rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Innergemeinschaftliche Lieferungen: Formelle Nachweispflichten, Gutglaubensschutz

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist trotz Erfüllung aller formeller Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a UStG, wenn der Unternehmer nicht die Angaben zur Person des tatsächlichen Abnehmers aufgezeichnet hat.

2) Die Durchführung eines qualifizierten Bestätigungsverfahrens nach § 18e UStG reicht alleine nicht aus, den Gutglaubenschutz gemäß § 6a Abs. 4 UStG auszulösen, wenn der Unternehmer es unterlässt, Erkundigungen über die tatsächlich bestehende Vertretungsberechtigung der für den Abnehmer auftretenden Person einzuholen.

 

Normenkette

UStG § 6a Abs. 1, 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, § 18e; UStDV § 17a Abs. 1, § 17c Abs. 1 S. 1, Abs. 2; UStG § 4 Nr. 1b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.11.2007; Aktenzeichen V R 26/05)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob es sich bei der Veräußerung von sechs Pkw's um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen oder steuerpflichtige Lieferungen handelt.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung u.a. Lohnarbeiten, Groß- und Einzelhandel, Im- und Export von Waren aller Art sowie den Handel mit Kraftfahrzeugen.

Im Streitjahr 1998 veräußerte die Klägerin an die Firma …/Madeira sechs Fahrzeuge. Im einzelnen handelt es sich um folgende Vorgänge:

Datum

Typ:

Fahrgestellnummer:

Preis:

23.10.1998

SLK 230 Daimler Benz

23.10.1998

CLK 230 Daimler Benz

30.10.1998

Porsche 993

06.11.1998

Daimler Benz ML 320

11.11.1998

Daimler Benz CLK 230

30.11.1998

Daimler Benz S 320 L

Die Klägerin behandelte die Vorgänge als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen und wies deshalb in den Rechnungen vom 23. Oktober, 30. Oktober, 6. November, 11. November und 30. November 1998 jeweils Nettobeträge aus. Die Geschäfte wurden bar abgewickelt. Für die Firma … trat dabei Herr … als Bevollmächtigter auf. Dieser legte der Klägerin eine Vollmacht der Firma …, die in portugiesischer Sprache abgefasst war, vom 3. November 1998 vor. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob diese Vollmacht bereits bei dem Verkauf am 6. November 1998 oder erst bei den Veräußerungen am 11. bzw. 30. November 1998 vorlag. Herr … legte der Klägerin ferner die von den portugiesischen Finanzbehörden für die Firma … erteilte Umsatzsteueridentifikationsnummer vor. Die Klägerin ließ sich die Ordnungsmäßigkeit dieser Identifikationsnummer gemäß § 18e UStG durch das Bundesamt für Finanzen bestätigen. Entweder auf den Rechnungen oder in einem Begleitschreiben vom selben Datum wurde von Herrn … bestätigt, dass die Fahrzeuge in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgenannten Rechnungen nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Beklagte führte bei der Klägerin für den Zeitraum Oktober bis Dezember 1998 im Teilbereich Fahrzeughandel eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Dabei traf die Prüferin u.a. folgende Feststellungen:

Die Firma … hatte nach Auskunft der portugiesischen Finanzbehörde den Beginn ihrer Aktivitäten am 18. Mai 1998 angezeigt, aber keine Umsätze erklärt. Formelle Geschäftsführer waren zwei Portugiesen. Nach dem Bekunden des einen Geschäftsführers sind niemals Fahrzeuge gekauft oder bestellt worden. Tatsächliche Besitzer der Firma sind danach … und …, denen auf ihren Wunsch am 3. November 1998 Vollmacht erteilt wurde. Wegen der weitern Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 04.04.2000 Bezug genommen.

Die im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung getroffenen Feststellungen decken sich mit den Feststellungen des Landgerichts … im Strafverfahren gegen Herrn …. Dieser ist 2001 vom Landgericht … wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer im Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeughandel zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Nach dem Urteil diente die Einschaltung der Firma … lediglich dazu, ohne Ausweis und Zahlung der Umsatzsteuer Fahrzeugeinkäufe abzuwickeln.

Der Beklagte änderte daraufhin gemäß § 164 Abs. 2 AO den Umsatzsteuerbescheid 1998. Unter anderem erhöhte er in dem Umsatzsteueränderungsbescheid vom 2. August 2001 die steuerpflichtigen Umsätze aus den vorgenannten Verkäufen an die Firma … um netto … DM und die Umsatzsteuer um … DM.

Die Klägerin legte gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid rechtzeitig Einspruch ein. In der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2003, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, setzte der Beklagte aus anderen Gründen die Umsatzsteuer herab. In dem hier streitbefangenen Punkt wies er den Einspruch jedoch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus:

Bei einzelnen Umsätzen sei bereits der Belegnachweis gemäß § 17a UStDV fraglich. Nur die Rechnungen vom 06.11. (über … DM) und 11.11.1998 (über … DM) genügten den Anforderungen. Die im Einspruchsverfahren vorliegenden Rechnungen vom 23. Oktober 1998 enthielten nicht alle Angaben. Dem Vortrag der Kläger...

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