen zur Verfügung. Sie ordnete dafür als Straßenverkehrsbehörde gemäß §§ 44 und 45 StVO i.V.m. §§ 1 und 2 des Gesetzes zum Vollzug der StVO vom 28.04.1978 (GVBl S. 172) die Aufstellung von Parkscheinautomaten und von entsprechenden Verkehrszeichen an. Die Parkgebühren wurden nach einer von der Klägerin aufgrund des § 6 a Abs. 6 des Straßenverkehrsgesetzes i.V.m. § 1 der Verordnung der Bayerischen Staatsregierung über Parkgebühren vom 06. Juni 1981 (GVBl S. 132, geändert durch Verordnung vom 03. Juni 1991, GVBl S. 185) erlassenen Gebührenordnung erhoben (vgl. Bl. … der FG-Akten). Ein Verstoß war bußgeldbewehrt gemäß § 24 StVG i.V.m. § 49 Nr. 13 StVO. Die Einhaltung der Gebührenordnung wurde durch den Verkehrsüberwachungsdienst der Klägerin, der insoweit Polizeifunktion ausübte, überwacht.

Die vorgenannten Parkflächen waren nicht gemäß Art. 6 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) förmlich dem öffentlichen Verkehr gewidmet.

Private Unternehmer, die Parkplätze gegen Entgelt betrieben, waren in den Streitjahren im Tätigkeitsbereich der Klägerin nicht vorhanden.

Auf Grund einer Umsatzsteuersonderprüfung (Prüfungsbericht vom …) erließ der Beklagte (Finanzamt) am … Umsatzsteueränderungsbescheide, in denen er die Umsatzsteuer für 1990 auf einen negativen Betrag von … DM, für 1991 auf einen negativen Betrag von … DM, für 1992 auf einen positiven Betrag von … DM und für 1993 auf einen negativen Betrag von …. DM festsetzte. Das Finanzamt schloss sich damit der Auffassung des Prüfers an, daß die Klägerin mit der entgeltlichen Überlassung der Parkflächen einen Betrieb gewerblicher Art ausübe, weil die Flächen nicht dem öffentlichen Verkehr gemäß Art. 6 BayStrWG gewidmet seien. Das Finanzamt versteuerte damit die bisher in den Umsatzsteuererklärungen der Klägerin nicht angesetzten Erlöse und berichtigte zugleich die mit den Umsätzen im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge.

Den gegen die Änderungsbescheide vom … eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück.

Dagegen ist die Klage gerichtet. Zur Klagebegründung trägt die Klägerin vor, daß die Parkplätze der Klägerin, für die mittels Parkscheinautomaten Parkgebühren erhoben worden seien, überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt i. S. des § 4 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) dienten. Nach Abschn. 5 Abs. 21 der Körperschaftsteuerrichtlinien sei der Betrieb von Parkschein-Automaten als Ausübung öffentlicher Gewalt anzusehen, soweit er im Rahmen der Straßenverkehrsordnung durchgeführt werde. Die Aufstellung der Parkschein-Automaten sei auf ihre Anordnung als zuständige Straßenverkehrsbehörde in Vollzug der StVO erfolgt. Die Regelung des ruhenden Verkehrs in ihrem Bereich sei ihr gesetzlich auferlegt und zur Erfüllung dieser Aufgabe sei die Errichtung von Parkplätzen zwingend notwendig. Die Erzielung von Einnahmen sei lediglich Nebenzweck dieser verkehrsordnenden Funktion.

Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom … und … verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung der Bescheide vom … die Umsatzsteuer für 1990 auf einen negativen Betrag von … DM, für 1991 auf einen negativen Betrag von … DM, für 1992 auf einen negativen Betrag von … DM und für 1993 auf einen negativen Betrag von … DM festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf dessen Schriftsatz vom … wird verwiesen.

Es wird ferner Bezug genommen auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

II.

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin war mit der Überlassung der Parkflächen gegen öffentlich-rechtliche Gebühr nicht als Unternehmerin tätig.

1. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts (hier: die Klägerin als Große Kreisstadt) – außer im Falle des hier nicht vorliegenden Satzes 2 des § 2 Abs. 3 UStG – nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Nur insoweit sind sie Unternehmer (§ 2 A...

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