Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von Kapitalerträgen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Dividendenanspruch ist bis zum Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses unselbständiger Bestandteil des Stammrechts und von daher von demjenigen zu versteuern, dem im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses das Stammrecht steuerlich zuzurechnen ist.

2) Dies gilt auch für einen wirksamen zeitlich vorgezogenen Gewinnverteilungsbeschluss.

3) Vereinbarungen i.S. des § 101 Nr. 2 Hs. 2 BGB darüber, wer berechtigt sein soll, die Gewinnanteile zu beziehen, betreffen die Einkommensverwendung und sind für die steuerliche Zurechnung von Kapitalerträgen nicht maßgeblich.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1; EStG a.F. § 20 Abs. 2a; EStG § 20 Abs. 5; BGB § 101; GmbHG §§ 29, 46 Nr. 1, §§ 47-48, 51; EStG § 17

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.03.2018; Aktenzeichen IX R 35/16)

BFH (Urteil vom 13.03.2018; Aktenzeichen IX R 35/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Erträge aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Streitjahr (2007) als nachträgliche Einnahmen aus einer Anteilsveräußerung oder aber im Veranlagungszeitraum 2008 als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen sind.

Die Kläger sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger war im Streitjahr zu 50 % an der A GmbH (GmbH) beteiligt. Diesen Geschäftsanteil hat der Kläger bei Gründung der Gesellschaft im Jahr 1993 bzw. im Rahmen einer späteren Kapitalerhöhung der Gesellschaft im Jahr 2000 erworben. Das Stammkapital der GmbH betrug 100.000 EUR.

Mit notariellem Vertrag vom …. Oktober 2007 veräußerte der Kläger seinen Anteil an seinen Bruder zu einem Kaufpreis von 62.500 EUR. Die Übertragung des Geschäftsanteils im Nennbetrag von 50.000 EUR an den Erwerber erfolgte mit dinglicher Wirkung zum 31. Dezember 2007.

Unter IV. 2. des Vertrages trafen die Vertragsparteien folgende Vereinbarung:

„Die Beteiligten sind darüber einig, daß dem Veräußerer in Bezug auf den vorstehend übertragenen Geschäftsanteil für die Zeit vom 1. Januar 2007 an keinerlei Ansprüche gegenüber der Gesellschaft mehr zustehen, soweit nachstehend nicht etwas anderes vereinbart wird. Abweichend vom vorstehenden steht Herrn A1 noch die Tantiemezahlung für das Jahr 2007 zu. Diese soll ausgezahlt werden nach Erstellung der Bilanz für das Geschäftsjahr 2007. Die Gewinne, die bis einschließlich 31.12.2007 erwirtschaftet werden (= in 2007 erwirtschaftete Gewinne und Gewinnvorträge), stehen Herrn A1 zu ½ Anteil zu, soweit sie nicht bereits ausgeschüttet wurden. Sie werden vollständig in 2008 als Dividende ausgeschüttet. Herr A2 verpflichtet sich, erforderlichenfalls entsprechende Gesellschafterbeschlüsse zu fassen.”

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 erklärten die Kläger einen Veräußerungsgewinn bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 des Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG) in Höhe von 12.500 EUR.

Am 4. März und 27. Juni 2008 beschloss der Bruder des Klägers Ausschüttungen von 48.381,79 EUR und 21.973 EUR an den Kläger.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2008 setzte der Beklagte zunächst die Einkommensteuer mit 36.146 EUR fest. Hierbei legte er den Veräußerungsgewinn wie von den Klägern erklärt zugrunde, versah allerdings den Bescheid mit der Nebenbestimmung des Vorbehalts der Nachprüfung und bat um Einreichung der Ermittlung des Veräußerungsgewinns.

Am 6. Juni 2008 übermittelten die Kläger dem Beklagten den Vertrag in Ausschnitten, wobei die Vertragsregelung unter IV. 2. des Vertrages nicht übermittelt wurde.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2008 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung und setzte die Einkommensteuer mit 38.294 EUR fest. Hierbei ging der Beklagte von einem Veräußerungsgewinn von 6.250 EUR aus. Nach Abzug eines steuerfrei bleibenden Veräußerungsgewinns von 4.530 EUR verblieben Einkünfte i.H.v. 1.720 EUR. Im Übrigen änderte der Beklagte den Bescheid aus nicht im Streit befindlichen Gründen. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob er auf.

Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein, dem der Beklagte mit Bescheid vom 28. Juli 2008, mit dem er die Einkommensteuer mit 37.996 EUR festsetzte, abhalf.

Mit Bescheid vom 20. November 2008 änderte der Beklagte den Bescheid gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO), welchen er wiederum nach § 32a Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Bescheid vom 15. Oktober 2009 aus nicht im Streit befindlichen Gründen änderte.

Mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008, die am 12. November 2009 beim Beklagten einging, übermittelten die Kläger Steuerbescheinigungen der GmbH, aus denen sich Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Höhe von insgesamt 70.355 EUR ergaben.

Mit Schreiben vom 15. September 2011 vertrat der Beklagte die Auffassung, dass im Rahmen des Notarvertrages lediglich eine Absichtserklärung zur Verwendung des Gewinns des Jahres 2007 abgegeben worden sei. Mangels Jahresabschlusses auf den 31. Dezember 2007 habe am …....

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