rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit einer einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinnanteils persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA?

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist in einem Klageverfahren betreffend Einkommensteuer der Ansatz des Gewinnanteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA streitig, so ist das Klageverfahren nach § 74 FGO auszusetzen, bis das für die KGaA zuständige Betriebsstätten-Finanzamt durch Feststellungsbescheid über die Notwendigkeit einer gesonderten Feststellung der Gewinnanteile des Klägers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG entschieden hat. Das gilt auch dann, wenn möglicherweise für die gesonderte Feststellung der streitigen Einkünfte die Feststellungsfrist bereits abgelaufen ist.

2. Es erscheint zumindest möglich, dass der Gewinnanteil aus einer Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter an einer KGaA gesondert festzustellen ist.

 

Normenkette

AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, b, § 181 Abs. 5, § 171 Abs. 3a, § 18 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; FGO § 74

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.06.2016; Aktenzeichen I B 32/16)

BFH (Beschluss vom 29.06.2016; Aktenzeichen I B 32/16)

 

Tenor

Das Verfahren wird bis zur Bestandskraft der im Zusammenhang mit den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz) zu erlassenden Feststellungsbescheide für die Jahre 2004 bis 2008 ausgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger war in den Streitjahren 2004 bis 2008 neben weiteren Personen persönlich haftender Gesellschafter …(KGaA). In diesem Zusammenhang wurden ihm für die Streitjahre Gewinnanteile zugerechnet. Diese wurden unmittelbar im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen berücksichtigt. Eine gesonderte und einheitliche Feststellung (§§ 179 ff AbgabenordnungAO) der Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter erfolgte bisher nicht.

Gegen die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre legten die Kläger erfolglos Einspruch ein. Im vorliegenden Klageverfahren begehren sie, auf die Einkünfte des Klägers aus der Beteiligung an der KGaA (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EinkommensteuergesetzEStG) das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden, soweit diese auf Dividenden und Veräußerungsgewinnen von inländischen Beteiligungen beruhen, sowie das DBA-Schachtelprivileg anzuwenden, soweit die Einkünfte aus Dividenden von ausländischen Beteiligungen stammen.

Mit richterlichem Hinweis vom 14. Oktober 2015 wurden die Beteiligten auf die mögliche Notwendigkeit der Aussetzung des Klageverfahrens bis zur Entscheidung des Betriebsstätten-Finanzamts über die Notwendigkeit einer gesonderten Feststellung (positiver oder negativer Feststellungsbescheid) hingewiesen.

Der Kläger vertreten die Auffassung, dass die Einkünfte persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA gesondert und einheitlich nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO festzustellen sind.

Der Beklagte (Finanzamt) vertritt die Auffassung, dass keine gesonderte und einheitliche Feststellung der Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter zu erfolgen habe, da die persönlich haftenden Gesellschafter keine gemeinsame Einkunftsquelle besitzen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das vorliegende Verfahren ist auszusetzen, bis das zuständige Betriebsstätten-Finanzamt durch Feststellungsbescheide über die Notwendigkeit einer gesonderten Feststellung der Gewinnanteile des Klägers nach §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG in den Streitjahren entschieden hat und die erforderlichen Feststellungen bestandkräftig geworden sind.

1. Gemäß § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder der von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

Ist ein Grundlagenbescheid noch nicht ergangen, ist ein Klageverfahren gegen den Folgebescheid zwingend auszusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 17.05.1995 X R 64/92, BFHE 177, 478, BStBl II 1995, 640). Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine gesonderte Feststellung vorliegen, kann verbindlich nur in dem Feststellungsverfahren entschieden werden. Ein Verfahren ist bereits dann auszusetzen, wenn es möglich erscheint, dass ein Gewinnfeststellungsbescheid zu erlassen ist. Hierfür reicht aus, wenn das Erfordernis einer gesonderten Feststellung behauptet wird oder auf Grund des (ggf. streitigen) Sachverhalts möglich erscheint (vgl. BFH-Beschluss vom 22.08.2013 X B 16-17/13, BFH/NV 2013, 1763).

2. Vorliegend erscheint es zumindest möglich, dass der Gewinnanteil des Klägers aus seiner Beteiligung als persönlich haftenden Gesellschafter an der KGaA gesondert festzustellen ist. Unter Berücksichtigung der Rechtlage sowie der Rechtsprechung und der Literaturmeinungen sprechen gewichtige Gründe dafür, dass eine gesonderte Feststellung der Einkünft...

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