Entscheidungsstichwort (Thema)

Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen unangemessener Geschäftsführergehälter. Vergleichsmaßstab. sprunghafter Anstieg der Vergütung. Erheblichkeit der Mittelfehlverwendung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine gemeinnützige Körperschaft darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. Demzufolge kann die Zahlung eines unangemessen hohen Geschäftsführergehalts zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen.

2. Zur Prüfung der Angemessenheit des Geschäftsführergehalts einer gemeinnützigen Organisation kann auf die Grundsätze über die vGA zurückgegriffen werden.

3. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob die Angemessenheit der Bezüge des Geschäftsführers einer gemeinnützigen Organisation nur anhand der Vergütungen anderer gemeinnütziger Organisationen oder anhand der Gehälter für eine vergleichbare Tätigkeit oder Leistung auch von nicht steuerbegünstigten Einrichtungen zu beurteilen ist.

4. Bei der Bestimmung des steuerlich anzuerkennenden Gehalts eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist dessen Tätigkeit für weitere Unternehmen regelmäßig mindernd zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hiervon kommt nur dann in Betracht, wenn gerade die anderweitige Tätigkeit des Geschäftsführers für die zu beurteilende Kapitalgesellschaft von Vorteil ist.

5. Aus einem sprunghaften, erheblichen Gehaltsanstieg gegenüber dem Vorjahr, für den keine plausiblen Gründe ersichtlich sind, kann sich die Unangemessenheit der Vergütung ergeben.

6. Eine Versagung oder Aberkennung der Gemeinnützigkeit kommt nur bei wirtschaftlich einigermaßen gravierenden oder fortgesetzten Verstößen gegen die Selbstlosigkeitsgebote in Betracht.

7. Stellt sich die Mittelfehlverwendung in absoluten Zahlen nicht lediglich als geringfügig dar, kann die Gemeinnützigkeit nicht deshalb weiterhin berücksichtigt werden, weil die Mittelfehlverwendung nur einen kleinen Teil des Umsatzes der Körperschaft ausmacht.

 

Normenkette

AO § 55 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 59; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 8 Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.03.2020; Aktenzeichen V R 5/17)

BFH (Urteil vom 12.03.2020; Aktenzeichen V R 9/20)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt … EUR.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Klägerin wegen Unangemessenheit der Geschäftsführergehälter.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 12. November 1998 errichtet und am 09. März 1999 ins Handelsregister beim Amtsgericht A eingetragen.

Die Klägerin engagiert sich seit 1998 in der …psychiatrischen Arbeit.

Die Klägerin erbringt in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche nach dem SGB. Dabei handelt es sich um Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen (SBG V), der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) und der Sozialhilfe (SGB XII). Die Leistungserbringung bei der Klägerin finanziert sich zu einem großen Teil über die Kranken- und Pflegekasse sowie aus Mitteln der Stadt A.

Die Klägerin war vom Beklagten wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und des Wohlfahrtwesens sowie der Förderung mildtätiger Zwecke als gemeinnützig anerkannt und berechtigt, für Spenden, die ihr zur Verwendung für diese Zwecke zugewendet wurden, Zuwendungsbestätigungen auszustellen.

Die Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin stellen sich wie folgt dar:

Gründung 00.00.1998

DM

Prozent

E

12.500,00

25,00

F

12.500,00

25,00

D

25.000,00

50,00

Anteilsübertragung v. …2002

Euro

E

12.800,00

50,00

D

12.800,00

50,00

Anteilsübertragung v. …2007

Euro

C

12.800,00

50,00

D

12.800,00

50,00

Kapitalerhöhung v. …2007

C

97.800,00

88,40

D

12.800,00

11,60

Kapitalerhöhung v. …2008

C

97.800,00

50,00

D

97.800,00

50,00

Geschäftsführer der Klägerin sei seit dem 01. Dezember 1998 B mit Einzelvertretungsbefugnis. Zum Aufgabenfeld des Geschäftsführers gehört u. a. die Leitung und Ausgestaltung neuer Projekte, die Verhandlung mit Kostenträgern sowie die psychiatrisch-sozialtherapeutische inhaltliche Arbeit. In der Zeit vom 01. Januar 2008 bis zum 01. April 2008 war neben B noch ein weiterer Geschäftsführer bestellt. Zudem hatte die Klägerin in den Streitjahren verschiedene Prokuristen.

In der Zeit zwischen 1999 und 2001 erhielt B folgende Geschäftsführergehälter:

1999

136.085,00 DM

2000

144.648,00 DM

2001

211.914,00 DM

Das Gehalt des 2. Geschäftsführers entwickelte sich wie folgt:

1999

94.186,00 DM

2000

100.909,00 DM

2001

124.485,00 DM

B war bis 1998 im Vorstand des Fördervereins C, danach schied er aus dem Vorstand aus und wurde als besonderer Vertreter nach § 30 BGB bestellt. Seit 2002 ist er auch Geschäftsführer des Fördervereins D, des 50 %-igen Gesellschafters der Klägerin. Für diese Tätigkeit erhielt er dort im Zeitra...

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