Entscheidungsstichwort (Thema)

Optionserklärung; wirksame Willenserklärung durch schlüssiges Verhalten

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Steuerpflichtigen gegenüber der Finanzverwaltung, die rechtsgestaltend auf das bestehende Rechtsverhältnis einwirkt. Diese ist daher gem. §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont aus der Sicht der Finanzverwaltung auszulegen. Eine Optionserklärung für die Regelbesteuerung dem FA gegenüber kann auch durch schlüssiges Verhalten in Form der Abgabe einer Steuererklärung erfolgen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157; UStG § 19 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.07.2013; Aktenzeichen XI R 31/12)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger im Streitjahr 2003 auf die Besteuerung als Kleinunternehmer zunächst verzichtet und diesen Verzicht bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung widerrufen hat.

Für das Kalenderjahr 2002 gab der als Trainer tätige Kläger keine Umsatzsteuererklärung ab. Nach der ertragsteuerlichen Einnahmen-Überschussrechnung des Klägers für das Kalenderjahr 2002 erzielte dieser Umsatzerlöse in Höhe von 10.014,86 EUR, steuerpflichtige Umsätze aus dem Eigenverbrauch in Höhe von 9.131,50 EUR und Zinseinnahmen in Höhe von 42,87 EUR. Bei all diesen Einnahmen handelte es sich um Bruttoeinnahmen inklusive vereinnahmter Umsatzsteuer.

Für das Kalenderjahr 2003 gab der Kläger, der ansonsten steuerlich beraten war, am 7. Juli 2004 eine von ihm selbst erstellte Umsatzsteuererklärung für ein Unternehmen mit dem Gegenstand „Hausverwaltung” ab. In dieser Umsatzsteuererklärung waren Umsätze zum allgemeinen Steuersatz aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 390 EUR netto und aus Entnahmen für unternehmensfremde Zwecke in Höhe von 264 EUR sowie Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen Unternehmern in Höhe von 1.690,75 EUR angesetzt. Die Umsätze aus der Tätigkeit als Trainer wurden in dieser Steuererklärung nicht angegeben.

Der Kläger gab ebenfalls am 7. Juli 2004 seine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ab. Mit der Steuererklärung reichte der Kläger zwei Gewinnermittlungen nach den Grundsätzen der Einnahmen-Überschussrechnung ein. Erstens legte der Kläger eine Gewinnermittlung für sein Unternehmen „A” (die Trainertätigkeit) vor. Zweitens reichte der Kläger eine Gewinnermittlung für das Unternehmen „Hausverwaltung” ein. In der Anlage GSE wies der Kläger einen Verlust aus dem Gewerbebetrieb „Hausverwaltung” und für die Trainertätigkeit einen Gewinn aus selbständiger Arbeit aus.

Der Beklagte erstellte unter dem 12. Juli 2004 eine Umsatzsteuer-Hinweismitteilung zur Erklärung 2003. Diese Erklärung ist auf der Rückseite lediglich vom Bearbeiter unterschrieben. Es sind dort verschiedene Kennzahlen angegeben und die Bemerkung angebracht „Zustimmungsvorschlag umseitig / Folgeblatt”. Auf dem Formblatt zur Hinweismitteilung sind auf der Rückseite im Übrigen keine Vermerke angebracht und es ist insbesondere auch nicht der Tag angegeben, an dem der Zustimmungsvorschlag des Beklagten zur Post gehen sollte. Handschriftlich findet sich auf der Vorderseite der Hinweismitteilung eine Ergänzung mit dem Wortlaut „keine VA abgegeben” mit einem Unterschriftszeichen und einem Stempel vom 9. Dezember 2004. In der Umsatzsteuerakte des Beklagten ist dahinter ein Zustimmungsvorschlag für das Streitjahr abgelegt, der eine Umsatzsteuer-Erstattung in Höhe von 1.586,20 EUR ausweist.

Am 17. Dezember 2004 wurde der Vorsteuerüberhang an den Kläger ausgezahlt.

Mit einem Schreiben vom 23. März 2006 wandte sich der Beklagte an die Steuerberaterin des Klägers und teilte ihr mit, der Kläger habe eine Umsatzsteuer-Erstattung für das Unternehmen „Hausverwaltung” in der abgegebenen Steuererklärung beantragt, jedoch nicht die Umsätze aus der Tätigkeit als Trainer in der Umsatzsteuererklärung erfasst. Er bitte um Abgabe einer berichtigten Steuererklärung, die die gesamten Ausgangs- und Eingangsumsätze umfasse.

Die damalige Steuerberaterin des Klägers erklärte mit Schreiben vom 18. Dezember 2006, für die Änderung der Steuererklärung fehle eine rechtliche Grundlage. Eine weitere Begründung enthielt das Schreiben nicht.

Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 22. Januar 2007 einen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Hierbei bezog er die Umsätze aus der Tätigkeit des Klägers als Trainer in die steuerpflichtigen Umsätze sowie die entsprechenden Vorsteuerbeträge ein. In den Erläuterungen des Bescheides teilte der Beklagte mit, er habe die Umsätze aus der Tätigkeit als Trainer anhand der eingereichten ertragsteuerlichen Gewinnermittlung geschätzt. Die Vorsteuer für die Trainertätigkeit habe er in Höhe von 2.000 EUR ebenfalls geschätzt.

Der Beklagte führte im Bescheid weiter aus, dass mit der am 7. Juli 2004 eingereichten Umsatzsteuererklärung auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet worden sei. Es seien jedoch nur die Umsätze aus der Tätigkeit als Hausverwalter angegeben worden un...

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