Entscheidungsstichwort (Thema)

Eisskulpturenausstellung kein dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegendes „Museum”

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Definition des Museums in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 4 UStG gilt auch für den Begriff des Museums in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.

2. Museen sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen. Eine Kunstsammlung ist die Gesamtheit von unter einem bestimmten Gesichtspunkt auf Dauer zusammengetragenen Kunstgegenständen. Dabei ist Sammeln ein systematisches Suchen, Beschaffen, Erhalten und Aufbewahren von Dingen einer bestimmten Kategorie oder Art. Wenn ausgewählte Künstler Skulpturen nach einem von Veranstalter vorgegebenen Thema aus einem vom Veranstalter bereitgestellten Material (Eis) bildhauerisch angefertigt haben und diese Eisskulpturen nur für eine begrenzte Zeit besichtigt werden können, genügt dies den an eine Kunstsammlung zu stellenden qualitativen Mindestanforderungen nicht, um den umsatzsteuerrechtlichen Museumsbegriff ausfüllen zu können.

3. Der Umstand, dass eine Ausstellung nicht unter den Begriff des Museums fällt und damit nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterworfen wird, ist verfassungs- und europarechtlich unbedenklich.

4. Der Begriff der Kunstsammlung setzt zunächst voraus, dass die betroffenen Gegenstände „Kunst” sind. Bildhauerarbeiten aus Eis können „Kunst” sein (Ausführungen zum Kunstbegriff i. S. d. Art. 5 Abs. 3 GG). Die Vergänglichkeit der Objekte stellt den Kunstcharakter nicht in Frage.

5. Wissenschaftliche Sammlungen sind insbesondere zoologische, technische, volkskundliche, geschichtliche oder heimatgeschichtliche Sammlungen. Eine Sammlung unterscheidet sich von einer reinen Ansammlung von Dingen durch eine bestimmte Ordnung, in der Objekte erfasst sind, für die es Ein- und Ausschlusskriterien gibt; die Ordnung der Objekte vollzieht sich in einem bestimmten Raum. Sammlung ist die Gesamtheit von unter einem bestimmten Gesichtspunkt zusammengetragenen Gegenständen. Dabei ist Sammeln ein systematisches Suchen, Beschaffen, Erhalten und Aufbewahren von Dingen einer bestimmten Kategorie oder Art. Wesentlich wird eine Sammlung mithin dadurch gekennzeichnet, dass ein eigener Bestand des Sammelnden angelegt wird und dass die Sammlung für einen dauerhaften Zeitraum besteht.

6. Auch der Gleichheitssatz in Verbindung mit der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht, jede wirtschaftliche Förderungsmaßnahme oder steuerliche Begünstigung allen Bereichen künstlerischen Schaffens gleichermaßen zugute kommen zu lassen; vielmehr können für die Beurteilung der Förderungsbedürftigkeit auch wirtschafts- und finanzpolitische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Hierin liegt keine unsachgemäße Differenzierung, die allein einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen würde (vgl. BFH, Urteil v. 9.12.1993, V R 89/93).

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 4, § 12 Abs. 1, 2 Nr. 7 Buchst. a; GG Art. 5 Abs. 3; MwStSystRL Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3; MwStSystRL Anhang III Kategorie 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.11.2018; Aktenzeichen V R 29/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes –UStG– für Eintrittsgelder in den Monaten Januar, Februar und Dezember 2010.

Während der Wintermonate wird alljährlich eine Ausstellung durchgeführt, in deren Rahmen von nationalen und internationalen Künstlern Eisskulpturen geschaffen und den Besuchern gegen Entgelt präsentiert werden. Das Thema wird vom Kläger vorgegeben, der auch die Künstler auswählt und ihnen das Eis bereitstellt. Bei den ausgestellten Skulpturen wird eine Tafel angebracht, die über die Vita des jeweiligen Künstlers und sein bisheriges künstlerisches Schaffen informiert.

Die Ausstellung findet in einem separaten Bereich auf dem Gelände der Gesellschaft statt. Die Eintrittskarte gilt als Dauerkarte für die zweimonatige Ausstellung und berechtigt zum beliebig häufigen Besuch von Ausstellung und Eislaufbahn. Die Eislaufbahn öffnet bereits im November, etwa einen Monat vor der Ausstellung der Eisskulpturen; sie kann in der Zeit vor der Eröffnung der Ausstellung kostenlos genutzt werden. Zwischen der Ausstellung der Eisskulpturen und der Eislaufbahn besteht keine Sichtverbindung. Ausstellung und Eislaufbahn sind in getrennten Räumen untergebracht. Es ist jedoch möglich, zwischen beiden Räumen zu wechseln, ohne eine Eintrittskontrolle zu durchlaufen. Hinsichtlich der weiteren Beschreibung des Erlebnishofes und der Ausstellung wird auf die Kopien der Eintrittskarten und Ausdrucke aus dem Internet Bezug genommen.

Im Streit sind die 7. Q und die 8. Q.

Mit Schreiben vom 11. April 2011 teilte eine Steuerberaterin dem Beklagten auf dessen Nachfrage zu den berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Januar und Februar 2010 mit, dass im Rahmen der nachträglichen Anmeldung von Beiträgen zur Künstler-Sozialkasse für die Kalenderjahre ab 200...

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