rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betätigung eines Kunstmalers, der zu den 100 berühmtesten Deutschlands zählt, als Liebhaberei?

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Das Merkmal, ob ein Betrieb nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geeignet ist, auf Dauer gesehen nachhaltig Gewinne zu erzielen, ist für die Abgrenzung der künstlerischen Tätigkeit i. S. des § 18 EStG zur Liebhaberei ungeeignet.

2) Eine überdurchschnittlich lange Verlustperiode (im Streitfall 19 Jahre) stellt jedenfalls dann keine Liebhaberei dar, wenn die künftige Entwicklung erwarten lässt, dass die Verlustphase in eine anhaltende Gewinnphase wechselt und die begründete Absicht besteht, dass in einem überschaubaren Zeitraum ein positives Gesamtergebnis erzielt wird.

 

Normenkette

EStG §§ 18, 15 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob negative Einkünfte des Klägers aus seiner Betätigung als Kunstmaler steuerlich zu berücksichtigen oder aber als Liebhaberei zu behandeln sind.

Der Kläger studierte nach dem Abitur Kunst in Köln und Paris und ist seitdem selbständig künstlerisch tätig. Bereits in 1960 beteiligte er sich an Gruppenausstellungen, im Jahre 1966 hatte er seine erste Einzelausstellung in München. Bis 1997 hatte er über 140 in- und ausländische Ausstellungen (u.a. in San Francisko, Brüssel, Stockholm, Antwerpen, Rom). Von 1963 bis 1968 arbeitete er mehrere Monate im Jahr mit Salvador Dali. Im Jahre 1973 erhielt er den „…– Preis”, den großen Kunstpreis der Städte Rom und Köln. In dem Buch … ist der Kläger als einer der 100 berühmtesten Maler Deutschlands aufgeführt. In allen wichtigen Zeitungen war er Gegenstand von Kunstkritiken. Über ihn erschienen zahlreiche Publikationen. In den Kulturprogrammen des Fernsehens war er mehrfach Thema und Gast.

Der Kläger erzielte in den Jahren 1976 bis 1993 aus seiner künstlerischen Tätigkeit folgende Einkünfte:

Betriebseinnahme

Betriebsausgaben

Gewinn/Verlust

1976:

?

?

./.16.182 DM

1977:

?

?

./. 21.857 DM

1978:

18.445 DM

9.179 DM

+ 9.266 DM

1979:

3.104 DM

11.707 DM

./. 8.603 DM

1980:

2.105 DM

10.897 DM

./. 8.792 DM

1981:

18.615 DM

15.713 DM

+ 2.902 DM

1982:

7.028 DM

16.626 DM

./. 9.598 DM

1983:

25.696 DM

20.301 DM

+ 5.395 DM

1984:

7.311 DM

20.402 DM

./. 13.090 DM

1985:

12.884 DM

36.450 DM

./. 23.567 DM

1986:

3.182 DM

19.364 DM

./. 16.182 DM

1987:

2.194 DM

24.052 DM

./. 21.858 DM

1988:

2.335 DM

22.957 DM

./. 20.622 DM

1989:

24.780 DM

27.565 DM

./. 2.785 DM

1990:

12.997 DM

21.412 DM

./. 8.416 DM

1991:

14.162 DM

39.287 DM

./. 25.126 DM

1992:

17.260 DM

24.680 DM

./. 7.419 DM

1993:

11.618 DM

20.673 DM

./. 9.055 DM

Für das Streitjahr 1994 hat der Kläger Einnahmen von 12.919 DM erklärt. Sie entfallen im wesentlichen auf den Verkauf von Bildern (11.000 DM). Die geltend gemachten Betriebsausgaben von 23.521 DM bestehen überwiegend aus Raumkosten, Ausstellungskosten und Zeichenmaterial. Die erklärten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit betrugen in 1994 mithin ./. 10.601 DM.

Der Kläger ist verheiratet. Seine Ehefrau, mit der er zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wird, bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Pharmazeutin. Im Streitjahr betrug ihr Bruttoarbeitslohn 101.665 DM.

Bei Durchführung der ESt-Veranlagung 1994 erkannte der Beklagte (FA) die erklärten Verluste nicht an: Es sei über einen Zeitraum von nunmehr 19 Jahren nicht gelungen, einen Totalgewinn zu erzielen. Gewinne könnten auch für die Zukunft nicht erwartet werden. Es mangele somit an der Gewinnerzielungsabsicht. Die künstlerische Tätigkeit werde daher als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei qualifiziert (ESt-Bescheid vom 29.11.1995).

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 24.02.1997 als unbegründet zurück: Da der Kläger seit einer „Anlaufphase” von 19 Jahren weitgehend nur Verluste in einer Gesamthöhe von rd. 175.000 DM erzielt habe, müßte er diesen Verlust erst einmal ausgleichen, um letztlich zu einem Überschuß zu gelangen. Dies sei aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalles nicht zu erwarten. Auch sei zu berücksichtigen, daß sich der Kläger die Verluste habe „leisten” können. Da seine Ehefrau aufgrund ihrer gut bezahlten Tätigkeit als Pharmazeutin in der Lage sei, die Kosten für den Unterhalt zu bestreiten, bestehe für ihn kein Anlaß, seine Tätigkeit aufzugeben. Außerdem würden sich die Verluste steuermindernd auswirken.

Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Allein aus dem bisher erzielten Gesamtverlust auf eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu schließen, sei verfehlt. Gerade bei einem Künstler müßten noch andere Umstände dazutreten, um seine künstlerische Tätigkeit als steuerrechtlich nicht relevante Liebhaberei zu qualifizieren. Eine schematische Betrachtung, wie sie das FA vornehme, gehe an dem jeweiligen konkreten Lebenssachverhalt vorbei. Bei dem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand, den der Kläger betreibe, um seine Bilder zu verkaufen, könne von einer privaten Neigung nicht gesprochen werden. Leider, so zeig...

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