rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine gewerbliche Prägung bei nur geringer gewerblicher Tätigkeit. trotz qualifizierter Mitarbeiter keine gewerbliche Tätigkeit einer Rechtsanwalts-GbR, wenn der beteiligte Rechtsanwalt die Tätigkeit als Insolvenzverwalter leitend und eigenverantwortlich ausübt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Liegen die Einnahmen, die einer Rechtsanwalts-GbR in Gestalt der Vergütungen des bei ihr angestellten Rechtsanwalts für dessen Tätigkeit als Treuhänder, (vorläufiger) Insolvenzverwalter und Gutachter in Insolvenzverfahren zugeflossen sind, nicht nur unter der maßgeblichen Freibetragsgrenze nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG, sondern beträgt der Anteil an den Gesamtumsätzen maximal 2,71 v. H., so dass die Bagatellgrenze nicht überschritten ist, greift die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht ein (Anschluss an BFH v. 11.8.1999, XI R 12/98, BStBl II 2000, 229).

2. Eine Rechtsanwalts-GbR übt keine gewerbliche Tätigkeit aus, soweit einer der beteiligten Rechtsanwälte als Insolvenzverwalter oder Treuhänder in Insolvenzverfahren trotz qualifizierter Mitarbeiter leitend und eigenverantwortlich tätig wird und seinen Pflichten höchstpersönlich nachkommt. Das ist der Fall, wenn der Rechtsanwalt seine zentralen Aufgaben als Insolvenzverwalter, etwa seine Berichtspflicht gegenüber den Insolvenzgerichten, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss, seiner Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans oder zur Schlussrechnungslegung selbst nachkommt.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nrn. 3, 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; GewStG § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1; InsO § 56 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.08.2014; Aktenzeichen VIII R 6/12)

 

Tenor

Abweichend von den geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2002, 2003 und 2004 vom 19. März 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. November 2008 werden die darin festgestellten Einkünfte der Klägerin als solche aus selbstständiger Arbeit festgestellt.

Die Bescheide für 2002, 2003 und 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 19. März 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. November 2008 werden aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 132.544,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder gewerbliche Einkünfte erzielt hat.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Ihre Gesellschafter – und zugleich auch Gesellschafter ihrer Prozessbevollmächtigten – sind die Rechtsanwälte G. und C. H., Dr. R, B., R., D. und Dr. W. Ausweislich des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung vom 09. Januar 2006 wurde die Klägerin zum 01. Mai 2002 gegründet. Sie war in den Streitjahren auch auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung tätig. Die Klägerin hat ihren Gewinn in den Streitjahren nach dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 3 des EinkommensteuergesetzesEStG – ermittelt.

Nach Eingang der Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für die Streitjahre 2002 und 2003 stellte der Beklagte die Einkünfte der Klägerin mit Bescheiden vom 07. Juli 2005 zunächst erklärungsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gesondert und einheitlich fest. Die Feststellungsbescheide wurden in der Folgezeit hinsichtlich der Höhe, nicht aber der Art der festgestellten Einkünfte unter dem 28. Dezember 2005 und 21. April 2006 geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen. Mit Bescheid vom 20. September 2006 stellte der Beklagte auch für das Streitjahr 2004 Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit unter Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich fest. Nach Eingang der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Grundlagen für die Einkommensteuer wurde auch dieser Bescheid unter dem 10. Mai 2007 nur hinsichtlich der Höhe, nicht aber der Art der festgestellten Einkünfte geändert. Auch insoweit blieb der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen.

In der Zeit vom 01. August 2007 bis zum 08. Februar 2008 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, deren Gegenstand sich auch auf die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen aus selbständiger Arbeit und die Gewerbesteuer für die drei Streitjahre erstreckte. Unter anderem sollte geprüft werden, ob die Klägerin gewebesteuerpflichtig ist.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 nahm die Klägerin zur Tätigkeit ihrer Gesellschafter,...

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