Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung bzw. ermäßigter Steuersatz für gegenüber gesetzlicher Krankenkasse erbrachte Patienten- bzw. Krankentransporte mit Taxen durch zur Beförderung berechtigte Taxifahrer als Subunternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von einem Unternehmer aufgrund eines Vertrags mit einer gesetzlichen Krankenkasse dieser gegenüber im eigenen Namen und für eigene Rechnung abgerechnete und erbrachte Krankentransporte mit Taxen unterliegen auch dann dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG, wenn zwar der leistende Unternehmer selbst keine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hat, die Fahrten aber von Taxifahrern als Subunternehmern durchgeführt werden, die eine solche Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen.

2. Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG hängt die Steuerfreiheit allein vom gesundheitlichen Zustand der beförderten Person „Beförderung von kranken und verletzten Personen”) und der Einrichtung des hierfür benutzten Fahrzeuges „mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind”) ab; die Vorschrift setzt nicht voraus, dass der Unternehmer die kranken Personen mit „eigenen” Fahrzeugen befördern muss und sich insoweit der Hilfe von Subunternehmern nicht bedienen darf.

3. Personenbeförderungsleistungen, die auf der Grundlage einer für Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen gleichermaßen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse ausgeführt werden, sind gleich zu besteuern, wenn die Beförderung der Personen mit einem Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführten Tätigkeiten aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers als gleichartig anzusehen sind.

 

Normenkette

UStG 2007 § 12 Abs. 1, 2 Nr. 10 Buchst. b, § 4 Nr. 17 Buchst. b; SGB V § 60; Rhtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. p; Rhtlinie 77/388/EWG Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3; Rhtlinie 77/388/EWG Anhang H Kategorie 5; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. p, Art. 98 Abs. 1; MwStSystRL Anh. III Ziff. 5

 

Tenor

Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer vom 28.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 wird die Umsatzsteuer für 2007 um … EUR auf … EUR herabgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen und mit Taxen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b des UmsatzsteuergesetzesUStG – steuerfrei bzw. nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung mit dem ermäßigten Steuersatz oder ob diese Fahrten mit dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG zu versteuern sind.

Die Klägerin ist eine im … von Ärzten gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand ihres Unternehmens ist die logistische Unterstützung der Praxen im …. Am 26.09.2007 schloss sie mit der K (nachfolgend Krankenkasse) eine Vereinbarung über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialyse. Die als modellhaft bezeichnete Vereinbarung regelte die Koordination und Organisation sowie die Rechnungslegung und Vergütung von Fahrten nach § 60 des Sozialgesetzbuches – SGB – Fünftes Buch – V – (Krankenfahrten) in eine Gemeinschaftspraxis für … in … (vgl. § 1 Abs. 1 der Vereinbarung). Zweck der Vereinbarung war eine Optimierung der Krankenfahrten unter Beachtung des § 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) für Dialysepatienten unter anderem durch die Organisation von Gemeinschaftsfahrten (vgl. § 1 Abs. 2 der Vereinbarung). Die Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin für die Koordination und Organisation der Fahraufträge mit geeigneten Taxi- oder Mietwagenunternehmen unter Berücksichtigung der in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen gesonderte Vereinbarungen für Serien- und Gemeinschaftsfahrten von Patienten der oben genannten Praxis zu Dialysebehandlungen schloss (vgl. § 2 Abs. 1 der Vereinbarung). Gemäß § 2 Abs. 2 der Vereinbarung gewährleistete die Klägerin, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. § 2 Abs. 3 der Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin die Durchführung der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Auftrag der durch den Abschluss einer Patiententransportvereinbarung beteiligten Unternehmen organisiert und dass die Organisation und Koordination der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Rahmen der Patiententransportvereinbarung durch die Erteilung von Fahraufträgen an die Unternehmer erfolg...

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